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von Brigitta Hochuli, 10.04.2015

Ekkehard Faude zur Buchmesse

Ekkehard Faude zur Buchmesse
Bücherauswahl aus dem Libelle Verlag im thurgauischen Lengwil - in der Mitte die berühmte Bohème am Bodensee von Manfred Bosch | © zVg

Diogenes fehlt an der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Gemäss Nachrichtenagentur sda die „traurige Konsequenz des geringen Sparpotenzials des Verlags“. Aus anderen Gründen bleibt Libelle schon seit sechs Jahren zu Hause in Lengwil.

Brigitta Hochuli

Herr Faude, der Diogenes-Verlag verzichtet angeblich aus Spargründen auf den Auftritt an der Frankfurter Buchmesse. Das haben Sie vor sechs Jahren ebenfalls beschlossen. Bei Diogenes sei die Frankenstärke der Grund, was war es bei Ihnen?

Ekkehard Faude: Was immer der Grund für Diogenes war: Die Leute vergessen, dass Diogenes Ende 70er oder Anfang 80er bereits für ein oder zwei Jahre die Frankfurter Messe aufgegeben hat. Damals meinte Daniel Keel schlichtweg: Der Aufwand, die verlorene Zeit sind zu gross. Bei Libelle war es - viel später - die Einsicht: Diese Messe ist für uns weniger interessant geworden, sie dreht sich nur noch um die Big Players. Das müssen wir nicht mitfinanzieren, nur um beim Vanity Fair mitzutanzen.

Jahrelang haben Sie aber zusammen mit Ihrer Frau Elisabeth Tschiemer das Privatauto mit Büchern bepackt und sind losgefahren. Was waren in dieser Zeit Ihre Frankfurter Highlights?

Ekkehard Faude: In den 80ern war es noch möglich, ein TV-Team aus Bayern, das am Nachbarstand mit einem bairischen Verlag drehte, auf eine Wissenschaftssatire mit (zufällig an bairischen Universitäten tätigen Autoren) aufmerksam zu machen. Am Messestand 2005 kam Bernadette Conrad vorbei, ich hatte gerade in der ZEIT ein vorzügliches Literatenporträt gelesen, und im Gespräch noch bot ich ihr an, ein erstes Buch mit ihr zu machen: "Nomaden im Herzen" erschien im Jahr danach. Bei unserem letzten Messeauftritt kamen zufällig drei starke Frauen gleichzeitig an unseren Stand, alle drei kannten wir seit langem: Petra Gerster, Ulrike Draesner, Angelika Overath. (Und jede von ihnen, in ihrer Sparte ja sehr bekannt, hat sich heimlich nach der Identität der anderen erkundigt.)

Sparen bei einem Verlag sei schwierig. Man könne nun mal nicht sparen, wenn man nicht bereit sei, auch auf Schönes zu verzichten, sagt gemäss NZZ die Diogenes-Mediensprecherin Ruth Geiger. Sehen Sie das auch so?

Ekkehard Faude: Diogenes ist ein Verlag, der einen viel grösseren Personalstab monatlich bezahlen muss. Sie haben dort, bei währungsbedingten Ausfällen, folglich andere Probleme, bei denen man von Aussen nicht raten kann. Die bewundernswert fähige Mediensprecherin Ruth Geiger schönt natürlich. Ich wüsste gern, wer nicht innerlich jauchzt bei Diogenes, dass ihnen der Stress der Messe, der die Arbeitskraft mehrerer Wochen auffrisst, nun erst mal erspart bleibt.

 

Ekkehard Faude

Ekkehard Faude, Jahrgang 1946, stabil aufgewachsen in Konstanz, dann Zickzack lebend; brach ein Studium der Evangelischen Theologie (Bethel/ Tübingen) ab, studierte Literaturwissenschaft/ Geschichte in Konstanz zuende, unterrichtete nebenbei am Kreuzlinger Lehrerseminar. Brach eine Diss über »Kindheit im Mittelalter« ab (und gab der Studienstiftung das Stipendium zurück); scherte 1976 aus dem Referendardienst für Deutsch und Geschichte aus und begann eine Buchhändlerlehre.
1977 von Daniel Keel zu einer kurzen Stage bei Diogenes eingeladen; das führte zwar zu keiner Stelle im Verlag, weckte aber die Lust am Büchermachen. 1979 Gründung des eigenen Verlags, der parallel zum langsam reduzierten Sortimenterberuf in einer Konstanzer Buchhandlung wuchs. Mehr zum Verlag Libelle in Lengwil und zur Verlagspartnerin und Ehefrau Elisabeth Tschiemer hier. (Bild Karsten Meyer)

 

Frankfurter Buchmesse vom 14. bis 18. Oktober

Libelle

Diogenes

 

 

www.nzz.ch

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