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Was für eine Party

Was für eine Party
Was für eine Gästeliste! Wenn die Figuren der diesjährigen Open-Air-Theater-Produktionen auf einer Party wären, dann passierte das hier. | © Thurgaukultur.ch

Wer ein Fest feiern will, muss auch die richtigen Leute einladen. In der Gästeliste liegt die Formel für die Ekstase. Was wäre, wenn alle Open-Air-Theater-Figuren dieses Sommers drauf stünden?

Von Michael Lünstroth

Es ist ja so - wer eine Party macht, der sollte vorher sehr gut überlegen, wen er einlädt. Der Ausgang eines jeden Festes hängt eben doch eben sehr mit der jeweiligen Gästeliste zusammen. Als Gastgeber kann man das immer ein klein wenig steuern, je nachdem auch was man für ein Fest feiern will. Ein entspanntes Abendessen mit Freunden? Ein Drecksaufest wie damals im Studium? Oder irgendwas dazwischen - also ein bisschen wild, aber gerade noch kontrolliert. Je nach Anlass kann sich die Liste der Eingeladenen da durchaus unterscheiden. Man kennt ja seine Pappenheimer. Frag mal bei Friedrich Schiller nach. 

Wie? Ach so. Egal. Schiller. Party. Gäste. Einladungen. So jetzt habe ich es wieder. Nur mal kurz darüber nachgedacht, was das wohl für ein Fest wäre, wenn all die Figuren, die uns nun in den diversen Freilichttheatern der Region heimsuchen (hier ein glänzender Überblick…), aufeinander träfen? Wilhelm Tell! Herrmann Gessler! Kasimir! Karoline! Die Loreley! Ernst Heinrich Ernesti! Herbert Georg Beutler! Johann Wilhelm Möbius! Und dann auch noch die animalische Belegschaft der Bremer Stadtmusikanten! Das wäre eine Gästeliste bei der sogar Kim Kardashian vor Neid erblassen würde. Würde das gut gehen mit diesen Herr- und Damschaften?

Ach, die Habsburger mit ihrer Kritik-Allergie

Hm. Es gäbe zumindest Gesprächsstoff. Hier der einsame Cowboy Wilhelm Tell, der eigentlich nur sein Ding machen will und den Rückzug ins Private propagiert, aber doch immer gut ist für einen Spruch. Da, der leicht cholerische Reichsvogt Hermann Gessler, der sich so leicht provozieren lässt und andere ruckzuck zu den Waffen greifen lässt. Gut, dass ist jetzt fast 800 Jahre her, aber es zeigt sich wieder einmal, dass die Habsburger eine ganz gewaltige Kritik-Allergie haben. Zumindest das hat sich bis heute nicht geändert. 

Wen haben wir noch?

Drei verrückte Wissenschaftler, die um die Weltformel ringen. Ernst Heinrich Ernesti, der sich für Albert Einstein hält; Herbert Georg Beutler, auf den Spuren von Isaac Newton und Johann Wilhelm Möbius, dem König Salomon Flausen in den Kopf setzt. These des Abends: „Die Welt ist ein Irrenhaus. Oder war das jetzt anders herum?“ Ja, das könnten schöne Gespräche werden - über den Wert der Wissenschaft und ihre Verantwortung gegenüber dem Rest der Welt. Aber vielleicht auch ein bisschen theoretisch für eine Party. Viel mehr Schwung kann man sich allerdings auch nicht von dem Langweiler Kasimir erhoffen. Die Wirtschaftskrise hat ihm den Job als Lastwagenfahrer geraubt - und was macht er? Ganz männertypisch stürzt er sich in ein Dilemma aus Achterbahnfahrt, Autodiebstahl und Affären. Ein Feierbiest ist er ganz sicher nicht in dem Zustand. Auch Karoline bringt nur kurzzeitig Schwung in die Bude. Sie ist zu sehr damit beschäftigt, sich selbst zu täuschen. Ach. 

Tell zu Kessler? Karoline zu den Physikern? Nee, das geht nicht

Nicht vergessen: Bei Sitz-Anlässen ist eine der wichtigsten Fragen - wen setzt man zu wem? Bei unserer Gästeliste wäre das ziemlich easy. Tell und Gessler geht nicht, wenn es ohne Verletzte über die Bühne gehen soll. Ebenso schliesst sich aus eine der Damen zu den drei verrückten Physikern zu setzen. Das würde nicht gut ausgehen. Es sei denn, man nähme die Loreley, die könnte sich vielleicht wehren. Vielleicht so: Tell kümmert sich um die Professoren, Kasimir trinkt mit dem Reichsvogt Gessler seinen Frust weg, Loreley zieht Karoline aus ihrer Depression und die Bremer Stadtmusikanten sorgen für das Rahmenprogramm

So könnte es klappen mit einem richtig geilen Fest. Kommt ihr auch?

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