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von Zora Debrunner, 07.08.2015

In Hagenwil sein ist alles

In Hagenwil sein ist alles
Wie könnte Jacks Vater wohl geheissen haben? Das Ensemble um Florian Rexer zeigte sich an der Premiere von Oscar Wildes «Ernst sein ist alles, oder Bunbury» in bester Spiellaune. | © Sascha Erni

Seit 2010 finden die Schlossfestspiele in der traumhaften Atmosphäre des Wasserschlosses Hagenwil statt. Vom 6. bis 29. August 2015 werden Theaterfreunde mit „Ernst sein ist alles oder Bunbury“ und „Der gestiefelte Kater“ unter der bewährten Regie Florian Rexers beglückt.

Zora Debrunner

Die Stimmung am Abend der Premiere ist erwartungsvoll-locker. Man wähnt sich eher an einer Familienfeier als an einem Theaterabend. Das mag daran liegen, dass das Publikum unversnobt und in Verbundenheit zum Ensemble daher kommt. Im Vorbeigehen höre ich mehr als einen Gast, der sich mit Freude an vergangene Premierenabende zurückerinnert. Mir fährt durch den Kopf: das ist „unser“ Theater.

Rasen nicht betreten? So ernst war die Lage bei «Bunbury» dann doch wieder nicht. (Bilder: Sascha Erni)

Das Publikum ist vielfältig und illuster. In der ersten Reihe sitzen Nationalrat Christian Lohr, der St. Galler Regierungsrat Martin Klöti mit Partner und Alt-Regierungsrat Bernhard Koch. Begeistert zeigen sich auch Regierungsrat Jakob Stark mit Gattin und Walter Andreas Müller, sozusagen die Göttis der Truppe, über die Aufführung des Stücks nach Oscar Wilde.

Pfadfinder unter der gestrengen Leitung von Miss Kensington (Rahel Roy) dienten als roter Helfer-Faden durchs Stück. 


Leicht und luftig geht „Ernst sein ist alles oder Bunbury“ (in Wildes Original „The Importance of Being Earnest“) über die Bühne. Die beiden Freunde Algernon und John beichten sich gegenseitig, wie sie ihren jeweiligen gesellschaftlichen Verpflichtungen entkommen können: Algernon hat längst einen kranken Freund namens Bunbury auf dem Lande erfunden, John einen Bruder mit schlechten Charakter, Ernst, der regelmässige Besuche in London nötig macht. Dass sich dann die beiden Junggesellen ausgerechnet in zwei Damen verlieben, deren höchstes Eheideal ein Gatte mit dem Namen „Ernst“ ist, trägt zur weiteren Verwirrung bei. Wer darf Ernst sein, und wie lange wird Bunbury überleben können?

Ein Ensemble in Spiellaune


Gwendolen (eine herrlich aufbrausende Marina Santella) ist hoffnungslos in Jack (als gelungener Ersatz für den erkrankten Jan Opderbeck: Falk Döhler) verliebt. Aber ist er auch Ernst genug?


Alexandre Pelichet erfreut als herrlich versnobter Algernon, den nichts und niemanden, bis auf die schöne Cecily (Ramona Fattini), erschüttern kann. Er bewegt sich wie ein Panther und weicht elegant leeren Champagnerflaschen und geschliffenen Redeattacken aus. Falk Döhler gibt einen leidenschaftlichen John, der in Liebe zur altjüngferlichen, aber nicht minder attraktiven Gwendolen (Marina Santella) entbrennt. Sein Auftritt begeistert umso mehr, als wir am Ende der Aufführung erfahren, dass er kurzfristig für den erkrankten Jan Opderbeck eingesprungen ist – Döhler hatte gerade einmal zwei Tage Zeit, zu John/Jack zu werden.

Bunburysierend: Algernon (ein grossartiger Alexandre Pelichet) stellt Jacks Mündel Cecily (Ramona Fattini) nach.

Rafael Luca Oliveira spielt Lane, den Butler, mit einer solchen Ehrwürdigkeit und britischer Steifheit, dass der Zuschauer fast Nackenschmerzen kriegt. Die sehr standesbewusste Lady Bracknell, Mutter von Gwendolen, wird von Doris Haudenschild gespielt. Es ist ein wahres Vergnügen, ihr beim Aussprechen von versteckten Bosheiten zuzusehen. Ihre Augen strahlen dabei. Und wirklich jeder im Saal gönnt ihr im Anschluss an die Aufführung die Ehrung für ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum.

Besuch der alten Dame: Lady Bracknell (Doris Haudenschild, an der Premiere für ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum geehrt) mit Butler Lane (der letztjährige «Romeo» Rafael Luca Oliveira).


Alles in Bread'n'Butter

Neben dem kulturellen kommt bei den Schlossfestspielen Hagenwil aber auch der kulinarische Genuss nicht zu kurz. Schlossherr Andi Angehrn komponierte das diesjährige Schlossfestspiel-Menü, das sich nicht nur sehen, vor allem geniessen lässt: Da trifft eine zarte Chicken-Pie auf einen mit Blüten verzierten Sommersalat, Roastbeef bzw. Entrecote auf eine zarte Whiskeysauce. Der Bread'n'Butter Pudding mit feiner Johannisbeer-Joghurtglacé schliesst das wunderbare Menü ab.

dinner

Wie jedes Jahr servierten die Gastgeber Melody und Andi Angehrn ein passendes Dinner.

Zum Ende der Premiere spricht Regierungsrat Jakob Stark den Zuschauern aus dem Herzen, wenn er fordert, dass sich die (Thurgauer) Wirtschaft vermehrt für Kultur einsetzen soll. Wenn am Ende Festspiele wie jene in Hagenwil daraus entstehen, profitieren alle davon.

Oscar Wildes «Ernst sein ist alles oder Bunbury» diente wohl nicht ohne Grund als Inspiration für viele Screwball-Filme des frühen 20. Jahrhunderts.

Verlosung

Wir verlosen 2 x 2 Tickets für "Ernst sein ist alles oder Burnbury" am 22. August 2015.

 

Teilnahme:


Senden Sie eine E-Mail mit dem Betreff "Bunbury" und Ihrem vollständigen Namen und Adresse an verlosung@thurgaukultur.ch

 

Teilnahmeschluss:


Mittwoch, 19. August 2015, 12.00 Uhr
Die Gewinner werden per E-Mail informiert.
Der Rechtsweg ist ausgschlossen.

 

Wir bedanken uns herzlich bei den Schlossfestspielen Hagenwil für die Zusammenarbeit!

 

***

Mehr zum Thema:

Liebe! Tragödie! Grosses Kino! - thurgaukultur.ch vom 07.08.2014

 

Offizielle Website der Schlossfestspiele Hagenwil mit Informationen zu Tickets und Spielterminen.

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