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Gute Reise, mein Freund

Gute Reise, mein Freund
Für viele war er ein brennendes Licht, jetzt ist es erloschen: Theatemensch Felix Strasser ist im Alter von 41 Jahren am 5. Oktober 2017 in Konstanz gestorben. | © Anja Arning

Die Dinge der Woche tragen heute Trauer: In Erinnerung an den am vergangenen Donnerstag viel zu früh gestorbenen Theatermenschen Felix Strasser.

Von Michael Lünstroth

Ich weiss nicht mehr genau, wann ich Felix Strasser kennengelernt habe, aber ich weiss, dass ich ihn von Anfang an mochte. Mich beeindruckte seine Energie, seine Ideen inspirierten mich, unsere Gespräche haben mich immer bereichert - und wenn es auch manchmal nur Gequatsche und der Austausch der neuesten Gerüchte der Stadt war. Ich erinnere Felix immer lachend, niemals habe ich ihn wirklich schlecht gelaunt erlebt. Mehr als einmal habe ich mich gefragt, wie er das nur macht bei all dem Stress und all den Projekten, die er geprägt und voran gebracht hat. Und jetzt soll dieser grossartige Mensch nicht mehr da sein? Ich kann das immer noch nicht begreifen. Jemanden so Lebendiges wie Felix kann man sich einfach nicht tot vorstellen. 

Und doch ist es passiert. Das Herz. Es war schon länger sein Schwachpunkt. Auch das ja so eine  bittere Ironie seines Lebens: Ausgerechnet dieser Mann mit dem so grossen Herzen für so vieles, leidet an einer Schwäche des Herzens. Es ist gerade mal ein paar Wochen her, dass wir uns zuletzt auf einen Kaffee trafen. Alles war wie immer. Er war schon 41, ich kurz davor 40 zu werden. Wir redeten über das Leben, die Liebe, neue Ideen und kommende Aufgaben. Wir waren längst Freunde geworden. Felix hatte noch so viel vor, viele Gedanken im Kopf und coole Projekte geplant, die die Stadt wieder einmal bereichert hätten. All das wird es nun nicht mehr geben. Konstanz hat einen grossen Menschen und leidenschaftlichen Künstler verloren. Im Fussball würde man sagen, er war ein Unterschiedspieler, jemand, der ein Projekt zu etwas Besonderem, Aussergewöhnlichem machte. Jemand, der im Leben vieler Menschen den Unterschied ausmachte. Grenzen? Waren da, um sie zu sprengen. 

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Er hatte die Gabe, das Feuer in Anderen anzuzünden

Schwer zu sagen, welches Talent Felix’ Grösstes war. Er war Theaterpädagoge, Schauspieler, Regisseur, Buchautor, Vordenker. Und vor allem: Menschenflüsterer. Das konnte man immer wieder erleben, wenn man seine Jugendtheaterprojekte begleitete. Wie er mit den jungen Menschen umging, wie er sie still formte und sich selbst ausformen liess, das habe ich so noch bei keinem anderen Menschen erlebt. Felix hatte die Gabe, das Feuer in Anderen anzuzünden. Für Theater, für Themen, für Ideen, für Politik, dafür, den eigenen Kopf zu gebrauchen und sich nicht auf das Gelaber von anderen zu verlassen. Man konnte das immer und immer wieder in den Augen seiner jungen Spieler sehen. Die Arbeit mit Felix liess sie wachsen, beseeltes Glück strahlte nach jeder Probe aus ihren Augen. Es war faszinierend. 

Auch künstlerisch bleibt mir von ihm so viel in Erinnerung. „Pleasant View“ zum Beispiel. Eine zupackende und berührende Geschichte, die er 2009 mit Jugendlichen entwickelt hatte. „Genua 01“ natürlich, die Inszenierung in der er die Proteste um den G20-Gipfel in Genua thematisierte und die jungen Menschen politisierte. Er war überzeugt davon, dass kulturelle Bildung die Menschen besser mache. Und dafür tat er alles. In Projekten mit Schulen, als Direktor des Jungen Theater Konstanz oder auch in seiner Arbeit als Theaterleiter an der kunstfernen Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG). Was er vor allem hier auf die Beine stellte, war schlicht herausragend. Und das nicht nur in den Grossprojekten mit der Südwestdeutschen Philharmonie in einer Grossraumdiskothek und der Konstanzer Therme. 

Trost für diesen Verlust? Kann es nicht geben

Und jetzt? Jetzt bist du weg, Felix. Ich würde gerne schreiben, es ist ein Trost, dass es nun dort wo du jetzt bist, künftig besseres Theater geben wird. Aber das wäre gelogen. Es kann keinen Trost geben für diesen unsinnigen Verlust. Ich hätte noch viel lieber weitere Nonsens-Dialoge via Facebook-Messenger geführt, mit Dir auf merkwürdigen Repräsentations-Anlässen rumgestanden und weiter staunend Deine Ideen zu neuesten Projekten gehört. Daraus wird nun nichts. Und ich bin unendlich traurig darüber. Wo immer Du jetzt bist, auf welche Reise Du Dich auch begeben hast - ich wünsche Dir nur das Beste. Pass auf Dich auf, mein Freund.

 

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