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Hoffnung auf Happy End

Hoffnung auf Happy End
Zwei Mütter des Erfolgs im Kino Roxy (von links): Vreni Schawalder, Präsidentin des Vereins Feines Kino, und Andrea Röst, Geschäftsführerin des Roxy. | © Michael Lünstroth

Vor fast 5 Jahren hat das Kino Roxy in Romanshorn seinen neuen Saal eröffnet. Bislang ist das Projekt eine Erfolgsgeschichte. Die Finanzsorgen der Stadt könnten jetzt aber auch das Filmhaus in Bedrängnis bringen.

Von Michael Lünstroth

Eigentlich ist das eine Geschichte, die es so gar nicht geben dürfte. Landauf landab werden ambitionierte Programmkinos geschlossen. Nur in Romanshorn läuft es seit fast 5 Jahren anders herum. Das im März 2013 mit renoviertem Saal und runderneuerter Technik wieder eröffnete Roxy wächst und wächst. Die Vorgaben aus der Leistungsvereinbarung mit der Stadt aus dem Jahr 2012 hatten die Verantwortlichen bereits Ende 2016 übererfüllt: Statt der geforderten 100 gab es 300 Vorstellungen im Jahr, statt 2500 Eintritte gab es Ende 2016 12 000 Eintritte und die Zahl der Vereinsmitglieder liegt nicht bei 200 (wie von der Stadt gewünscht), sondern bei 920. Wie kann das sein? Was machen die Menschen, die hinter dem Roxy stehen besser als andere Programmkino-Macher?

Diese Frage muss man weiterreichen an Andrea Röst, hauptamtliche Geschäftsführerin des Roxy, und Vreni Schawalder, Präsidentin des Vereins Feines Kino, der das Filmhaus betreibt. Frau Röst, was ist Ihr Erfolgsgeheimnis? „Der Ort spielt sicher eine grosse Rolle. Das Roxy ist einfach ein sehr schönes Kino. Dazu kommt, dass eine ganz spezielle Atmosphäre bei uns herrscht. Mit dem Charakter des Roxy kann man die Menschen begeistern.“ Eine wichtige Rolle spiele aber auch die breite Basis, die das Kino von Anfang an hatte und die vielen ehrenamtlichen Kräfte, ohne die der Betrieb nicht möglich wäre: 40 freiwillige Helferinnen und Helfer kümmern sich leidenschaftlich um ihr Kino. „Sie leisteten 2016, zusammen mit dem Vorstand, über 5000 Stunden unentgeltliche Arbeit“, erklärt Präsidentin Vreni Schawalder. Tatsächlich hat der Ort in der Salmsacherstrasse 1 Kino-Tradition: Schon 1920 wurde an dieser Stelle das erste Kino der Stadt, das Orpheum, errichtet.

Ein Erfolgsgeheimnis: Das Kino ist ein Treffpunkt

In den vergangenen Jahren ist das Programm immer weiter ausgebaut worden. Heute kann man im Roxy von Dienstag bis Sonntag Filme sehen. Das Kino hat ein klares Profil, vielleicht auch deshalb ist es so erfolgreich. Dienstag und Mittwoch gibt es Arthousekino mit unabhängigen Filmen aus aller Welt, in Originalversion und deutschen oder französischen Untertiteln. Das Wochenende, zumindest Freitag und Samstag gibt es Unterhaltungsfilme, mal in der synchronisierten deutschen Fassung, mal in der Originalversion. „Wir setzen auf Vielseitigkeit und stellen das Programm bewusst so breit auf. Das einzige, was wir nicht zeigen, sind Gewalt verherrlichende Filme und auch die ganz grossen Blockbuster sind eher für Multiplexkinos als für uns“, sagt Andrea Röst. Neben dem regelmässigen Programm gibt es auch Sonderveranstaltungen. Zum Beispiel zwei Mal im Monat Kinder- oder Familienvorstellungen an einem Sonntag oder Regisseurbesuche sowie thematisch zu Filmen passende Diskussionen und Vorträge. Das Roxy ist längst nicht mehr nur Filmabspielstätte, sondern ein Treffpunkt geworden.

