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Die goldene Arschkarte

Die goldene Arschkarte
Gestatten, "Burnina" vom Burning Ass Festival des Arschkartenclubs. Die Holzskultpur, 8,5 Meter gross, mehr als 3 Tonnen schwer, wird traditionsgemäss verbrannt während des Festivals | © zVg

Ein irre sympathischer Verein, verbotene Feuer und eigentümliche Auszeichnungen: Wie eine Geschichte aus Strohwilen die Mühen all unserer Leben aufs Komischste zusammenfasst

Im Thurgau passieren die verrücktesten Dinge: Gelder verschwinden, Investoren kommen ausgerechnet in Verhandlungen mit dem Spiele-Museum (!) nicht über Los hinaus und selbst in den kleinsten Käffern kann es die aussergewöhnlichste Kunst geben. 

Vielleicht ist das der Boden auf dem ein ganz besonderer Club reifen konnte, einer der die ganze Misere unserer aller Leben in eine schlüssige Satzung gefasst hat - der Arschkartenclub (AKC). Dani Schmid hat den Verein vor zwei Jahren gegründet, „aus einer Laune heraus als es mal wieder nicht so gut lief und ich dachte, der Einzige zu sein, welcher immer mal wieder die Arschkarte gezogen hatte“, schreibt er auf der Internetseite des Vereins. Schnell merkte er aber, dem ist gar nicht so. „Deshalb hatte ich die Idee, mich mit gleichgesinnten zusammenzutun und einen Arschkarten Club zu gründen mit dem einzigen Ziel, einmal im Jahr eine spezielle Veranstaltung zu organisieren und Spass zu haben und die Arschkarte somit wenigstens für diese Zeit abzugeben“, so Schmid weiter. Besonders schlaue Geister könnten nun anfügen, dass es kein Wunder sei, dass sich der Verein ausgerechnet im Thurgau angesiedelt hat. Schliesslich fühle man sich hier auch gerne verarscht vom Rest der Welt. Jaja, sehr witzig. Zurück zum Wesentlichen.

Das meistgeplagte Mitglied erhält die «Goldene Arschkarte»

Der Zweck des Vereins ist in der Satzung akribisch festgehalten. Es gehe um die Pflege der Gemütlichkeit heisst es da. Und: „Die Ausrichtung eines alljährlichen Treffens der Mitglieder und die damit verbundene kulturelle Veranstaltung ‚Burning Ass’“ Das Fest besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: 1. Die Verbrennung der achteinhalb Meter grossen und mehr als drei Tonnen schweren „Burning Ass“ genannten Holzskulptur, die im Übrigen eine Figur mit einer im Hintern steckenden Spielkarte darstellt. 2. Die Verleihung der „Goldenen Arschkarte“. Sie geht an das meistgeplagte Mitglied des Vereins. Bewerbungen werden im Vorfeld über die Internetseite des Vereins gesammelt. Das alles ist gleichzeitig so irre sympathisch und herrlich grotesk, das man sich bisweilen wie in einem Monty-Python-Sketch fühlt. 

Das Problem in diesem Jahr ist nur: es ist viel zu trocken. Seit Wochen hat es nicht richtig geregnet. Felder, Wälder und Wiesen sind ausgedörrt. Als Reaktion darauf hat der Kanton ein bis auf Weiteres geltendes Feuerverbot erlassen. Das trifft nun zielsicher auch den Arschkartenclub, wie sollte es auch anders sein? Ob die geplante Verbrennung von „Burnina“, so der Name der Figur in diesem Jahr, stattfindet, ist noch offen. Grundsätzlich dürfte man zwar, sagt Chantal Hebeisen, Medienverantwortliche des Clubs, gegenüber thurgaukultur.ch: "Wir halten die Vorgaben rund um das kantonale Feuerverbot ein, auch die Gemeinde hat grünes Licht gegeben." Wenn die Wetterlage es zulässt, soll "Burnina" um 23:23 Uhr am 31. Juli in Flammen aufgehen. Aber: Weil der Verein um die Lage weiss und ihm die Natur am Herzen liege, behalte man sich bis zum Veranstaltungstag vor, eventuell doch auf die Verbrennung zu verzichten. Das Feuer könnte in diesem Jahr also sicherheitshalber ausbleiben in, Achtung nächste Pointe, Strohwilen (der Ort heisst wirklich so!), in der Nähe von Weinfelden. Das Fest wird aber so oder so stattfinden. 

War ja klar, dass der Gag mit den Bands kommen musste

Anders als man bei dem Anlass vermuten würde, spielen aber weder Arcade Fire, Earth, Wind and Fire noch Hellfire. Denkbar wäre indes auch Wet Wet Wet gewesen. Aber als die nicht konnten wurden eben The Wallbangers and Sacchetti feat. Angie Roots sowie Station 31 - The Band verpflichtet. Beginn ist für alle Gäste am Dienstag, 31. Juli, um 18.30 Uhr. Wir wünschen eine möglichst arschkarten-freie Zeit!

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