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von Inka Grabowsky, 03.06.2024

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Tango lässt sich überall tanzen - auch in der Zufahrt zu Industriehallen. | © Inka Grabowsky

Im September stimmen die Kreuzlinger:innen über die Zukunft des Kult-X ab. Am Wochenende zeigte sich das Kulturzentrum beim ersten gemeinsamen Festival von seiner besten Seite. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)

«Alle Beteiligten am Kult-X in einem gemeinsamen Projekt: Das habe ich mir immer gewünscht», sagt Claudia Heinle aus dem Organisationskomitee des Festivals. «Die alte Riege und die neue Mitgliedsvereine haben zusammen das Programm entwickelt. Das allein war schon ein tolles Erlebnis.» Sie selbst beteiligte sich mit ihrer «Compagnie Tanzraum» mit zwei Workshops zu ägyptischem Tanz am Angebot.

Die Botschaft des Tages: Das Kult-X funktioniert

Auch gemessen am Publikumsinteresse dürfte das erste Kult-X-Festival für die Vereine ein voller Erfolg gewesen sein. Natürlich hat nicht alles reibungslos geklappt: Der Flashmob von «Tango libre» am Samstagvormittag lief wegen des Regenwetters unter erschwerten Bedingungen ab. Die Einfahrt zu den Industriegebäuden in der Hafenstrasse zog nicht besonders viele Passanten an, aber immerhin bot sie ein Dach. 

Richtig voll war die Pilates-Probestunde am Nachmittag: «Ich miete den Raum für meine fünf Kurse die Woche als Selbstständige,» so Trainerin Martina Fehrenbach, «aber auch ich will mit meinem Beitrag zum Festivalprogramm zeigen, wie wichtig das Kult-X ist und wie vielfältig das Angebot hier ist.»  

 

Die Vorgeschichte: Wie das Kult-X entstand

Seit mehr als 12 Jahren laufen die Planungen für ein Kulturzentrum in Kreuzlingen. Über alle Höhen und Tiefen der vergangenen Jahren haben wir regelmässig geschrieben. Alle bei uns dazu erschienenen Beiträge sind gebündelt im dazugehörigen Dossier Kulturzentrum Kreuzlingen

 

Ein spezielles Kinderprogramm zwischen 11 und 18.30 Uhr zog viele Familien an. Bild: Patrick Angehrn

Alles begann 2012

Auf volle Stuhlreihen konnten Leopold Huber, Astrid Keller und Simon Engeli blicken. Sie gaben einen Vorgeschmack auf das Buch über die Geschichte des See-Burgtheaters, das diesen Sommer erscheint. «Leopold dachte, dafür würde sich nur eine Handvoll Zuschauer interessieren», freut sich Simon Engeli. 

«Das Kult-X sei eben toll», meint die Schauspielerin und Regisseurin Astrid Keller. «Wenn man überlegt, wie es angefangen hat, 2012 mit ‹Kultur im Shop»  von Christine Forster, dann ist es grossartig zu sehen, was jetzt alles geboten wird. Und es ist unvorstellbar, dass es nicht mehr da wäre.» 

 

Leopold Huber, Astrid Keller und Simon Engeli blickten gemeinsam auf die Geschichte des See-Burgtheaters zurück. Bild: Inka Grabowsky

Schnittmengen und Symbiosen

Der Verein «Kabarett in Kreuzlingen – KIK» konnte ebenfalls etwas Besonderes auf die Bühne bringen. Der Kreuzlinger Lehrer und Schriftsteller Christian Rechtsteiner las aus seinem noch unveröffentlichten Roman «1986 -ein Requiem». «Christian hat bei mir 1997 in Mathe Matura gemacht», erklärt KIK-Programmleiter Micky Altdorf. «Offenkundig hat es ihm nicht geschadet.» 

Die Kabarett-Fans hatten anfänglich mit dem Kult-X als Veranstaltungsort gefremdelt. «Wir sind wegen der früheren alten Theaterscheune, die einer Wohnüberbauung weichen musste, immer noch nostalgisch angehaucht», so Altdorf, «aber es ist auch schön gemeinsam mit anderen hier zu veranstalten.» 

Noch seien die Schnittmengen unter den Kulturakteuren nicht sehr gross. «Durch Festivals wie dieses entdeckt man Gemeinsamkeiten.» Klaus Okrafka vom Theater an der Grenze pflichtet bei: «Mit so einem Festival erreicht man eine grosse Breite, inhaltlich wie auch vom Publikum her. Das hat einen symbiotischen Effekt.» 

 

Micky Altdorf vom KIK stellt Kabarettist Christian Rechsteiner vor. Bild: Inka Grabowsky

Wo es noch hakt im Haus 

Micha Stuhlmann vom «Laboratorium für Artenschutz» eroberte mit einer Performance die Flure des Kulturzentrums für sich. «Das Kult-X ist ein Ort geworden, an dem ich mich beheimatet fühle», so die Tänzerin und Choreografin. «Ich brauche es gelegentlich für Veranstaltungen und regelmässig für Proben. Nur die Schalltrittdämmung könnte besser sein. Wenn ich oben mit dem Fuss aufstampfe, hört man es unten im Theatersaal.» 

