von Inka Grabowsky, 30.06.2015
Street Art an Klostermauern

Die vier besten Matura-Arbeiten an der Pädagogischen Maturitätsschule Kreuzlingen stammen in diesem Jahr von Kulturschaffenden. Laura Schoch hat sich für die Prüfung in Street Art bewiesen.
Inka Grabowsky
„Street Art hat mich immer fasziniert“, sagt die 19-jährige Frauenfelderin. „Beim Zugfahren habe ich mitunter schon das Können der illegalen Sprayer bewundert – auch wenn bestimmt nicht alles super ist.“ "Graffitis" nennt der Laie all diese Wandbilder. Die Expertin weiss, dass dieser Begriff nur für die Schriftzüge gilt. Die Grenze zwischen Kunst und Schmiererei sei für sie auch jetzt, nachdem sie sich rund ein Jahr mit dem Thema befasst hat, schwer zu ziehen.
Laura Schoch mit der fertigen Arbeit in der Gemeinschaftsküche des PMS-Wohnheims. (Bild: Inka Grabowsky)
„Street Art ist eine Bewegung, die noch nicht abgeschlossen ist. Am Anfang gab es quasi nur Schmierereien – Krakel in der U-Bahn in New York. Inzwischen ist die Street Art vielfältiger und aufwendiger. Die Krakel sind als ‚tags’ nun die Künstlersignaturen. Ein ‚tag’ allein hat für mich persönlich keinen grossen künstlerischen Wert.“
Mit anderen Augen
Nach ihrer Auseinandersetzung mit der Kunstform geht die Maturandin mit anderen Augen durch die Strassen. „Heute weiss ich, was hinter Street Art-Werken steht, wie sie entstanden sind und kann die Schriftzüge leichter entziffern. Ich kann mir nun eine fundiertere Meinung erlauben.“
Das Wissen über Street Art hat sie in einer umfassenden Arbeit niedergelegt. Doch sie wollte sich dem Thema auch praktisch nähern und selbst ein Kunstwerk schaffen.
Nach dem Anfertigen der Schablone...
... und Probeläufen...
Sie beschäftigte sich eingehend mit der Technik „Stencil“. Im Zeichenunterricht hatte sie erste Erfahrungen damit gemacht. Ein etablierter Stencil-Künstler erlaubte ihr nähere Einblicke. „Mir gefiel die schlichte, reduzierte Form, die eine hohe plastische Wirkung haben kann.“ Bei der Technik verwendet der Sprayer Schablonen, mit denen er ein Bild mehrfach reproduzieren kann. Dafür muss er allerdings viel Arbeit im Vorfeld investieren. Um die Vorlage zu schaffen, inszenierte Laura ein Fotomotiv, bearbeitete es im Computer und zeichnete es mit der Hand nach.
... gilt es ernst: Laura Schoch bei der Arbeit.
Freude an der Freude anderer
Die Schlablonen-Technik hat einen erfreulichen Nebeneffekt: Bevor man es an die Wand bringt, sieht man in den Entwürfen und Probe-Sprühungen, was später entsteht. Das könnte der Konviktsleitung, die Laura die Erlaubnis gab, ihr Bild an die Wand der Gemeinschaftsküche zu sprayen, die Entscheidung ein wenig erleichtert haben. „Ich wohne selbst im Konvikt und fand die Wand gegenüber des Esstisches stets etwas kahl. Insofern freut es mich, dass ich sie verzieren durfte. Und es freut mich besonders, dass mein Werk auch den anderen Bewohnern gefällt.“
Und so sah das fertige Werk vor der Enthüllung aus. (Bilder: zVg)
Hobby, kein Beruf
Die Arbeit hat tatsächlich noch weitergehendes Echo ausgelöst. Einen zweiten Auftrag, eine Wand zu verschönern, hat Laura Schoch schon bekommen. Sie betrachtet das als schöne Anerkennung, dennoch soll Street Art ein Hobby bleiben und kein Beruf werden. „Als Künstler muss man doch sehr viel Persönliches von sich preisgeben. Solange ich in meiner Freizeit male, muss ich mich keinen Vorschriften und keiner Kritik unterwerfen. Deshalb gehe ich wie geplant an die Pädagogische Hochschule und bereite mich auf den Lehrerberuf vor.“
In einer Serie porträtiert thurgaukultur.ch die Preisträgerinnen und Preisträger der besten Matura-Arbeiten 2015 an der PMS, ausgezeichnet durch die Stiftung Jugendförderung Thurgau. Es sind: Jasmina Wetz, Laura Schoch, Jonathan Sachweh und Manuel Krömler (Bild: Inka Grabowsky).
***
Bisher erschienen:
Jonathan Sachweh: Die Rock-Matura - thurgaukultur.ch vom 29.06.2015
***
Das Campus-Konzert - thurgaukultur.ch vom 13.06.2015

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