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von Brigitta Hochuli, 27.11.2016

„Kinderunterhaltitis“

„Kinderunterhaltitis“
Pippi Langstrumpf in Münsterlingen | © ho

Brigitta Hochuli

Sorry, aber das muss jetzt sein, auch wenn Erinnerungen alter Menschen heute nicht mehr so interessieren: Omamas Kindheitserfahrung mit dem Theater hat mit Plüschsesseln zu tun, mit dem Sonntagsröckchen und damit, dass sie nach dem Stück im Kaffee nebenan ein Stückli auslesen durfte. Ganz anders die aktuelle Experience: Am Eingang zur Pippi-Langstrumpf-Aufführung in Münsterlingen stand ein grosses Plakat mit dem Slogan „Kinderunterhaltitis - eine Krankheit, die auch wir haben". Es ist eine Werbung für die Krankenversicherung Nummer 1 für Famililen. Sie unterstützt das Musical finanziell. Und nicht nur sie. Coop verkauft Produkte und verschenkt Material zum Ausmalen und Knobeln sowie Seifen. Omama kam sich ein wenig vor wie an der Mustermesse.

„Pippi feiert Geburtstag", hiess die Aufführung. Das passte besonders gut, weil die Enkelin erst kürzlich ihren vierten hatte. Omama freute sich riesig! Leider dauerte es, bis der Kuchen aufgefahren wurde. Zuerst wurde die Abwesenheit des Vaters beklagt und mussten zwei dummdreiste Gauner erduldet sowie ein grosser Fischfang mit Piratenklischee absolviert werden. Den KIndern und Erwachsenen gefiel das alles ausserordentlch gut, das zeigten die Reaktionen, die Omama so mitbekam. Sie war wohl als einzige etwas frustriert. Sie hat's halt nicht so mit dem Kompetitiven, Lauten und Schrillen in der Umgebung von Kindern.

Frustriert war sie auch nach dem Bibliotheksbesuch mit dem dreijährigen Enkel. Im Gegensatz zur Enkelin wohnt er in einer grossen zürcherischen Stadt. Bücher bekommt man dort nur mit gröberem digitalen Aufwand (gegen Bargeld allerdings). Die Auswahl für die Kleinsten befindet sich auf Krabbelhöhe im Keller. Omama bekam es mit dem Rücken zu tun. Der Kleine war geduldig wie ein Engel. Ganz anders die Bibliothek im beschaulichen Kreuzlingen: Die Enkelin darf der netten Dame am Empfang den Ausweis hinstrecken, ihr die geliehenen Büchlein höchst persönlich aushändigen und fühlt sich in der Kinderecke wie zu Hause. Altmodisch? Nein, nur menschenfreundlich!

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