Dass sich das Kino so entwickeln würde, war vor einigen Jahren auch noch nicht abzusehen. Wie viele kleine Kinos stand auch das Roxy vor dem Aus. Ohne technische Aufrüstung hätte das Haus die Digitalisierung nicht überlebt. „Wir wollten nicht jammern, wenn das Kino weg ist, sondern  rechtzeitig agieren und lieber gestalten“, sagt Geschäftsführerin Röst. 2011 wurde aus der bislang lose bestehenden "Interessengemeinschaft für feines Kino" der Verein Feines Kino. Mit dem klaren Ziel, die Digitalisierung zu ermöglichen und den Betrieb des Roxy zu übernehmen. Das Konzept überzeugte die Stadt und seither liegen die Geschicke des Kinos in den Händen des Vereins. Und der musste sich erstmal um die Erneuerung der technischen Infrastruktur kümmern. 

Die Salmsacherstrasse 1 ist traditioneller Kino-Ort in Romanshorn. 1920 wurde hier das Orpheum gebaut, heute steht hier das Roxy. Bild: Michael Lünstroth

Gemeinsam sind sie diese Digitalisierung angegangen und konnten sie auch dank Geldern von Bund, Kanton, Stadt und privaten Spendern umsetzen. Heute hat das Roxy eine moderne Vorführanlage und bietet Platz für bis zu 200 Besucher pro Vorstellung. „Mittlerweile kommen sogar Besucher aus Konstanz, um Filme in schöner Atmosphäre zu sehen“, freut sich Vereinspräsidentin Vreni Schawalder. Inspiriert zu der Kinoarbeit wurden die Roxy-Verantwortlichen von Kollegen aus der Region: "Das Frauenfelder Cinema Luna und das St. Galler KinoK sind unsere bewundernswerten Vorbilder", sagt die Präsidentin. Für den Besuchererfolg haben alle Beteiligten intensiv gearbeitet. „Wir haben gute Filme gebracht, unsere Besucher informiert und zuverlässig kommuniziert. Das danken sie uns mit Treue“, freut sich Schawalder.

Die Stadt muss sparen - auch beim Roxy?

Diese Treue ist in diesen Tagen wieder besonders wichtig. Denn trotz aller Erfolgsmeldungen rund um das Roxy, zogen in den vergangenen Monaten auch hier dunkle Wolken auf. Die Finanzsorgen der Stadt - Romanshorn muss in den kommenden Jahren fast 2 Millionen Franken sparen - könnten auch das ambitionierte Kinoprojekt betreffen. Stadtpräsident David H. Bon hatte im Frühjahr jedenfalls alle Ausgaben der Stadt zur Disposition gestellt. Bislang unterstützt die Gemeinde das Roxy durch die Zurverfügungstellung des Gebäudes und den Unterhalt. Das machte im Jahr bislang einen Betrag von 50 000 Franken aus. Ob es dabei bleibt, steht in den Sternen. „Wir verhandeln noch mit der Stadt darüber“, erklärt Vreni Schawalder auf Nachfrage zum aktuellen Stand in der Sache. Klar ist: Sollte diese Förderung wegfallen, dürfte das auch Auswirkungen auf das Programm haben. Aber so weit ist es noch nicht - und es gibt erste, vorsichtig positive Signale: In den Unterlagen des Stadtrats zur allgemeinen Budgetberatung finden sich keine Hinweise auf Streichungen beim Roxy. Verabschiedet wird das Sparprogramm allerdings erst Anfang November bei einer Gemeindeversammlung. 

So bleibt die Hoffnung, dass eines der bemerkenswertesten Kino-Projekte der Ost-Schweiz auch in den kommenden Jahren erhalten bleibt. Vielleicht lernt Romanshorn ja von den anderen Städten: Wo Kinos eingespart wurden, kamen sie nicht wieder. 

Das aktuelle Programm im Roxy gibt es hier: http://www.kino-roxy.ch/programm.html 

Video: Samantha Zaugg hat von einer ungewöhnlichen Premiere im Roxy dieses Video mitgebracht

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