von Kirsten Astor, 15.08.2017
Die Saison der Experimente
Das Theater an der Grenze geht probierfreudig in das Herbstprogramm. Mit neuen Formaten, anderen Uhrzeiten und einer Premiere wollen die Verantwortlichen jüngeres Publikum anlocken.
Von Kirsten Schlüter
Wo einst Pferde Rast machten, wird heute Kleinkunst auf hohem Niveau gezeigt: Seit rund 30 Jahren ist das historische Haus an der Kreuzlinger Hauptstrasse 55a die Heimat des Theaters an der Grenze, das kommendes Jahr 50. Geburtstag feiert. Ein Pferdestall ist dort freilich nicht mehr zu sehen, dafür 99 Sitzplätze und eine kleine Bühne, auf der Kabarett, Schauspiel und Comedy zu sehen sind. Auch für die erste Spielzeithälfte 2017/18 (August bis Dezember) haben die Programmmacher Birgit Auwärter und Simon Hungerbühler sich einige sehens- und hörenswerte Gäste eingeladen. Der Vorverkauf läuft.
Hungerbühler macht Appetit auf das Herbstprogramm: „Es sind gleich drei Träger des Salzburger Stiers dabei“, sagt er. Das ist der renommierteste Kleinkunstpreis im deutschsprachigen Raum. Mit dem Duo schön&gut treten am Freitag, 29. September, zudem die Gewinner des Schweizer Kleinkunstpreises 2017 auf. Sie spielen politisches Kabarett. Simon Hungerbühler ist voll des Lobes: „Diesen Abend lege ich Ihnen ans Herz. Anna-Katharina Rickert und Ralf Schlatter bieten hohe Sprachkunst.“
Bunt ist das Theater an der Grenze nicht nur an der Fassade, sondern auch inhaltlich. Zu sehen sind Kabarett, Comedy und Schauspiel von Schweizer und deutschen Künstlern. Bild: Kirsten Schlüter
Zunächst jedoch startet die erste Saisonhälfte am Freitag, 8. September, mit einer Premiere: Der Schweizer Kabarettist Jan Rutishauser zeigt sein Programm „Gepflegte Langeweile“ erstmals im Theater an der Grenze. Rutishauser geht in Geschichten, Gedichten und Liedern der Frage nach, welche Herausforderungen ein Neubeginn bietet. Auch Manuel Stahlberger lädt zum Nachdenken ein. Am Freitag, 24. November, skizziert der preisgekrönte Musikkabarettist die Auswüchse der digitalen Leistungsgesellschaft. „Ich schätze Stahlbergers Spitzen auf die Gesellschaft“, sagt Simon Hungerbühler. Die Schaffhauser Schauspielerin Annette Kuhn und der kurdische Musiker Ako Karim zeigen Nachdenkenswertes ganz anderer Art: Das Theaterstück „Strandgut“ (Samstag, 28. Oktober) erzählt die Geschichte von Flüchtlingen. Annette Kuhn hat aufgeschrieben, was sie als Helferin in Griechenland erlebte. Weitere Künstler sowie drei Kinderproduktionen vervollständigen das Programm.
Jan Rutishauser plaudert auf dem Schiesser-Areal über das Leben
Neu ist eine Kinder-Vormittagsvorstellung. „Wir experimentieren mit den Zeiten, um anderes Publikum anzulocken“, erklärt Hungerbühler. Nicht nur Familien, sondern vor allem die 30- bis 40-Jährigen sollen vermehrt angesprochen werden, ergänzt Theaterpräsident Fritz Brechbühl. Ohnehin sei dies die Halbzeit der Experimente: Beim Auftritt der deutschen Band Zärtlichkeiten mit Freunden am Sonntag, 5. November, werde ein Teil des Publikums überrascht bis irritiert sein, vermuten die Programmgestalter. Das grösste Experiment ist aber ein Werkstattgespräch mit Jan Rutishauser am Sonntag, 24. September. Neu ist nicht nur das Format (eine Plauderei über das Leben als Kabarettist, kostenlos), sondern vor allem auch der Ort: Das Gespräch findet auf dem ehemaligen Schiesser-Areal statt. Die Stadt Kreuzlingen hatte das Gelände gekauft, doch bislang passierte dort wenig. Nun wurden Räume frei, die künstlerisch bespielt werden sollen. „Das ist die Chance für ein neues Kulturzentrum in Kreuzlingen“, hofft Fritz Brechbühl. „Wir wagen den ersten Schritt, viele andere Veranstalter werden folgen.“ Freunde des charmanten Raums an der Hauptstrasse müssen sich aber nicht sorgen: Ein Umzug des Theaters an der Grenze auf das Schiesser-Areal ist momentan nicht geplant.
Das komplette Programm im Überblick gibt es hier: http://www.theaterandergrenze.ch
Weitergucken: Videos zu den demnächst auftretenden Künstlern
Von Kirsten Astor
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