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"Ich hatte Lust auf etwas Neues"

Hat sich neu erfunden: Die Sängerin Anna Känzig macht jetzt Pop-Musik. | © Christoph Koestlin

Man muss sich auch mal was trauen im Leben, findet die Sängerin Anna Känzig. Sie hat es gerade vorgemacht mit ihrem Wechsel vom Folk zur Popmusik. Am 21. Oktober spielt sie mit ihrer Band im Eisenwerk in Frauenfeld. Wir haben vorab mit ihr gesprochen

Frau Känzig, das neue Album ist jetzt ein halbes Jahr auf dem Markt, Sie sind gerade mit Band auf Tournee, wie geht es Ihnen damit?

Sehr gut. Ich bin sehr zufrieden. Wir spielen uns auch immer besser ein, das Album klingt auch live richtig gut. Es macht extrem Spass mit den Songs auf der Bühne zu stehen. Es ist so wahnsinnig viel passiert in diesem Jahr, dass ich jetzt vor allem froh darüber bin, das alles so gut ausgegangen ist. Dass ich auf dem Gurten spielen oder vor 40'000 Leuten im Stade de Suisse auftreten darf, das hätte ich mir ehrlich gesagt nicht zugetraut, bis es dann soweit war. Für mich war es mein bisher spannendstes Jahr meiner Musik-Karriere.

Sie haben Ihren Stil deutlich verändert - vom Folk zum Charts-Pop. Wie reagieren die Fans auf die neue Anna Känzig?

Total gut. Ehrlich gesagt, habe ich mit deutlich mehr Gegenwind gerechnet. Es war ja kein ganz einfacher Wechsel und ich hatte schon die Befürchtung, dass es da den einen oder anderen gibt, der das jetzt nicht so gut finde. Aber es kam anders - bislang haben es alle sehr positiv aufgenommen.

Hörprobe (1): So klang Anna Känzig früher

Wie kam es denn zu der Veränderung überhaupt?

Ich stand einfach vor der Frage, wie es jetzt weiter gehen soll. Ich hatte zwei Folk-Alben gemacht und hätte sicher auch ein drittes Folk-Album machen können. Aber irgendwie hatte ich mehr Lust auf etwas Anderes, etwas Neues.

Ganz ehrlich - wollten Sie mit diesem Wechsel vom Folk zum Pop nicht einfach nur mehr Erfolg haben?

Ach, ich kenne diese Debatte. Viele Journalisten haben mich gefragt, ob das jetzt Teil meiner Karriereplanung sei oder so etwas wie eine Zielgruppenanpassung. Ich kann mit solchen Begriffen nur wenig anfangen. Ich hatte Lust, nochmal etwas Neues auszuprobieren. Ende der Geschichte.

Also kein Schielen auf Chartplatzierungen?

Ich freue mich natürlich, wenn das klappt mit meiner Musik. Aber ich bin an diese ganze Sache nicht mit dem Kalkül heran gegangen, dass poppigere Musik automatisch mehr Erfolg bedeutet. Das Ganze war ja auch ein Risiko. Hätten meine Fans das neue Album nicht so gut aufgenommen, stünde ich jetzt ziemlich alleine da. Ich bin bei diesem Wechsel sehr intuitiv vorgegangen. Habe ausprobiert, was mir gefällt und das mache ich jetzt.

Ist das eine grundlegende Richtungsentscheidung oder nur erstmal für die nächsten Jahre?

Es war eine bewusste Entscheidung und den Weg will ich jetzt schon nochmal ein Stück weitergehen. Ich entdecke gerade jeden Tag so viele neue Möglichkeiten in dem Bereich, dass ich jetzt nicht sofort wieder meinen Stil wechseln will. Für mich ist das ja auch eine Rückkehr zu meinen Wurzeln. Eine meiner ersten Bands war eine Triphop-Band. Ich finde, das passt jetzt wieder ganz gut zusammen.

Hörprobe (2): So klingt Anna Känzig jetzt

Sie sind jetzt auch schon eine Weile im Geschäft - wie schwer fällt der Spagat zwischen Kunst und Kommerz?

Ich weiß nicht, ob das wirklich so ein Spagat ist. Nicht alles was Kommerz ist, ist furchtbar unkünstlerisch und nicht alles, was als Kunst daher kommt, ist automatisch so viel besser als ein solider Popsong von Adele beispielsweise. Ich halte von solchen Gegenüberstellungen wenig, das ist mir zu oft zu sehr Schwarz-Weiss-Malerei.

Wie sehr kann man denn sich selbst treu bleiben und gleichzeitig Neues wagen?

Das ist eine Frage, die sich wahrscheinlich alle Menschen stellen. Für mich persönlich kann ich nur sagen - ich bin mit meiner neuen Musik so glücklich wie noch nie zuvor. Das passt für mich alles sehr gut. Deshalb kann ich weiterhin auf der Bühne authentisch sein. Die Zuschauer merken, dass ich mich nicht verbiegen muss in dem neuen Stil, sondern dort total Zuhause und angekommen bin.

Sie spielen am 21. Oktober im Eisenwerk in Frauenfeld - wie geht es danach weiter?

Wir spielen noch zwei, drei weitere Gigs, dann geht es wieder zurück in den Bandraum. Für Dezember steht noch etwas Grösseres an und dann möchte ich wieder ins Studio. Wenn alles gut läuft, erscheint Mitte nächsten Jahres etwas Neues. Vielleicht noch kein Album, aber bestimmt erste Songs. Ich freu mich jetzt schon darauf, wie sie klingen werden.

Fragen: Michael Lünstroth

Das Konzert mit Anna Känzig findet am Freitag, 21. Oktober, 20 Uhr, im Eisenwerk Frauenfeld statt. Alle relevanten Informationen zum Kartenvorverkauf gibt es hier. Tickets kosten 28 Franken im Vorverkauf, 33 Franken an der Abendkasse.

 

Die Schweizer Sängerin Anna Känzig

Der Mensch

Anna Kaenzig (32) wuchs mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester Lisa in einem musikalischen Umfeld in Meilen auf. Ihr Vater ist der Fotograf Christian Känzig. Im Alter von 5 Jahren begann sie, Gitarre zu spielen. Später lernte sie Bass und Klavier. Nach ihrem Abschluss an der Kantonsschule Stadelhofen machte sie ihren Bachelor an der Jazz-Abteilung der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), für den sie einen Förderpreis gewann. Dieser ermöglichte ihr 2009 einen Auftritt am Montreux Jazz Festival und die Finanzierung ihres ersten Albums Four Acres and No Horse, das 2011 bei dem Schweizer Independent Label Nation Music erschien. Im Februar 2013 veröffentlichte Kaenzig ihr zweites Album Slideshow Seasons, das in Zusammenarbeit mit Produzent und Musiker Luk Zimmermann von der Band Lunik entstand.

2014 nahm Sony Music sie unter Vertrag. Ihr aktuelles Album "Sound & fury" ist in diesem Frühjahr erschienen. (Quelle: Wikipedia)

 

www.annakänzig.com

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