«Kabarett ist wie Slalomfahren»

Am Samstag eröffnen vier Thurgauer Kabarettisten und Schauspieler das Festival Kabarett in Kreuzlingen. Mit thurgaukultur.ch haben Thomas Götz, Markus Keller und Uwe Schuran über den Thurgau und gegenseitige Diebstähle gesprochen.
Thomas, Markus, Uwe – kanntet ihr einander bereits?
Thomas Götz: Markus hat mich quasi ins Theater berufen. Vor etwa 20 Jahren hab ich unter dem Regisseur Keller begonnen, Theater zu spielen.
Uwe Schuran: Ich durfte auch bereits eine Produktion mit Thomas machen. Aber im Theater stehen ja nicht die Funktionen im Zentrum, sondern das Team.
Kabarettistisch habt ihr aber noch nie zusammengearbeitet.
Schuran: Thomas ist ja der typische Solist, der alle Rollen selber spielen will, auch wenn's zu viele sind. Wir sind eher froh, wenn wir uns aufteilen können.
Götz: Vielleicht liegt's dran, dass ich alleine auf meine Ideen komme. Bei euch braucht's da zwei.
Markus Keller: Es liegt daran, dass ich selbst keinen Deutschen spielen kann. Deswegen brauche ich Uwe neben mir.
Kennt ihr eure Programme gegenseitig?
Alle: Ja.
Schuran: Ich sehe jede von Thomas Produktionen einmal, um zu sehen, welche neuen Ideen er hat. Und ein bisschen Stehlen tut man ja auch.
Was habt ihr denn schon voneinander gestohlen?
Keller: Das können wir so nicht verraten.
Schuran: Naja, wenn einem selber nichts mehr einfällt, sollte man eher aufhören, anstatt zu stehlen.
Die Themen, die ihr bearbeitet, überschneiden sich aber des Öfteren.
Keller: Im Thurgau stosst man rasch auf die selben Geschichten.
Schuran: Das ist so. Aber unser Umgang mit dem Material und das Resultat sind ziemlich unterschiedlich.
Götz: Am KIK steht ihr beiden ja vor mir auf der Bühne. Vielleicht muss ich dann ein paar Themen streichen, die ihr bereits behandelt habt.
KellerSchuran setzt dieses Mal den Fokus auf Kreuzlingen. Auf welche brennenden Themen seid ihr gestossen?
Keller: Alles brennt hier. Ganz Kreuzlingen brennt.
Schuran: Was genau, das verraten wir am Samstag. Und bis dahin kann noch einiges passieren.
Und eure Programme sind auch nicht bis ins letzte Detail ausgeplant, oder?
Schuran: Markus und ich verständigen uns eigentlich nur auf grobe Stichworte und Themen und lassen den Rest frei.
Götz: Und auch das Publikum ist ein Teil des Abends. Wenn Reaktionen kommen und ein Dialog entsteht, freut mich das sehr.
Keller: Das ist wie beim Slalomfahren. Du weisst: Du musst die Kurve kratzen. Nur den genauen Weg zur Kurve kennt man noch nicht.
Schuran: So kann vielleicht die eine oder andere Pointe verloren gehen. Aber wenn ungeplant etwas neues entsteht, ist das wunderbar.
Mit dem Thurgauer Abend widmet sich das KiK neu explizit der Kultur aus dem Kanton. Wie steht’s um die Kabarett-Szene im Thurgau?
Götz: Es geht einiges im Thurgau. Viele Kabarettisten treten hier auf, nur sind die meisten davon keine Thurgauer.
Keller: Deswegen musste ich auch Uwe aus Konstanz importieren.
Schuran: Der Kanton ist schlicht etwas klein.
Keller: Und das Genre ist im Thurgau noch etwas jünger. Die satirische Auseinandersetzung mit dem Alltag gab's zuvor eigentlich nur an den Schnitzelbänken während der Fasnacht. Und das war sehr lokal.
Woran liegt das? Sind die Thurgauer nicht witzig?
Keller: Vielleicht wäre es witziger hier, wenn der Kanton etwas katholischer wäre. Dann nähme man alles etwas ernster.
Schuran: Und ich würde mich selbst auch nicht als Kabarettisten bezeichnen. Ich versuche Geschichten zu erzählen, sie auseinanderzunehmen und neu zusammenzusetzen. Und wenn das die Leute unterhält, freut mich das.
Keller: Wir kommen auch alle aus dem Theater und sind eher Quer- und Späteinsteiger.
Was fasziniert euch denn am Genre, dass ihr damit begonnen habt?
