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15.04.2016

Reise ins Athosland

Reise ins Athosland
v.l.n.r.:  Markus Landert, Museumsdirektor, Michael Golz, Künstler, Christiane Jeckelmann, Kuratorin, Therese Schafstall, Museumsmitarbeitern. | © Kunstmuseum Thurgau

Die Ausstellung von Michael Golz im Kunstmuseum Thurgau erlaubt zum ersten Mal überhaupt einen tieferen Einblick in dessen faszinierendes Universum zwischen Realität und Phantasie. Zu sehen in Ittingen bis 30. Oktober.

Der 1957 geborene Michael Golz hat im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine fiktive Parallelwelt zur real existierenden Wirklichkeit geschaffen. Seine Vision von Athosland macht er mit Hilfe einer riesengrossen Landkarte, mit Hunderten von Städte- und Dorfansichten sowie phantasievollen Reiseerzählungen sichtbar. Die Ausstellung «Michael Golz. Reise ins Athosland» im Kunstmuseum Thurgau erlaubt zum ersten Mal überhaupt einen tieferen Einblick in dieses faszinierende Universum zwischen Realität und Phantasie.

Ursprung im kindlichen Spiel

Die Phantasiewelt Athosland ist ein Lebenswerk, das längst die Grenzen jeder Überschaubarkeit gesprengt hat. Die Wurzeln dieses phantastischen Unternehmens gründen in den 1960er-Jahren, als Michael Golz zusammen mit seinem Bruder Wulf aus einem kindlichen Spiel heraus begann, eine fiktive Welt zu erschaffen. Seither haben die beiden diese imaginäre Welt stetig weiterentwickelt.

Das Kernstück dieser aussergewöhnlichen Phantasterei ist eine ständig wachsende Landkarte, die heute rund 14 x17 Meter misst. Im Kern liegt die Hauptstadt Athos, um sie herum die Städte Honne und Kindermann, eingebettet in die Wacholderwüste oder das Engstlichgebirge. Wie jedes Kartenwerk wird auch die Athoskarte immer wieder aktualisiert. So ersetzte Golz den alten Flughafen von Athos und verschob ihn an einen neuen Standort. Die Altstadt wurde einer «Restaurierung » unterzogen und es wurden neu gebaute Hochhäuser eingefügt. Der Künstler realisiert solche Veränderungen, indem er Teile der Karte mit einer neuen Version überklebt.

Beziehungen dokumentiert

Die Karte wird ergänzt durch Hunderte von Zeichnungen, die Ansichten der einzelnen Orte zeigen. Die Farbstiftzeichnungen, teilweise mit Filzstift gehöht, geben eine genaue Vorstellung davon, wie es in Athosland aussieht. Sie sind beschriftet und geographisch eindeutig zugeordnet. Da gibt es zum Beispiel Bad Martin südlich von Bad Hartwich, eine etwas grössere Stadt mit einem Kurbad, oder das Dorf Lamour mit einem idyllischen Flussbadestrand. Von der Grossstadt mit modernen Hochhäusern, vielen Verkaufsläden und Bars über das bäuerliche Dorf mit Riegelhäusern und familiären Gästehäusern bis zur fast unberührten Landschaft mit sehenswürdigem Schloss finden sich in Athosland alle menschlichen Siedlungsformen. Die Städtenamen sind Phantasieprodukte, in denen Michael Golz seine Beziehungen dokumentiert. So setzt er etwa in St.André Karraschhausen seinem Betreuer André Karrasch ein Denkmal.

Michael Golz: Landkarte von Athosland, Detail von Teilstück "Honne Mitte/West", 1977-heute. Foto: Mirjam Wanner

 

Wichtiger Bestandteil der imaginären Welt von Michael Golz ist eine Serie von Ordnern, die der Künstler als Ifichen Mem’s Ferien Mappen bezeichnet. Darin erzählt er in Bildergeschichten von Ereignissen und Reisen durch Athosland, das bevölkert ist mit fremdartigen Lebewesen. Da tummeln sich neben den Ifichen zum Beispiel Ängstlichenzähne, Brucktiere, Putzviecher, Autobahn-Schlangen oder Ziehdinger, die allerlei nettere oder garstigere Eigenschaften aufweisen. Für diese Erzählungen hat Michael Golz im Verlauf der Jahre ein ganz eigenes Idiom, die «Ifichensprache», entwickelt. Diese frei erfundene Lautsprache ahmt Geräusche nach und zeugt von grosser Kreativität, von Erzähllust und einer fröhlichen Missachtung mancher Sprachkonventionen, die seine Ausführungen bis hin zur Unverständlichkeit führen.

Kern der Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau ist eine raumfüllende Inszenierung der monumentalen Karte von Michael Golz. In weiteren Räumen geben eine Auswahl von Stadt- und Dorfansichten einen vertieften Einblick in das Leben in Athosland. Ebenso werden die «Mappen» von Micheal Golz zu sehen sein. Eine Publikation erschliesst dieses monumentale Gesamtkunstwerk und gibt vertieften Einblick in die einzigartige Phantasiewelt von Michael Golz. (pd)

***

Michael Golz. Reise ins Athosland, Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau, Kartause Ittingen, 17. April- 30. Oktober 2016. Die Ausstellung wird erarbeitet in Zusammenarbeit mit der Galerie ART CRU in Berlin und wird 2017 in der Collection de l’Art Brut in Lausanne gezeigt.

 

Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung

- So 17. April 2016, 11.30 Uhr
Vernissage: Michael Golz. Reise ins Athosland



- Mi 20. April 2016, 17 Uhr 
Einführung für Lehrpersonen und Interessierte in die Ausstellung "Michael Golz". Anmeldung bitte bis Dienstag,19. April an sekretariat.kunstmuseum[at]tg.ch oder 058 345 10 60


- 
Fr 22. April 2016, 19 Uhr 
Freakstars 3000. Ein Film von Christoph Schlingensief im Cinema Luna, Frauenfeld. Einführung von Markus Landert



- Mi 21. September 2016, 14-16 Uhr 
Schöne, neue Welt - Stadtträume. Workshop für Kinder ab 6 Jahren mit Nicole Oswald-Strässle. Anmeldung bitte an sekretariat.kunstmuseum[at]tg.ch oder 058 345 10 60


- 
Di 4. Oktober 2016, 18 Uhr 
Feierabend im Museum: Innovation und Grenzüberschreitung. Vortrag aus der Serie "Kunst einfach erklärt" von Markus Landert

 

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