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von Inka Grabowsky, 14.02.2017

Kultur hilft über die Schwelle

Kultur hilft über die Schwelle
Volles Programm: 2017 gibt es zahlreiche Veranstaltungen in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen | © Inka Grabowsky

Unter dem Motto „Zu Gast in der Psychiatrie" lädt die psychiatrische Klinik Münsterlingen die Öffentlichkeit ein. Tanz, Theater oder Film-Vorführungen nehmen jeweils Bezug auf seelische Belastungen. 

Von Inka Grabowsky

Das Programm ist im Vergleich zu den Vorjahren etwas gestrafft. Statt 17 Veranstaltungen stehen diesem Jahr zwölf an. „Das hat auch damit zu tun, dass wir neu Vorträge unserer Experten mit Tanz, Theater oder Film verknüpfen", erklärt die Kultur-Beauftragte Seraina Perini Allemann. „Bevor wir beispielsweise am 9. März Tänzer des Juniorballetts des Opernhauses Zürich erleben, erklärt uns Bruno Rhiner, der Chefarzt des Kinder-und Jugendpsychiatrischen Diensts, warum einige in der Adoleszenz solche Höchstleistungen erbringen können und andere nicht."

Im April gibt es ein Tandem zum Thema Suizid. Experten versuchen „dem grossen Warum" auf die Spur zu kommen, mit dem sich die Hinterbliebenen quälen. Im Anschluss zeigt die PKM den Film „Dem Himmel zu nahe", der Berner Regisseurin Annina Furrer aus dem vergangenen Jahr. (Trailer zum Film gibt es hier) „Wir gehen davon aus, dass bei einem so heiklen Thema die Hemmschwelle zu kommen geringer ist, wenn wir es mit einem kulturellen Erlebnis koppeln", so Perini Allemann. Im Mai dient die Verknüpfung von Expertenmeinung und Theater vor allem der Erweiterung des Horizonts. Erst wird erklärt, wer die Psychiaterin Sabina Spielrein war, dann verkörpert sie die Schauspielerin Graziella Rossi. 

Klinikdirektor Gerhard Dammann, Filmerin Gaby Mohr und Kultur-Beauftragte Seraina Perini AllemannKlinikdirektor Gerhard Dammann, Filmerin Gaby Mohr und Kultur-Beauftragte Seraina Perini Allemann. Bild: Inka Grabowsky

Das Kulturprogramm in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen wird aus Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit der Spital Thurgau AG gespeist. Ein fünfstelliger Betrag stehe dafür zur Verfügung, sagt Klinikdirektor Gerhard Dammann. Dementsprechend sind viele Veranstaltungen gratis, andere sind preislich so gestaltet, dass sogar Gäste aus Konstanz sich über die Grenze locken lassen. „Wir möchten kein Geld verdienen, sondern möchten, dass die Bevölkerung zu uns kommt." Ticketpreise von 19 bis 29 Franken helfen, einen Teil der Honorare zu decken und den Veranstaltungen einen gewissen Wert zu zumessen.

Höhepunkt Bundesjugendballett: Das Video gibt einen Einblick

Schon zum vierten Mal gastiert Ende Oktober das Bundesjugendballett aus Hamburg am Bodensee. Die jungen Leute arbeiten eine Woche lang mit Patienten und werden zwei Abende für die Öffentlichkeit gestalten. Gaby Mohr, die neben ihrem Studium die visuelle Kommunikation der PKM macht, hat beim letztjährigen Auftritt des Balletts gefilmt und Interviews gemacht. Der Kurzfilm, der auf der Homepage der Klinik aufgeschaltet ist, erlaubt nun einen Blick hinter die Kulissen.  „Tanz passt eigentlich ideal zur Psychiatrie", sagt Klinikdirektor Dammann. „Er zeigt Ausnahmezustände. Es geht darum, ein Gleichgewicht zu finden, und er zeigt die Fragilität des Menschen." Auch deshalb ist Tanz aus dem Profil des Kulturangebots der PKM nicht wegzudenken. Neben drei Abenden mit klassischem Ballett gibt es erstmals speziell etwas für die junge Generation. Hiphop Culture steht Mitte Juni auf dem Programm. In Kooperation mit dem Tanzzentrum der Musikschule Kreuzlingen können Patienten tagsüber an einem Workshop teilnehmen, abends lässt sich dann moderne Perfektion bewundern. 

Auch das gibt es im Programm: Hip Hop im Workshop

Geplant wird das Programm von einer achtköpfigen interdisziplinären Kulturgruppe unter der Leitung von Perini Allemann. „Jeder bringt Ideen mit, und dann schauen wir, was wir davon umsetzen können." In diesem Jahr nicht geklappt hat das Engagement von prominenten Pop-Musikern. „Es scheint da tatsächlich noch Vorbehalte gegenüber einem Auftritt in der Psychiatrie zu geben – aber wir arbeiten daran." Beim Publikum hat das offenkundig bereits gewirkt. Mitunter sei der Saal mit 300 Zuschauern voll besetzt. „Wir haben inzwischen Stammgäste", so Seraina Perini Allemann. „Und wir haben es tatsächlich geschafft, zum informellen Treffpunkt von Mitarbeitenden, Patienten und der breiten Öffentlichkeit zu werden."

Das vollständige Programm unter https://www.kultur-pkm.ch/programm-2017/ 

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