von Thomas Brütsch, 11.06.2015
Nachwuchsmusiker – aber wie!
Die Jury des Jazzfestivals „generations14“ hat goldrichtig entschieden. Davon konnte man sich am Konzert des Stephan Plecher Trios feat. Bert Joris am Mittwoch in der Frauenfelder Pianobar überzeugen.
Thomas Brütsch
Es war sozusagen die Ernte des letzten Festivals und bewies, dass es nicht immer die altbekannten Meister sein müssen, die die feine Jazzmusik spielen. Nein – es gibt sie, diese jungen Talente, die wundersam auf der Bühne erscheinen und das Publikum bass erstaunen lassen.
Neue Wege - immer üben
Vor dem Gig sitzt der belgische Trompeter und Flügelhornist Bert Joris auf der Terrasse und lernt die Changes. Er ist zwar ein alter Fuchs im Business und unterrichtet seit 28 Jahren an der Swiss Jazz School in Bern. Aber lernen muss er trotzdem. Denn die Eigenkompositionen von Pianist Stephan Plecher haben es in sich. Joris stopft den Schalldämpfer in die Trompete und geht die anspruchsvollen Wechsel durch. Wie ein Camionneur, der sein „Instrument“ zwar kennt, auch das Ziel, der aber nach neuen Kreuzungen sucht, um die volle Ladung möglichst kunstvoll dorthin zu bringen.
Aufnahmen in den Hardstudios
Der Vergleich hinkt? Nun gut. Aber er hat etwas. Pianist Stephan Plecher, Bassist Benjamin Zalud und Schlagzeuger Peter Primus Frosch haben das Handwerk nämlich im Blut. So gaben sie am Konzert denn auch hauptsächlich anspruchsvolle Eigenkompositionen zum Besten. Mit Grund. Denn an den darauffolgenden beiden Tagen gingen sie in die Hardstudios nach Winterthur, um ihre eigene CD aufzunehmen. Eine Produktion, die dem Hauptförderpreisträger Plecher von „generations“ ermöglicht wird, und die im renommierten Label TCB Records erscheinen wird.
Trio-Jazz extra: Peter Primus Frosch (dr), Benjamin Zalud (b) und Stephan Plecher (p) am Konzert in der Pianobar. (Bild: Thomas Brütsch)
Das Frauenfelder Konzert war also auch ein bisschen wie eine Hauptprobe vor den Studioaufnahmen angedacht, hörte sich aber nicht so an. Die drei Musiker sind seit rund drei Jahren eingespielt, was man auch wirklich hört. Ihr Zusammenspiel ist harmonisch. Der Umgang ist freundschaftlich und von Wertschätzung geprägt.
Die melodiös verspielten Pianomelodien, der sonore Basssound und die knackig kräftigen Schlagzeugfetzen verzückten das Publikum. Einerseits in den Eigenkompositionen, andererseits aber auch in Standards und den Kompositionen von Bert Joris. Klar – den bekannt warmen Blechblasimprovisationen Joris’ müsste man auch noch ein Lob aussprechen, aber diesmal standen wirklich die Youngsters im Mittelpunkt.
Goldrichtiges Festival-Konzept
Man darf auf die CD-Produktion der drei Nachwuchsmusiker mit Vorfreude gespannt sein. Sie wird wohl eine Ohrenfreude sein. Und sie wird auch beweisen, dass „generations“ als Konzept eines Jazzfestivals mit Masterclass-Unterricht und griffigem Förderprogramm eben einfach nur goldrichtig ist – so wie wohl auch der Juryentscheid, der mit Stephan Plecher von all den guten jungen Nachwuchsmusikern den wohl besten ausgezeichnet hat.
Festivalleiter Roman Schwaller wurde am Konzertabend bereits mehrfach gebeten, die drei Jungmusiker als Stammmusiker in „generations 16“ aufzubieten. Verdient hätten sie es. Und erst das Publikum!
***
"generations14 " ein voller Erfolg - thurgaukultur.ch vom 4.10.2014
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