Götz: Dass man auf der Bühne Querdenker spielen und Dinge sagen kann, die man ansonsten nicht öffentlich sagen würde.
Keller: Und dass wir eigentlich keine Ahnung haben, und die Zuschauer ebenfalls nicht. So kann man beginnen, alltägliche Dinge neu zu erfinden und neue Geschichten zu erzählen.
Welche Kabarettisten wollt ihr persönlich am KiK sehen?
Schuran: Wir müssen uns zuallererst noch einen Festivalpass besorgen, ansonsten fällt der Plan sowieso ins Wasser.
Götz: Wenn ich mich richtig erinnere, wurde uns einer versprochen.
Schuran: Hagen Rether ist natürlich sehr sehenswert.
Keller: Und ich möchte auch den Abend mit Fabian Unteregger besuchen. Und natürlich freue ich mich auch auf Jan Rutishauser.
Ihr habt gesagt, die Szene im Thurgau sei klein. Habt ihr ihn denn noch nicht gesehen?
Götz: Nein, leider noch nicht.
Keller: Ich habe ihn kurz getroffen, aber sein Programm kenne ich nur von Videoaufnahmen.
Schuran: Und ich weiss eigentlich nur, dass er zaubern kann.
Keller: Ich hoffe er präsentiert morgen den Trick mit dem weissen Hasen. Dann hat er mich im Sack.
Hat er nicht eher den Hasen im Sack?
Keller: Wenn er zaubert, dann setze ich mich gerne zum Hasen in den Sack.
Interview mit Jan Rutishauser
schriftlich geführt am 12. Februar 2016
Jan, kennst du deine Mitstreiter am Thurgauer Abend bereits? Hast du ihre Shows bereits besucht?
Ich kenne meine Mitstreiter bis jetzt nur privat, da wir Bühnenkünstler das schwere schwere Los haben, meistens zur gleichen Zeit arbeiten zu müssen. Aber das private Kennenlernen der drei kann ich nur empfehlen.
Wie steht's im Thurgau um die Kabarett-Szene?
Ich denke gut. Alleine schon dass wir ein Festival haben, um dass uns alle beneiden…
Im Gespräch gestern haben die anderen drei festgestellt: Es gibt wenig Kabarettisten im Kanton. Sind die Thurgauer nicht lustig?
Doch doch, natürlich sind wir lustig, aber vielleicht nennen sich heute viele, die früher in die Kabarett-Sparte gefallen wären, Poetry Slammer, Stand-Up Comedians oder Liedermacher.
Hast du ein kleines Spezialprogramm für den Anlass vorbereitet? Vielleicht mit Lokalbezug, wie KellerSchuran?
Ich erzähle meistens Geschichten aus meinem Leben, so ist der Lokalbezug wohl automatisch gegeben.
Gibt es bestimmte Künstler, die du während des KiK-Festivals unbedingt sehen willst?
Alle? Aber persönlich grossartig, weil auch ein wenig anders, finde ich Sebastian Krämer.
Wie fühlt es sich an, als relativ junger in der Szene bereits diverse Preise abgeräumt zu haben und nun am selben Festival wie Kabarettgrössen aufzutreten?
Es fühlt sich grossartig an. Und überrascht bin ich auch. Da ist sehr viel Respekt und Freude gleichzeitig in mir. Ich werde auf alle Fälle mein Bestes geben.
Am Samstag eröffnen KellerSchuran, Thomas Götz und Jan Rutishauser das Festival Kabarett in Kreuzlingen. Mehr Informationen und Tickets gibt’s unter www.kik-kreuzlingen.ch.
Was bleibt...
Nicht nur die Kabarettszene im Thurgau ist klein. Die gesamte Kulturszene im Kanton ist klein. Markus Keller und Uwe Schuran begegnet man als Frauenfelder rasch einmal: Ich sass bereits als Gast bei ihnen in der Late-Night-Show. Umso schöner ist es, dieses Mal die Fragen stellen zu können, statt von den beiden öffentlich verhört zu werden. Thomas Götz ist meinem Bekanntenkreis dank den Wahlplakaten seines Alter Egos Andreas Schnyder, dem «kleineren Übel» für Bern, ein Begriff geworden. Ein Freund war davon überzeugt, dass er den parteilosen Kandidaten unterstützen möchte: «So ehrlich ist doch ansonsten kein Politiker!»
David Nägeli
*** In unserer neuen Reihe "Was bleibt..." sammeln wir alle Eindrücke, Lehren, Gedankenschätze und auch kritische Beobachtungen, die unsere KorrespontentInnen von den Veranstaltugnen zurück mit in die Redaktion bringen.
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