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Heute: Lernen von den USA

Heute: Lernen von den USA
"Die Dinge der Woche" sind der Blog des Thurgaukultur-Redaktionsleiters Michael Lünstroth | © Michael Lünstroth

Seit Jahren wird in den USA über Pop-up-Museen diskutiert. Also Ausstellungsorte, die nur kurze Zeit geöffnet sind. Diese Modelle sind auch eine Chance für die Museen im Thurgau

Von Michael Lünstroth

Man muss das in diesen Tagen immer wieder sagen: Nicht alles, was aus den USA kommt ist grundsätzlich schlecht. Seit Jahren wird dort zum Beispiel das Konzept des Pop-up-Museums diskutiert. Eine Ausstellungsform, die sich an die so genannten Pop-up-Stores anlehnt, also Läden, die nur vorübergehend öffnen und dann wieder verschwinden. Wie das im Museumsbereich funktionieren kann hat das Museum of Arts and History in Santa Cruz (Kalifornien) detailliert beschrieben. Die Grundidee dahinter - das Museum wird geschaffen durch die Leute, die daran teilhaben. 

In der Regel funktionierte es dann so, dass man sich auf ein Thema, Ort und Zeit einigt und die Menschen bringen Objekte mit, die sie zeigen wollen. Im Idealfall entstehen daraus Diskussionen und Begegnungen. Ein Pop-up-Museum ist normaleriweise nur für ein paar Stunden an einem Tag geöffnet. Ein Schlüssel für den Erfolg des Konzeptes beschreiben die Macher so: „Popping up in unorthodox arts spaces, like libraries or laundromats, Pop Up Museums focus on bringing people together in conversation through stories, art, and objects. They can happen anytime, anywhere, and with any community.“

What is a Pop Up Museum? from Santa Cruz MAH on Vimeo.

Nun ist es nicht so, dass es so etwas gar nicht in der Schweiz gäbe. Das Transitorische Museum in Pfyn funktioniert beispielsweise nach einem ähnlichen Prinzip. Auch hier gibt es keine regulären Öffnungszeiten im klassischen Sinne, aber mindestens einmal im Jahr passiert etwas für wenige Wochen. Allerdings mit dem Unterschied, dass das Museum von Alex Meszmer und Reno Müller nicht grossflächig auftaucht, sondern auf Pfyn begrenzt ist. 

Was der Thurgau aus den Modellen lernen kann

Ein anderes Modell hat das Alpine Museum aus Bern 2015 verfolgt. Die Ausstellung „The Matterhorn family“ poppte auf dem Gornergrat auf- mit Blick auf das Matterhorn. Einem touristischen Hotspot, der jährlich 700‘000 Gäste aus der Schweiz und der ganzen Welt anzieht. Gezeigt wurden Fotografien von Bergen auf der ganzen Welt, die dem Matterhorn verblüffend ähnlich sehen. Die Botschaft dahinter: Das Matterhorn ist nicht nur das Symbol der Schweiz, es ist längst ein Weltbürger geworden und in der ganzen Welt zuhause. Natürlich war das auch ein Marketingprojekt. Gesponsert wurde es von der Gornergrat Bahn. Aber muss es deswegen zwingend schlecht sein? In Zeiten in denen Museen um jeden Besucher ringen, kann es keine ganz blöde Idee sein, dahin zu gehen, wo die Menschen sind. Und nicht nur im gemütlichen Museumsbau zu bleiben. 

Was das mit dem Thurgau zu tun hat? Nun, der Kanton sinniert ja seit gefühlten Ewigkeiten über eine neue Museumsstrategie. Vielleicht wäre ein Pop-up-Konzept auch eine Möglichkeit, mehr Aufmerksamkeit für die kantonalen Museen zu bekommen. Das Historische Museum könnte mit ausgewählten Exponaten seiner 2018 kommenden Industriegeschichte-Ausstellung auch in leerstehende Werkhallen gehen, das Naturmuseum stellt im Waschsalon aus, das Kunstmuseum in einem Plattenladen, die Archäologen in einem Einkaufszentrum und das Napoleonmuseum erzählt von Tischmanieren des 18. Jahrhunderts in einem Café. Nur mal so als Idee.

 

P.S.: Die Dinge der Woche machen jetzt erstmal ein bisschen Ferien. Die nächste Ausgabe der Kolumne erscheint am 18. September

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