von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 11.10.2017
Im Auftrag der Klassik
Seit fast 60 Jahren bietet die Konzertgemeinde Frauenfeld einem klassisch interessierten Musikpublikum Jahr für Jahr ein ambitioniertes Programm. Im Ringen um neue Zuschauer sind aber auch hier neue Ideen gefragt
Als sich am 1. Juni 1960 in Frauenfeld einige Musikfreunde zusammengetan haben, um die Konzertgemeinde Frauenfeld zu gründen, war das auch ein Akt der Selbstbehauptung. „Damit soll die Grundvoraussetzung für die Existenz einer eigenständigen Konzertreihe in einer Kleinstadt wie Frauenfeld erhalten bleiben, obwohl die attraktiveren Zentren wie unsere Nachbarstädte Winterthur, St. Gallen, Konstanz, aber auch Zürich so nahe liegen“, notierte der langjährige Präsident Urs Fankhauser in seinem Rückblick zum 50. Geburtstag des Vereins im Jahr 2010. Daran hat sich auch sieben Jahre später nichts geändert.
Die Konzertreihe lebt nach wie vor und steht gerade am Anfang einer weiteren Saison (Programm siehe Kasten am Ende des Textes). Die Ursprungs-Intention des Vereins „...die Vermittlung guter Musik durch Veranstaltung von Orchester-, Kammermusik- und Solistenkonzerten“, wie es in den Statuten heisst, gilt auch noch heute. „Wir versuchen ein möglichst breites Spektrum zu bieten - von der Kammermusik bis zu grossen sinfonischen Konzerten“, sagt Beni Pfister, der mit Justus Bernau und Urs Fankhauser in der Programmkommission des Vereins sitzt. Künstlerisch sei man grundsätzlich offen, wichtig sei dem Verein aber auch die Förderung des musikalischen Nachwuchses, erklärt Pfister. Pro Saison gibt es sechs Konzerte, die meisten davon finden im Casino statt, für kleinere Besetzung wird auch schon mal der Rathaussaal genutzt.
Kümmern sich um das Programm der Klassikreihe der Konzertgemeinde Frauenfeld (von links): Beni Pfister und Walter Fürer. Bild: Michael Lünstroth
Wie überall anders auch, so gilt auch hier - der Kampf um das Publikum ist nicht eben leichter geworden in den vergangenen Jahren. „Wir haben ein treues Stammpublikum von rund 260 Abonnenten, spontane Einzelkonzertbesuche sind eher selten“, sagt Walter Fürer, Präsident der Konzertgemeinde. Weil sie um das Alter ihrer Abonnenten wissen, ist auch Fürer und Pfister klar, wenn es die Konzertgemeinde auch in 50 Jahren noch geben soll, dann müssen sie jetzt etwas tun. Zum Beispiel an die Schulen gehen und für ihr Anliegen werben. Deshalb bieten sie Lehrern jetzt auch an gratis mit ihrer Klasse ein Konzert zu besuchen. „Die Schüler sitzen dann in der ersten Reihe und können die Musik ganz nah erleben“, sagt Beni Pfister. Die Hoffnung dahinter ist klar: Ein neues Publikum kann man nur gewinnen, wenn es einen überhaupt kennt. „Auch wenn das alles nicht unsere Abonnenten werden, haben wir doch die Aufgabe, die jungen Menschen erstmal an die klassische Musik heranzuführen“, sagt Präsident Fürer. Eine andere Idee, die ihm noch durch den Kopf geht: „Vielleicht muss man auch von der Abostruktur wegkommen und stärker auf Einzelkonzerte setzen“, so Fürer.
Auch selten gespielte Werke sind im Programm
Vorerst bleibt aber erstmal alles wie es ist. Die Saison 2017/2018 wird am 1.November mit dem Merel-Quartett fortgesetzt. Das Streichquartett spielt Haydn, Mendelssohn und Beethoven. Spannend dürfte auch das Konzert am 29.November mit der spanischen Ausnahmesopranistin Nuria Rial und dem Kammerorchester Basel werden. Bislang eher wenig gehörte Werke stehen am 18. Januar auf dem Programm, wenn das Norea Klaviertrio unter anderem Kompositionen von Amy Beach (Trio op. 159), Michail Glinka (Trio pathétique) und Anton Arenski (Trio d-Moll) spielt. Die Saison endet mit zwei grossen Sinfonie-Konzerten. Zunächst gastiert das Musikkollegium Winterthur (2. März), dann das Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester (20. April).
Finanziert wird die Konzertreihe der Konzertgemeinde Frauenfeld im Wesentlichen durch die Einnahmen über die Abonnements sowie einer Leistungsvereinbarung mit der Stadt Frauenfeld. 40 000 Franken erhält der Verein bislang aus der Stadtkasse für seine Arbeit.
Die Konzerte im Überblick
Mittwoch, 1. November, 19.30 Uhr, Stadtcasino Frauenfeld: Merel-Quartett spielt Haydn, Mendelssohn und Beethoven
Mittwoch, 29. November, 19.30 Uhr, Stadtcasino: Kammerorchester Basel: Sacred Duets mit der Sopranistin Nuria Rial und dem Countertenor Valer Sabadus. Ouvertüren, Arien und Konzerte von Bononcini, Caldara, Colonna, Gabriele, Händel, Laurenti und weiteren Komponisten
Donnerstag, 18. Januar, 19.30 Uhr, Stadtcasino: Norea Klaviertrio spielt Werke von Glinka, Schostakowitsch, Beach und Arenski
Freitag, 2. März, 19.30 Uhr, Stadtcasino: Musikkollegium Winterthur. Programm: Werke von Beethoven, Rachmaninow und Schostakowitsch
Sonntag, 29. April, 17 Uhr, Stadtcasino: Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester spielt Werke von Olivier Messiaen (L’Ascension) und Hector Berlioz (Symphonie fantastique)
Karten: Einzelkarten kosten je nach Sitzplatz zwischen 44 und 24 Franken für Erwachsene und 22 und 12 Franken für Jugendliche (in Ausbildung bis 25 Jahre). Vorverkaufsstelle: Witzig The Office Company, Rheinstrasse 10, 8500 Frauenfeld, Telefon 052 7232900. Abendkasse öffnet zu den einzelnen Terminen jeweils 30 Minuten vor Konzertbeginn. Jugendliche erhalten 10 Minuten vor Konzertbeginn Restkarten für 6 Franken.
Abonnements: Die Preise für die Abonnements variieren je nach Sitzplatz zwischen 168 und 96 Franken für Erwachsene und zwischen 60 und 40 Franken für Jugendliche.
Weitere Details im Internet: www.konzertgemeinde.ch
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