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von Thomas Brütsch, 04.10.2014

"generations" ein voller Erfolg

Schwaller mit dem Schalk in den Augenwinkeln: „Frag mich, wie’s mir geht.“ | © Thomas Brütsch

„Frag mich, wie’s mir geht“, schalkt Schwaller. Ich also: „Wie geht’s dir?“ Und er: „Frag einfach nicht.“ Nach dem „generations14“ Jazzfestival ist die Stimmung gut. Auch wenn alle müde sind. Ein Rückblick.

Thomas Brütsch

„Ich bin sehr, sehr zufrieden mit dem Besucheraufmarsch“, sagt Festivaldirektor Roman Schwaller, wobei er das zweite „sehr“ verstärkt betont. „Wir hatten in all den Jahren noch nie so viel Publikum, weder bei den Konzerten, noch in den Clubs.“ Schwaller ist ganz erfreut.

„Weisst du, in einigen Clubs kam man fast nicht mehr rein.“ Da denkt er wohl an das „Arco’s“, in dem mit Nicole Herzog ein Publikumsliebling aufgetreten ist. „Aber auch das Vorstadttheater war hervorragend besucht“, fügt er an. „Wir mussten zusätzliche Stühle organisieren.“

Auch im „Dreiegg“, wo am Donnerstag die Studentenbands auftraten, war sehr viel Volk. „Zum Glück hatten wir da ein so grosses Lokal“, sinniert Schwaller, „sonst hätte es Probleme gegeben, alle Gäste zu empfangen.“

Dieser Mann hat Ferien verdient

Hiermit schliesst Thomas Brütsch seine Serie zum "generations14". Er liess sich nicht lumpen: Tagsüber Lehrer, nächtens Konzerte, dann texten für thurgaukultur.ch, Unterricht vorbereiten, eine Mütze Schlaf - und alles wieder von vorne. Der Jazz-Aficionado war 1998 Mitbegründer des "generations". Jetzt schlürft er Bordeaux in Frankreich - und wir danken ihm herzlich für seinen grossen Einsatz. Well done, dear Brütsch! (rom)

 

Die vielen, ausserordentlich hochstehenden Konzerte wurden von den Zuhörern estimiert. „Lakatos hat in der Pianobar einen unglaublichen Jazz gespielt“, sagt er, „aber auch alle anderen waren top.“ Darüber hinaus verweist Schwaller auf die gute Stimmung, die unter allen Teilnehmenden herrschte: „Die Profis stiegen gegenseitig ein und halfen aus.“

Die Zahlen und Fakten liegen noch nicht fein säuberlich auf dem Tisch. Aber das spielt ja auch noch keine allzu grosse Rolle. Wichtig ist, dass „generations“ in der Ausführung 2014 als Erfolg bezeichnet werden kann.

Die Förderpreisträger, die als „generations Unit 2014“ am Freitag im grossen Saal des Eisenwerkes auftraten, waren „eigentlich schnell bestimmt“, meint Schwaller. „Nicht, dass das jetzt falsch rüberkommt“, fügt er an, „wir haben uns für die Entscheidung viel Zeit genommen.“ Die rasche Einigkeit der Masterclass-Lehrer und des künstlerischen Leiters rührte auch daher, dass sie alle Teilnehmenden schon nach den ersten Workshop-Durchgängen zum ersten Mal beurteilten. Also bereits am zweiten Tag.

