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von Brigitta Hochuli, 13.09.2013

René Munz: Stratege mit Herzblut

René Munz: Stratege mit Herzblut
René Munz bei einem Vernissagebesuch im Kunstmuseum Thurgau | © Brigitta Hochuli

Elf Jahre lang war René Munz der erste Kulturamtschef des Kantons Thurgau. Jetzt wechselt er nach Zürich. thurgaukultur.ch hat Weggefährtinnen und Weggefährten nach Lob und Tadel, Reminiszenzen und Wünschen gefragt. (ho)

Unser einst eher karge Kulturboden im Thurgau wurde durch das professionelle Wirken von René Munz sukksessiv zu einem fruchtbaren Boden entwickelt. Mit der Erarbeitung eines Kulturkonzepts wurden unter seiner Federführung transparente Entwicklungsstrategien und Rahmenbedingungen einer kantonalen Kulturförderung definiert. Der Thurgauer Kulturboden ist seither "wächsig" geworden und wird durch verschiedenste Sparten fleissig beackert und artenreich bepflanzt. Ich danke René Munz sehr herzlich für sein grosses und überzeugendes Wirken. Er hat im Thurgau und für den Thurgau sehr viel geleistet und damit auch für eine wertvolle Aussenwirkung und Ausstrahlung gesorgt. Für seinen beruflichen Neubeginn auf dem "Zürcher Kulturboden" wünsche ich ihm alles Gute!

Thurgauer Regierungsrätin Monika Knill, Chefin des kantonalen Departements für Erziehung und Kultur


 

"In diesem Augenblick ging über die Brücke ein geradezu unendlicher Verkehr." Der Schlusssatz von Kafkas "Urteil" schiesst mir seit Jahrzehnten durch den Kopf, wenn jemand vorerst oder endgültig abtritt oder wenn ich mir bewusst mache, wie es sein wird, wenn ich selber an die Reihe komme. Und dann höre ich stets dieses anschwellende Tosen, an dem auch mindestens zwei Trambahnzüge beteiligt sind, die den Fluss gerade überqueren. Wer das Gewimmel verlässt, wird vom Gewimmel nicht vermisst. Als ich am Morgen des 5. Juni von René Munzens Abgang las, blieb das Tosen aus. Erst als ich die Kaffeetasse auf den Unterteller zurückstellte, gewahrte ich, dass ich am Morgentisch sass und eben gelesen hatte, dass René Munz nach Zürich wechselt. Und schämte mich irgendwie für unseren Kanton.


André Salathé, Staatsarchivar des Kantons Thurgau


 

René Munz behauptet von sich selber, ein miserables Gedächtnis zu haben. Ich habe ihm das nie wirklich geglaubt und weiss mittlerweile, dass das reine Koketterie ist. Ein Blick in das vom Kulturamt für die Jahre 2010 bis 2012 erarbeitete Kulturkonzept genügt mir als Beweis: Hier widerspiegelt sich die ganze Breite des kulturellen Lebens im Kanton, als Analyse der Situation, im Entwurf von Strategien, als Katalog der kantonalen, regionalen und kommunalen Gremien und in der Erläuterung von Förderprozessen. In allen Feldern spielt das Kulturamt eine aktive Rolle, mit minimaler personeller Dotation notabene. Das ist eine Fülle der Aufgaben, angesichts derer einem schwindlig wird und die nur von einem Menschen bewältigt werden kann, der blitzgescheit und zudem in der Lage ist, ein qualifiziertes Team um sich zu scharen und zu motivieren. Das braucht Sorgfalt, Beharrlichkeit, einen weiten Horizont – und ein gutes Gedächtnis! Denn in der Übersichtlichkeit des Thurgaus gewinnt das für eine gedeihliche Zusammenarbeit notwendige Vertrauen nur, wer Region und Geschichte kennt, vor allem aber die Menschen, ihre Haltungen, Absichten und Projekte.


So hat René also ein gutes Gedächtnis und darüber hinaus Leidenschaft für die Kultur, denn noch nach mehr als zehn Amtsjahren lässt es ihn nicht unberührt, ob ein kulturelles Projekt gelingt oder nicht. Ob Freude oder Ärger: Er macht aus seinem Herz keine Mördergrube und spricht aus, was ihn bewegt. Neben allen anderen Qualitäten schätze ich besonders diese ehrliche Offenheit, sie war die Basis unserer vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit.

René Munz hat das kulturelle Leben im Thurgau wesentlich geprägt. In seiner Amtszeit wurden Grundlagen geschaffen, die eine nachhaltige und der Qualität verpflichtete Entwicklung überhaupt erst erlauben. Das war nicht immer ein Zuckerschlecken und erforderte oft Stehvermögen und Beharrlichkeit. Dafür möchte ich René danken, vor allem aber für die immense Arbeit, die er in den vergangenen Jahren geleistet hat, für seine Umsicht, sein strategisches Geschick und sein Herzblut.

