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von Inka Grabowsky, 16.08.2016

Rosenegg: „Eine glückliche Fügung“

Rosenegg: „Eine glückliche Fügung“
Heidi Hofstetter vor ihrem zweiten Zuhause: dem Museum Rosenegg | © Inka Grabowsky

Noch bis Ende August ist im Kreuzlinger Museum Rosenegg die Jubiläumsschau „10 Jahre – 10 Künstler“ zu sehen. Es ist eine der letzten Ausstellungen, die die Leiterin Heidi Hofstetter verantwortet. Dass sie zu dieser Arbeit gekommen ist, bezeichnet sie als "glückliche Fügung".

Inka Grabowsky

2006 eröffnete das neu gegründete Museum Rosenegg. Zum zehnten Geburtstag hat sich das Haus etwas Spezielles geschenkt. Zehn Künstler integrieren ihre Werke in die bestehenden Ausstellungen. „Ich habe zehn bekannte Künstler aus der Region eingeladen - und alle haben zugesagt“, sagt Heidi Hofstetter, die Museumsleiterin.

Die Aufgabe, der sich die Maler und Plastiker stellten, war herausfordernd. Jedes gezeigte Werk sollte einen direkten Bezug zur „Rosenegg“ oder ihren Dauerausstellungen haben. Die Gruppe der Zehn traf sich einige Male im Haus, um die richtige Auswahl treffen zu können. Massgeblich daran beteiligt war der Kreuzlinger Künstler Phillippe Mahler, der auch selbst einige Werke beisteuert. „Ich musste nur gelegentlich bremsen“, so Heidi Hofstetter. In die Wände des gerade renovierten Altbaus darf kein zusätzlicher Nagel eingeschlagen werden. Gemälde lehnen an der Wand. Die Künstler haben einige mit passenden Podesten versehen.

Faszinierende Entdeckungsreise

Bilder und Skulpturen verstecken sich überall in Haus und Garten. Insbesondere im Altbau, in dem die Bilder in die Dauerausstellung über das ländliche Leben im Mittelalter integriert sind, hat man den Eindruck, sie seien immer schon dort gewesen. In der Küche gibt es kleine Gemälde von Seife, Milch und Schwamm. Am Besucher WC hängt nicht nur ein gemaltes Handtuch, sondern auch eine der „sanitären Reflektionen“ von Judit Viliger aus Steckborn.

„Es gab Rückmeldungen von Besuchern, die sich mehr Orientierung gewünscht hätten“, so Hofstetter, „aber ich finde es gerade gut. Im Altbau und im Keller muss man die Bilder aktiv suchen, sich ebenso wie die Künstler mit der Umgebung auseinander setzen und überlegen, warum dieses Werk nun ausgerechnet hier hängt.“ Mitunter stellt sich diese Frage nicht. Ede Mayer hat extra für die Ausstellung zwei grossformatige Gemälde von Museumsvitrinen angefertigt. Sie spiegeln jetzt die Realität und lassen Betrachter überlegen, wohin die Künstlerin ihr Augenmerk gelegt hatte.



Gemalte Wirklichkeit: für die Ausstellung massgeschneidert von Ede Mayer. Bild: inka

 

Auch die drei beleuchteten Stelen aus Styropor mit dem Titel „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ von Judit Viliger konnten einfach nur im Souterrain stehen. Im Nachbarraum, mitten in der Ausstellung „Hüben und drüben“, hängt das Foto „Unbehagen“ von Markus Brenner aus Konstanz hinter dem alten Grenzzaun und holt das Museumsstück zurück in die Gegenwart. Dauerausstellung und Kunstausstellung profitieren gegenseitig voneinander.


Der alte Grenzzaun wird aktualisiert durch „Unbehagen“ von Markus Brenner. Bild: inka

 

Besonders offensichtlich wird der Bezug von Werken und Ausstellungsort bei den Tafel-Bildern, die Phillippe Mahler und Christian Lippuner zur Verfügung gestellt haben. Einige hängen im Erdgeschoss, in dem sich vor dem Umbau vor zehn Jahren ein Kindergarten befand. Andere hängen im früheren Schulzimmer im ersten Stock. Für Heidi Hofstetter ist das ein besonderer Anblick, denn lange vor ihrer Karriere als Museumsleiterin war sie im Schulhaus Rosenegg Lehrerin. „Genau hier hat früher wirklich die Wandtafel gehangen.“ Nicht nur das erinnert sie an ihre eigene Vergangenheit. „Judit Viliger, die heute selbst an der Zürcher Hochschule der Künste lehrt, war an der Pädagogischen Maturitätsschule (PMS) eine meiner Schülerinnen - allerdings nicht in Kunst, sondern in Didaktik.“


Eine Wandtafel wie in alten Schulzeiten, das Tafelbild von Christian Lippuner. Bild: inka

 

In die Welt der Kunst und des Museumsbetriebes ist Heidi Hofstetter vor zehn Jahren hineingerutscht. „Das Heimatmuseum gab es schon, als ich hier Lehrerin war. Und selbstverständlich war ich im Trägerverein Mitglied, später auch Präsidentin. Deshalb sprang ich ein, als eine Woche vor meinem letzten Arbeitstag als Lehrerin an der PMS das Geld für den Umbau der Schule Rosenegg in ein Museum Rosenegg gesprochen wurde. Es war einfach eine glückliche Fügung.“ Glück habe sie auch weiterhin gehabt, so die passionierte Wissensvermittlerin. „Ich wurde immer unterstützt. Es gibt ein Team vom Menschen, die mit mir gemeinsam das Museum am Laufen halten.“

40 Ausstellungen gemeinsam organisiert

Besonders wichtig ist für sie die Hilfe ihres Mannes Ernst Hofstetter, der unter anderem für den Internetauftritt und die Grafik des Museums zuständig ist. Gemeinsam haben sie rund 40 Sonderausstellungen organisiert. Zwei sind der Museumsleiterin besonders in Erinnerung, weil so grosse Publikumserfolge waren: „St. Ulrich in Flammen“ zog 2013 ähnlich viele Besucher an wie die illustrierten Sprichwörter unter dem Titel „Schwein gehabt“ 2015. „Diese Ausstellung haben wir danach sogar weiterverkaufen können. Insofern war sie doppelt bemerkenswert.“

Die 74-Jährige will es nach ihrer nun anstehenden zweiten Pensionierung etwas ruhiger angehen lassen. „Der Terminkalender soll nicht mehr ganz so voll sein“, sagt sie. „Aber mir wird schon einfallen, wie ich der Gesellschaft noch etwas zurückgeben kann.“

***

Die Ausstellung „10 Jahre – 10 Künstler“ läuft noch bis zum 28. August, geöffnet ist sie jeweils freitags und sonntags am Nachmittag und mittwochs am Abend.

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