03.05.2011
Kulis KulThurbetrachtungen

Es ist überstanden. Bis ins letzte Detail durften wir uns die britische Hochzeit schildern lassen, haben mitgelitten bis zum finalen, spröden Kuss. Eine Bilderflut, begleitet von sprachlichen Kaskaden unnachahmlicher Schrägheit, ergoss sich über dahin schmelzende Royalistinnen und einige Männer, die sich vor die Glotze verirrt hatten.
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Leider fand das Grossereignis ausser in der Kirche unter Ausschluss der Kultur statt, die Königshäuser feiern sich weiterhin lieber in den Klatschspalten. Anders als beim Fussball (einem von der Kultur neu entdeckten und heiss geliebten Feld) stehen unsere heimischen Wortakrobaten und Bildarbeiterinnen beim royalen Spektakel stumm und unbemerkt im Abseits.
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Dabei würde ein solches Medienereignis den Kulturschaffenden ungeahnte Möglichkeiten eröffnen, um sich und ihre Arbeit einem breiten Publikum zu präsentieren: Mit Lesungen von Liebesgeschichten im Thurbo oder auf dem Seerücken, einer Video-Installation mit Kussszenen in der Kunsthalle Arbon, gekrönten Häuptern aus der Sicht naiver Künstler im Kunstmuseum in der Kartause, einem englischen Punkkonzert im Eisenwerk, einem Public-Viewing in Kreuzlingen am See, kommentiert von Thurgauer Slammern, oder mit einer Massenhochzeit im Theaterhaus Weinfelden, betreut vom unverwüstlichen Napoleondarsteller Thomas Götz.
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Diese Chancen – wie schon so viele davor – wurden vertan. Die KulThur steht tatenlos am Rande, allenfalls behauptet die eine oder der andere mehr oder weniger glaubhaft, man habe nie und nichts von William und Kate gewusst. - Na ja, gut gelogen ist auch eine Kunst!
Kuli
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P.S.
thurgaukultur.ch bringt ab heute in loser Abfolge die Kolumne „Kulis KulThurbetrachtungen“. Wir hoffen, liebe Leserin, lieber Leser, dass Sie Ihre Freude daran haben werden. „Kuli“ ist ein Pseudonym, hinter dem sich eine schreibende Thurgauer Persönlichkeit verbirgt. Kuli assoziiert sich nicht nur mit der spitzigen Mine eines Kugelschreibers, sondern selbstverständlich auch mit der KulThur! (red.)