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Zwei Städte, zwei Wege: Auf dem Weg zum eigenen Kulturzentrum

Zwei Städte, zwei Wege: Auf dem Weg zum eigenen Kulturzentrum
"Die Dinge der Woche" sind der Blog des Thurgaukultur-Redaktionsleiters Michael Lünstroth | © Michael Lünstroth

Wie etabliert man ein Kulturzentrum nachhaltig? In Kreuzlingen und Arbon gibt es zwei Projekte, die genau das versuchen. Aber dabei sehr unterschiedliche Wege gehen.

Von Michael Lünstroth

Im Leben ist es ja meistens so - es gibt nie nur den einen Weg an ein bestimmtes Ziel. In der Regel gibt es mindestens zwei, oft sogar deutlich mehr. Welcher Weg der Richtige ist, kann man im Vorfeld schwer sagen: Was in einem Fall richtig ist, kann in einem anderen ganz falsch sein. Da gilt die alte Binsenweisheit: Hinterher ist man immer schlauer. 

Um so spannender ist, dass man aktuell im Thurgau live und in Echtzeit beobachten kann, welcher Weg der bessere Weg zu einem eigenen Kulturzentrum ist: Die beiden Städte Arbon und Kreuzlingen bemühen sich gerade um den Aufbau einer solchen Einrichtung. Und beide Städte verfolgen dabei höchst unterschiedliche Strategien. 

Auf der einen Seite ist das Kult-X in Kreuzlingen. Schon seit Jahren doktert die Stadt an diesem Projekt auf einem ehemaligen Industriegelände herum. Mehrere Arbeitsgruppen haben sich mit dem Thema befasst, mehrere Anläufe sind immer wieder versandet. Jetzt scheint es erstmals ernsthaft voranzugehen. Eine engagierte Gruppe von ehrenamtlichen Kulturfreunden veranstaltet seit diesem Jahr regelmässig Theater- und Filmabende in den neuen Räumlichkeiten. Das Ziel: Bildende Kunst, Kino, Theater und Musik sollen eine neue zentrale Heimat in der Grenzstadt bekommen. Es soll Platz für Ateliers, Künstlerwohnungen, Proberäume, einen Konzertraum und einen multifunktionalen Theater- und Kinosaal für bis zu 200 Personen geschaffen werden. 

Das Presswerk soll ein kultureller Leuchtturm der Region werden

Auf der anderen Seite das Kulturzentrum Presswerk in Arbon. In einer ehemaligen Saurer-Produktionshalle gibt es seit vergangenen September eine Konzerthalle im urbanen Fabrik-Chic für bis zu 500 Zuschauer sowie die neuen Räume der städtischen Musikschule. Neben Musik- und Tanzunterricht finden hier auch Proben verschiedener anderer Vereine statt. Und: Auch ein Depot des Saurer-Museums befindet sich unter diesem Dach. Das Ziel: Das Presswerk soll ein regionaler Leuchtturm für kulturelle Veranstaltungen und ein beliebter Treffpunkt werden. Im Oktober 2018 soll zudem eine Gastronomie einziehen. Bislang setzte das Presswerk vor allem auf musikalische Acts (unter anderem: Saint City Orchestra, James Gruntz, Baba Shrimps, Troubas Kater, Yes I’m very tired now und Carrousel, mehr zum Programm gibt es hier), mittelfristig könnten aber auch Kabarett und Comedy hier stattfinden, sagen die Macher. 

Hier entsteht das Kulturzentrum Presswerk in Arbon. In einer ehemaligen Produktionshalle von Saurer. Bild: Michael Lünstroth

So ähnlich der Wunsch ist, der Kultur eine neue Heimat zu geben, so verschieden sind die Wege dahin. Kreuzlingen versucht es mit einem langfristigen Modell und hofft auf organisches Wachstum des Projektes. Das heisst - man startet klein und hofft, dass die Angebote (mehr zum aktuellen Programm gibt es hier) so gut angenommen werden, dass es natürlich wächst. Entsprechend langfristig ist der Planungshorizont: In 10 bis 15 Jahren könne man so weit sein, dass das Kulturzentrum „ein Treffpunkt für Leute ist, an dem es ein attraktives, regelmässiges Programm gibt“, hofft die zuständige Kreuzlinger Stadträtin Dorena Raggenbass.

So lange will man in Arbon nicht warten. Das Projekt soll schneller fliegen, neben kulturellen Anlässen sollen hier auch private oder geschäftliche Feiern stattfinden können. Die Pläne sind auch hier langfristig, aber man will schneller bekannt werden. Dafür drücken die Macher aufs Tempo. Mit ambitioniertem Programm wollen sie schnell zum kulturellen Leuchtturm in der Region werden. 

Die Unterschiede der Projekte zeigen sich auch im Budget

Wenn man so will, dann treffen in Arbon und Kreuzlingen das vollprofessionelle und das semiprofessionelle Modell aufeinander. Das erkennt man auch in den Budgets der beiden Projekte: Das Kult-X hat ein Budget von 70.000 Franken im Jahr (wobei 50.000 Franken für die Raummiete gleich wieder an die Stadt zurückgehen), der für das Kulturprogramm zuständige Kulturverein Presswerk verfügt nach eigenen Angaben über 100.000 Franken pro Jahr. 

In Kreuzlingen ist die Stadt stärker mit im Boot und setzt auf die Einbindung der ehrenamtlichen Kräfte. In Arbon sind Vollprofis am Werk, die sich in einer Aktiengesellschaft, der Kulturzentrum Presswerk AG, zusammengeschlossen haben. Die Stadt Arbon selbst hält daran Anteile im Wert von 50.000 Franken. Veranstalter des kulturellen Programms ist der eigens gegründete Kulturverein Presswerk. Einer Community gleich soll er die Flamme der jungen Kulturhalle nach aussen tragen. In vielen Punkten scheint man in Arbon von Anfang an ein paar Nummern grösser zu denken. Inklusive des grösseren finanziellen Risikos. Das Kapital der AG, aktuell rund 1,6 Millionen, stammt von etwa 60 Aktionären. Nach einer inzwischen geplanten Kapitalerhöhung um weitere 750.000 Franken für den letzten Ausbauschritt des Gebäudes soll das AG-Kapital auf rund 2,4 Millionen Franken steigen, der Rest des 6,5-Millionen-Projektes wird über Banken finanziert. 

Wie ein Echtzeit-Modell über den richtigen Weg zum Kulturzentrum

Endgültige Zahlen zum Projekt in Kreuzlingen gibt es noch nicht, da nicht abschliessend geklärt ist, wie gross das Kulturzentrum eigentlich werden soll. Je nach Ausbaustufe rechnet man derzeit mit einem mittleren bis niedrigen Millionenbetrag.  

So verschieden die Projekte in manchen Punkten sind, so reizvoll wird es in den nächsten Jahren dennoch sein zu beobachten, wer sich wie schlägt. Es ist wie bei dem Rennen zwischen Hase und Igel. Wer am Ende wirklich vorne liegt, wird man wohl erst auf dem Zielfoto erkennen.

 

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