von Alex Bänninger, 22.06.2014
Feu sacré
Der aus Frauenfeld stammende Iwan Schumacher lässt uns mit "Feuer & Flamme" spannend teilhaben am Prozess von der künstlerischen Idee über die kunsthandwerkliche Umsetzung bis zur Perfektion. Der auch vom Kanton Thurgau geförderte Dokumentarfilm, selber ein Kunstwerk, läuft am 28. und 29. Juni im Cinéma "Luna".
Alex Bänninger
Iwan Schumacher war begeistert von der Kunstgiesserei im St. Galler Sitterwerk, die er auf Anregung von Peter Fischli und David Weiss vor Jahren besuchte. Die Eindrücke regten ihn an zu einer gefilmten Langzeitbeobachtung. In geduldiger und sensibler Arbeit entstand aus der Fülle der Bild- und Tonaufnahmen ein grossartiger Film von knapp anderthalb Stunden, der Minute für Minute packt.
Im Dienst der Kunst
In "Feuer & Flamme" nimmt Iwan Schumacher seine eigene Begeisterung klug zurück und zeigt stattdessen, mit welcher Begeisterung die Künstlerinnen und Künstler, die Giesserinnen und Giesser miteinander um die besten Lösungen ringen, damit sich die künstlerischen Vorlagen im Guss vollenden.
Darin erwarb sich die von Felix Lehner aufgebaute und geleitete St. Galler Kunstgiesserei, die an die fünfzig Mitarbeitende beschäftigt und in Shanghai einen Tochterbetrieb gründete, eine international anerkannte Meisterschaft. Erstklassige Gegenwartskunst, eine jahrtausendealte Kulturtechnik und modernste Hightech-Verfahren verbinden sich im Sitterwerk als einer schöpferischen Werkstatt.
Diese Informationen liefert der Film beiläufig. Er ist weder ein Firmenporträt noch eine berufskundliche Abhandlung. Im Zentrum stehen die künstlerische und handwerkliche Kreativität, stehen Menschen, die partnerschaftlich geistig und unter Körpereinsatz im Dienst der Kunst arbeiten.
Intensives Erlebnis
"Feuer & Flamme", wofür Iwan Schumacher mit Anja Bombelli und Martin Jaeggi auch das Drehbuch schrieb und neben Pio Corradi auch für die Kamera verantwortlich zeichnet, ist - wenn ein Lehrstück - dann ein faszinierendes und ein solches über die Leidenschaft, jede Unmöglichkeit in eine Möglichkeit zu verwandeln. Die experimentierfreudigen Vorgaben der Künstlerinnen und Künstler treiben die Giesserinnen und Giesser an die Grenzen des Machbaren und zwingen auch kunsthandwerklich zum Experiment.
Überdies dokumentiert der Film ein Plädoyer für die Notwendigkeit, aufeinander zu hören und sich gegenseitig zu verstehen, damit eine Idee ihre kongeniale Form erreicht. Die Künstlerinnen und Künstler bemühen sich, die konstruktiven Probleme mit den Augen der Giesserinnen und Giesser zu begreifen, diese wiederum, die künstlerischen Forderungen nachvollziehen zu können. "Feuer & Flamme" macht das Teamwork, welche Bezeichnung hier einschränkungslos zutrifft, intensiv erlebbar.
Bestätigte Begabung
Iwan Schumacher ist mit der Kunst eng vertraut und erfahren in deren Übertragung ins Medium Film. Seine Porträts von Cuno Amiet, Markus Raetz und Urs Fischer belegen die Begabung, der neue Film bestätigt sie.
Er baut aufs Bild. In den Gesichtern und Bewegungen der Kunstschaffenden und der die skulpturale Kunst in Guss Formenden spiegeln sich die Anstrengungen und dann die glückliche Erleichterung. Geredet wird das Nötigste. Die Musik Victor Mosers begnügt sich mit stimmigen Akzenten. Iwan Schumacher entwickelte für die langen und schwierigen Arbeitsgänge eine ordnende und spannungsvolle Dramaturgie.
"Feuer & Flamme" über die Kunst und das Kunsthandwerk verbindet auf wunderbare Weise selber Kunst und Kunsthandwerk.
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