Die Zeit der Zusammenarbeit ist zu Ende, es bleibt die Freundschaft. Und in guter Freundschaft wünsche ich René einen erfreulichen beruflichen Aufbruch in eine nicht ganz andere, aber doch neue Welt.


Claudia Rüegg, Stiftungsratspräsidentin der Kulturstiftung des Kantons Thurgau


 

Bereits als Spielleiter der theagovia hat René Munz gezeigt, dass er Ecken und Kanten hat. Um ein kulturpolitisches Zeichen zu setzen und aufzuzeigen, dass die Kulturförderung des Kantons ungenügend ist, trat er mit dem ganzen Vorstand zurück und war sogar bereit, die theagovia, die er initiiert hatte, sterben zu lassen.
Jahre später, in seiner Funktion als Amtschef, hat er in der gleichen unbeirrbaren Weise die Entwicklung der Thurgauer Kulturförderung vorangetrieben. Weil er dabei Kanten und Ecken bewahrte, ist er auch angeeckt, hat sich der Kritik ausgesetzt. Aber er ist sich treu geblieben, weshalb sein Weggang vom Kulturamt für mich zwar etwas plötzlich kommt,  mich aber nicht erstaunt. Was er jedoch für die Kultur im Thurgau erreicht hat, ist erstaunlich und dafür möchte ich ihm danken.

Roland Lötscher, Leiter, Spieler und Regisseur Theater Bilitz sowie Mitglied der Geschäftsleitung des Theaterhaus Thurgau, Weinfelden


 

Was könnte ich Schlechtes über René Munz sagen, er ist schliesslich mit schuld, dass ich Kulturpreisträgerin wurde. Nein im Ernst, ich ziehe meinen Hut vor der Leistung und dem passionierten Engagement von René Munz. Man wusste das Kulturarmt in guten Händen bei ihm. Für seine Zukunft im urbanen Zürich wünsche ich ihm alles Gute und viel Selbstbewusstsein. Denn die Stadt ist eine ganz andere;  wer gehört werden will, der muss schreien, wer nicht schnell laufen kann, der sollte sich ein Velo beschaffen und wer das tut, der sollte auf die Tramschienen aufpassen, die lechzen nur nach Veloreifen von emigrierten Thurgauern. Das ist zumindest meine Erfahrung. Ich bin überzeugt, er wird seine Arbeit mehr als gut machen und zu wissen, dass da ein Thurgauer im Zürcher Kulturamt sitzt, das macht Zürich für mich ein Stück sympathischer!

Lara Stoll, Slampoetin und Kulturpreisträgerin 2011 des Kantons Thurgau


 

Lieber René

Auf einmal ging es ganz schnell: Als ich endlich den Mut hatte, Dir am Telefon vom ehrgeizigen Vorhaben zu erzählen, im Thurgau ein Kammermusikfestival mit internationalem Format zu etablieren, fandest Du sehr rasch Zeit für ein Treffen und ich spürte von Anfang an wohlwollende Unterstützung von Deiner Seite. Du hast mir stets zu verstehen gegeben, dass Du dort, wo Du in der Kultur Qualität und Entwicklungspotenzial wahrzunehmen glaubst, immer ein offenes Ohr hast und bereit bist, Dich für die notwendige Unterstützung einzusetzen. Dabei hast Du das Engagement von Kulturschaffenden nicht einfach als selbstverständlich hingenommen. Mit Deiner feinen Art hast Du Deine Wertschätzung immer wieder zum Ausdruck gebracht. Verlässlichkeit, Hartnäckigkeit und Sachverstand schätzt Du nicht nur bei anderen, nein, diese sind auch prägende Merkmale an Dir selber, die es Dir erlaubten, dem Thurgauer Kulturleben viele Impulse zu geben. Darum: Danke für Deine Arbeit im Thurgau und alles Gute für Deine weitere Tätigkeit im Nachbarkanton Zürich!

Martin Lucas Staub, Pianist Schweizer Klaviertrio, Gründer und Künstlerischer Leiter Festival Kammermusik Bodensee


 

Lieber René

Als Regisseur von Schnitzlers Grünem Kakadu und als ein Vorkämpfer für die Thurgauer Theaterszene habe ich dich vor über 30 Jahren kennen gelernt. Später hast du die Seite gewechselt und die Bühne mit Büro und Sitzungszimmer getauscht. Du hast als Chef des Kulturamtes die Kultur im Thurgau an vorderster Stelle mitgestaltet, gebündelt, strukturiert, gefördert, ermöglicht. Du bist neue Wege gegangen, hast hartnäckig für deine Ideen gekämpft. Es ist dir Vieles gelungen, auf das du stolz sein kannst. Dafür danke ich dir als Thurgauer Kulturkonsumentin ganz herzlich. Manchmal hast du dich geärgert, weil auch die Kultur dem Diktat der Politik folgen muss. Da entwickeln sich die Dinge oft träge und in kleinen Schritten.
In bester Erinnerung bleiben mir deine phantasievoll und perfekt inszenierten Veranstaltungen anlässlich der Kultur-und Förderpreisübergaben. Da ist der Theatermann jeweils wieder voll in Aktion getreten.