Tatsächlich ist das Kult-X alles andere als fertig. Die zweite Projektphase, deren Finanzierung die Kreuzlinger Stimmbürger im September 2021 genehmigt hatten, endet in diesem Jahr.  Nun soll am 22.September nicht nur entscheiden werden, ob das Kulturzentrum weiter mit einem jährlichen Beitrag für den Regelbetrieb unterstützt wird, sondern auch, ob die Sanierung in Angriff genommen werden darf. Ein entsprechendes Vorprojekt ist fertig. 

 

Micha Stuhlmann performt mit ihrer  „Objektpartnerin“ in den Fluren des Kult-X. Bild: Patrick Angehrn

Festival soll künftig jährlich stattfinden

Das Festival sei nicht in Hinblick auf die Volksabstimmung geplant worden, betont Jürg Bregenzer vom Trägerverein. «Es soll zu einer jährlich wiederkehrenden Aktion werden. Dennoch informieren wir natürlich gerne über die Pläne zur Ertüchtigung des Kult-X.» Wenn die Kreuzlinger Stimmbürger im Herbst zustimmen, soll das Kulturzentrum für 7 Millionen Franken saniert und umgebaut werden. «Einige Investitionen sind ohnehin unverzichtbar, wenn die Stadt als Besitzerin das Gebäude öffentlich nutzen will», so Bregenzer: «Energetische Sanierung, Brandschutz und Barrierefreiheit sind vorgeschrieben.» 

Anderes würde speziell das Kulturleben bereichern. «Die Verbindung zwischen Kunstraum und Kult-X wird beispielsweise intensiviert. Konzerte könnten den Ausstellungsraum miteinbeziehen, Kunstausstellungen könnten sich bis ins Kult-X erstrecken.» Ein neuer Theatersaal für bis zu 200 Zuschauer würde eine Lücke füllen, die bisher noch im Raumangebot der Stadt fehlt. 

Durststrecke in der Umbauphase ab 2026

Bei einem «Ja» würde 2026 der Bauantrag gestellt, 2028 könnte alles fertig sein. Die zweijährige Bauzeit stellt die Kulturakteure gegebenenfalls vor eine grosse Herausforderung. «Während das Treppenhaus saniert wird, kann man nicht in die Räume», erklärt Bregenzer beispielhaft. 

Und: «Die Kult-X-Geschäftsführung und der Techniker sollen weiterarbeiten und den Nutzer-Vereinen Infrastruktur an anderen Orten zur Verfügung stellen.» Ausweichquartiere müsste man dann für die Umbauphase woanders – etwa im Apollo oder im Trösch - anmieten. 

 

Jürg Bregenzer vom Trägerverein des Kult-X erklärte gerne das Vorprojekt für die Sanierungsmassnahmen. Bild: Inka Grabowsky

Kulturpolitik zum Auftakt

Stephan Militz von «Kultur Worx» und früherer Geschäftsführer, hatte bereits am Vorabend des Festivals eine Gesprächsrunde zusammengerufen, um unter dem Motto «Horizonte erweitern» über den Sinn und Zweck eines Kulturzentrums zu sinnieren. 

Stadtrat Daniel Moos verwies dabei auf das Kreuzlinger Kulturkonzept, das gerade aktualisiert worden ist. «Wir wollen Weichen stellen, um in die Breite zu gehen. Dazu haben wir einen Massnahmenplan erstellt, ihm Budgets hinterlegt und Stellenprozente zugewiesen.» Die Frage, was diese «Breite» ausmacht und welche Spezialinteressen mit öffentlichen Geldern gefördert werden können, ist aber noch nicht völlig geklärt. 

«Für jeden in der Bevölkerung ist im Kult-X etwas dabei», meinte die heutige Geschäftsführerin Noemi Signer. «Und hier können sowohl Besuchende als auch Kunstschaffende ohne grosse Hemmschwelle etwas ausprobieren», ergänzt Dorena Raggenbass, Moos’ Vorgängerin und heute Präsidentin des See-Burgtheaters.

Die grosse Frage: Wie entscheidet das Volk im September?

Fast alle Teilnehmenden zeigten sich vorsichtig optimistisch, was den Ausgang der Volksabstimmung angeht. « Das ist schliesslich der Ort, an dem wir uns treffen und an dem wir wachsen», so die aus Kreuzlingen stammende Musikerin Jasmin Albash. «Die Stadt macht sich hier sichtbar.» 

Nur Stefan Wagner, der Geschäftsführer der Kulturstiftung Thurgau ist skeptisch: «»Es wäre fatal, wenn es wegfiele. Aber ich weiss nicht, ob man in Kreuzlingen weiss, was man am Kult-X hat.» 

 

Noemi Signer, Jasmin Albash, Stefan Wagner, Daniel Moos, Dorena Raggenbass und Stephan Militz diskutierten über die Bedeutung eines Kulturzentrums für Kreuzlingen. Bild: Inka Grabowsky

 

 

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