von Brigitta Hochuli, 09.09.2013
Peter Stamm
Brigitta Hochuli
Unser Thurgauer Schriftsteller Peter Stamm legt mit „Nacht ist der Tag“ einen neuen Roman vor. Er tut mir fast ein wenig leid. Denn die Kritik geht hart mit dem Erfolgsverwöhnten um. Ich habe bisher nur Verrisse gesehen und mich deshalb aufgemacht, dagegen anzulesen.
Eine Frau verliert bei einem Unfall nicht nur ihren Ehemann, sondern auch ihr Gesicht. Ein viel versprechender Plot, dessen Erfüllung sich hinzieht, bis ab Seite 164 Künstler und Dozent Hubert so richtig ins Spiel kommt. In einem Kulturzentrum am Inn – vorstellbar ist das Zentrum für Gegenwartskunst Nairs bei Scuol GR – soll er eine Ausstellung ausrichten, hat aber keine Idee. Eine Lokaljournalistin attestiert ihm fälschlicherweise Reife und Spiritualität; seine Biografie schreibt sie samt Fehlern aus Wikipedia ab. Erst in letzter Sekunde vor Vernissagetermin will der Geplagte für die Ausstellung neben Sockeln Überreste von Rinden und Fasern platzieren. Es kommt wie es kommen muss, es wird ihm eine junge Künstlerin vor die Nase gesetzt, die leere Schwimmbäder fotografiert. Im Clubhotel neben dem Kulturzentrum finden Piratenpartys und Sennentheaterabende statt. Dort gibt Hubert den begeisterten Gästen schliesslich Zeichenkurse.
Das alles ist köstlich gegen den gängigen Kulturbetrieb formuliert. Allein schon deshalb lohnt es sich, das Buch zur Hand zu nehmen. Und versprochen: Es gibt ein Happy End! Wenn auch ohne Hubert.
Die Veranstaltung mit Peter Stamm am 11. Spetember in der Kantonsbibliothek war ausverkauft! Wie den vielen Besucherinnen und Besuchern das neue Buch wohl gefallen hat? Hier gibt es die Gelegenheit, davon zu berichten…
Kommentare zu «Peter Stamm»
Simone Hotz | 10.09.2013, 09.40 Uhr
Brrr… kalt ist der Tag, dachte ich am sonnigen warmen 25. Juli, als ich den “frischen” Stamm im kühlen Speisewagen mit einer heissen Schoggi geniessen wollte, auf S. 64 steckte ich das Buch wieder in die Tasche.
Brr… kalt wird es beim Warten, dachte ich letzten Freitag beim Stehen in der “queue” vor der Royal Albert Hall, zog aus dem Rucksack den Stamm wie eine Hausaufgabe und wurde beim Lesen wärmer und wärmer. Ob es auch an der Musik von Bach, an der besonderen Stimmung der Proms-Besucher, die für einen Stehplatz Stunden anstehen, oder an Stamm liegt, ich habe das Buch in der Tube nach dem Konzertabend noch zu Ende gelesen und mich mit ihm “versöhnt”.
Bernhard Bertelmann | 10.09.2013, 16.53 Uhr
Mir ist es ein bisschen wie Simone gegangen: Ich habe das Buch eher aus Pflichtgefühl in die Hände genommen und habe es dann auf einer Zugreise nach Linz durchgelesen. Ich verstehe die Kritiken nicht ganz. Das Buch ist leicht zu lesen und übt einen ganz eigenen Zauber aus, so dass man am Schluss vielleicht nicht mit Antworten aber mit Fragen dasteht. Mir hat’s gefallen!
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