Alles Gute für die Zukunft: Im Westen viel Neues!

Eva Tobler, ehemalige Präsidentin der Kantonalen Kulturkommission


 

Zwischen Freiheitsdrang und Regulierungszwang

René Munz geht. Was dies für die Kultur im Thurgau bedeutet, wird sich erst weisen. Seine Bilanz aber – das kann schon heute gesagt werden - ist beeindruckend: Er hat viel bewegt, war ein offener Ansprechpartner, hörte zu und fällte Entscheidungen, wo er die Möglichkeit dazu hatte. Das von ihm formulierte Kulturkonzept kann als Indikator seiner Tätigkeit dienen. Das Konzept ist weit mehr als eine Broschüre. Es schrieb das Kulturengagement des Kantons Thurgau erstmals verbindlich fest und schuf so die Grundlage für eine professionelle Kulturarbeit. Es macht im Thurgau zeitgemässe Kulturarbeit möglich. René Munz hat die Ausarbeitung wie auch die modellhafte Umsetzung entscheidend geprägt.
Viele fragen sich, warum René Munz denn den Posten verlässt, den er so erfolgreich zu füllen vermochte. Spekulieren wir ein bisschen: Die Stelle brachte es mit sich, dass es der Stelleninhaber keiner Seite – weder der Politik noch den Kunstschaffenden – recht machen konnte. Der Freiheitsdrang der Kultur und das Regulierungsbedürfnis der Verwaltung bildeten zwei nicht vereinbare Pole seiner Arbeit. René Munz wollte mehr als die Schnittstelle von Kulturszene und Politik zuliess. Zu oft wurden nur zweibeste Lösungen realisiert. Damit sich dies ändert, braucht es mehr Mut und mehr Visionen, in der Kulturszene ebenso wie in der Politik.

Markus Landert, Direktor Kunstmuseum Kartause Ittingen und Ittinger Museum


 

Lieber René

Du verlässt uns als Chef des Kulturamtes Thurgau und wir möchten uns bei Dir für Deine liebenswürdige, fachkompetente und wohlwollende Zusammenarbeit bedanken. Ruhig und kritisch warst Du der Mittler zwischen unseren Projekten und den kantonalen Behörden. Wir sind jederzeit auf Dein offenes Ohr gestossen und Du hast das Ergebnis immer auch selbst beurteilt. „Dein“ Kulturkonzept Thurgau 2013 bis 2015 hinterlässt Du uns, die Grundlage für unsere Zusammenarbeit. Wir wünschen Dir auf Deinem weitern persönlichen und beruflichen Wege nur das Beste und freuen uns weiterhin auf Deine Besuche unserer Aktionen im Kunstraum Kreuzlingen und im Adolf Dietrich Haus in Berlingen. Vielleicht hast Du jetzt Zeit, an unseren Architektur-Exkursionen dabei zu sein oder uns an die Biennale zu begleiten.

Mit herzlichen Grüssen

Karl Studer, Präsident Thurgauische Kunstgesellschaft


 

Als Thurgauer Kulturschaffender bin ich René Munz immer wieder begegnet und musste mich einige Male mit der hohlen Hand an ihn wenden. Seine Offenheit gegenüber meinen Anliegen habe ich sehr geschätzt und seinen grossen Einsatz für die Kultur in unserem kleinen Kanton sogar bis in meinen Wohnort Basel mitbekommen. Für den Kanton Zürich ist seine Verpflichtung eine grosse Bereicherung, für den Thurgau ein Verlust, der hoffentlich gut verkraftet wird. Kultur findet nach meiner Beobachtung zunehmend in den grossen Städten statt, ein so initiativer Kulturchef wie es René Munz war, ist deshalb für einen Landkanton Gold wert. Darum: danke, lieber René, für dein vielfältiges Engagement!

Benjamin Engeli, Pianist, unter anderem Mitglied des Gershwin Piano Quartet - Förderbeitrag des Kantons Thurgau im Jahr 2009


 

Munz
Munz Schöggeli
Munz Prügeli
Munz Bananen

Erinnerungen aus der Schulzeit. Und immer noch prima!

Munz
Munz René
Munz Theater
Munz Kulturamt
Erinnerungen aus der Zeit danach.... Aber viiiel besser!

Danke, lieber René, selten kommt in der Kulturvermittlung Professionalität so professionell daher.
Dein Kulturleitbild bleibt ein Kulturvorbild.  Herzlichen Dank !

Mit allen guten Wünschen auf Deinem Kulturweg nach Zürich

Hansruedi Frey, ehemaliger Verleger bei Huber, heute frey.kulturprojekte.frauenfeld, Kulturpreisträger des Kantons Thurgau 2012

***

Die neue Kulturamtschefin heisst Martha Monstein.

www.kulturamt.tg.ch

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