"Noch nie so viel Publikum": Schon bei der Ankunft in Frauenfeld wusste man Bescheid, wo es langgeht am "generations". (Bild: Rolf Müller)

Schwaller fertigte spezielle Beurteilungsbögen an – mit Bildchen – für alle Jazzmusiker, die auch Jamsessions besuchten. „Auch wenn diese nicht direkt an der Entscheidung beteiligt waren“, sagt Schwaller, „hat uns ihr Urteil zusätzliche Sicherheit gegeben.“

Dass in diesem Jahr zusätzlich ein Hauptförderpreis – mit Labelvertrag – ausgelobt worden ist, „kam bei den Teilnehmern extrem gut an“, meint Schwaller. „So ein Preis ist in Europa einzigartig.“ Früher gab es eine Studioproduktion für die Förderpreisträger. „Irgendwie war nicht immer klar, was sie damit nachher anfangen wollten. Und für anschliessende Tournéen fehlte dann oft die Vision, die Organisationsfreude – und der Erfolg.“

Da die Förderpreise sowieso budgetiert sind, wurde das Konzept jetzt ausgeweitet. Den prämierten Jungjazzern wird hilfreich unter die Arme gegriffen. Eine so weitreichende Förderung macht natürlich mehr Sinn.

„generations Unit 2014“ bei den Proben vor dem Auftritt. (Bild: Brütsch)

Jetzt kehrt erst mal Ruhe ein. „Wir treffen uns meist erst nach langer Zeit“, verrät Schwaller. „Das vergangene Festival wird dann beurteilt und neue Ideen evaluiert.“ Gedanken übers Programm von „generations 16“, die macht sich Roman Schwaller allerdings heute schon. „Aber richtig ans Planen mache ich mich erst im nächsten Frühjahr.“ Dann müssen auch wieder Kontakte zu den Kulturgeld-Gebern und Sponsoren geknüpft werden.

Keine einfache Aufgabe. „Aber ohne diese Partner geht einfach nichts“, sagt Schwaller. „Wir hätten keine Chance. Denn die Eintrittsgelder allein können den Aufwand leider nie decken.“ Und der musikalische Erfolg? „Einfach wahnsinng“, schwärmt Schwaller. „Die ‚generations Unit’ hat wirklich spannende Musik gespielt. Auch wenn man denkt, dass die jungen Musiker erst am Donnerstag zusammen zu proben haben anfangen können.“

Intermezzo

Schwaller: „Weisst du, die Big Band, die hat mit meiner langjährigen Rhythm-Section gespielt.“
Ich: „Das hast du mir jetzt schon dreimal gesagt.“
Schwaller: „Echt?“
Ich: „Ja, du wirst alt.“
Schwaller: „Ich habe meine Karriere eigentlich schon hinter mir.“
Dann nehmen wir einen Schluck. (brü)

 

Das Konzert wurde übrigens von Radio SRF aufgenommen, „was zwar Stress sein kann, aber auch eine Herausforderung darstellt.“ Auch die Qualität der Big Band war für Schwaller sensationell: „Die haben schon am ersten Tag wie lange eingeprobt getönt.“

„generations“ ist im übrigen top organisiert. Da sind neuerdings die vielen Gastfamilien mit inbegriffen, die mit „ihren Musiker“ eine Woche lang richtig mitfieberten. Aber auch ohne die vielen anderen freiwilligen Helfer – von der Chauffeuse bist zu den Ticketverkäufern – würde das alles gar nicht gehen.

Gute Stimmung im OK: Mittagessen an der frischen Luft. (Bild: Brütsch)

Robert Fürer, Präsident des Organisationskomitees, scherzt: „Mit mir sind es sicher fünfzig!“ und Beni Pfister fügt lachend an: „Stimmt - aber mir alleine gehörten schon fündundreissig.“ Die Stimmung unter den Organisatoren ist entspannt. Und man hat auch Zeit, einmal zu geniessen.

Sieht gut aus für 2016

Fazit? Es sieht so aus, als wenn wir in zwei Jahren wieder ein Frauenfeld voller Jazz haben können. Recht so! Vielleicht werden dann die Wegweiser, die zu den Jazzkonzerten führen, oberhalb von denjenigen für den Rübentransport montiert? Naja, und wenn auch nicht: So what!

Beschilderungsluft nach oben: Wegweiser im Herbst 2014. (Bild: Brütsch)

 

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Informationen zum "generations" hier

www.generations.ch

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