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von Tobias Rüetschi, 07.03.2015

Kontrolliertes Chaos

Kontrolliertes Chaos
Wortspiele und Kalauer im extremen Tempo: Komikerduo Oropax. | © Tobias Rüetschi

Im Rahmen des diesjährigen „Kabarett in Kreuzlingen“-Festivals machte vergangenen Freitag das deutsche Komikerduo Oropax mit ihrem aktuellen Programm „Chaos Royale“ im Dreispitz in Kreuzlingen halt.

Tobias Rüetschi

„Chaos Royale“ ist der Name des aktuellen Programmes vom deutschen Comedy-Duo Oropax. Das dazugehörige Bühnenbild ist simpel: Ein stimmig beleuchteter Bartresen mit Zapfhahn, daneben ein Kühlschrank. Ähnlich wie bei diesem minimalistischen und harmlosen Bühnen-Setup sucht man das Chaos während des gut zweistündigen Stücks vergebens. Im Gegenteil: Das ganze scheint sehr gut durchgeplant zu sein.

Die beiden Brüder Volker und Thomas Martins geben im Dreispitz eloquent und in einem extremen Tempo Wortspiele und Kalauer zum besten, aber meist scheint der Übergang von einem Scherz zum nächsten durchdachter als die Pointen selber. Die Scherze sind auf einfache Requisiten gestützte Wortwitze, doch die beiden springen so schnell von Thema zu Thema, dass einem manchmal gar nicht auffällt, wie flach die Witze wirklich sind.

Volker und Thomas Martins alias Oropax: Durchgeplantes Programm "Chaos Royale". (Bilder: Tobias Rüetschi)

Den ganzen Abend Running-Gags

Der Humor entsteht bei Oropax durch Repetition: Immer wieder tauchen Running-Gags auf. Manche sind dem Publikum schon aus früheren Programmen bekannt, wie zum Beispiel der dümmliche Mönch mit dem Sprachfehler, während andere wohl extra für „Chaos Royale“ entworfen wurden. So klingelt öfters mal der DHL-Lieferant an der Saaltür, gespielt von Thomas Martins. „Ist es eigentlich besser, wenn ich meine Frau umarme, als wenn ich meine Ex press?“, ist nur einer der gefühlt 100 Wortwitzen, die in dieser Szene im Eiltempo geklopft werden.

Nach jedem seiner Scherze erklärt der fiktive Postbote dem Publikum, dass ihm die Witze in seinem Lieferwagen einfallen. „Ist mir im Auto eingefallen!“, wiederholt er hierbei so oft, dass diese Aussage schlussendlich selber zum tragenden Witz der Szene wird.

KIK-Festival 2015: So geht es weiter

Alfred Dorfer, 10.3. (ausverkauft); Urban Priol, 12.3.; Günter Gründwald, 14.3.; Christine Prayon, 20.3.

 

Für die Veranstaltungen des KIK 2015 sind Tickets im Vorverkauf erhältlich: Bei Starticket (print@home, Vorverkaufsstellen) und in der Geschäftsstelle von Kreuzlingen Tourismus an der Hauptstrasse 39, 071 672 38 40. (rom)


Wiederholungen ziehen sich durch das ganze Programm. Während dies beim DHL-Sketch gut funktioniert, wird der Streit zwischen zwei Brüdern, der sich immer wieder durch plumpe Beleidigungen über äussere Merkmale der beiden Komiker zeigt, auch beim zehnten Mal nicht wirklich lustig.

Obszönität wird entschuldigt

Das selbsternannte „Chaos-Theater“ Oropax wird nur in sparsam gestreuten Momenten ihrem Namen gerecht. So gibt es kurz vor der Pause einen Hacker-Angriff, bei dem eine Computer-Tastatur mit der Axt in tausend kleine Teile zerlegt wird. In der zweiten Hälfte folgt dann ein Experiment mit Kaffee, Brausetabletten und Turnschuhen. Während dadurch der Bühnenboden im Verlauf des Abends immer dreckiger wird, bleibt das Publikum sauber, Man könnte meinen, Oropax sind im aktuellen Programm speziell vorsichtig. Selten kommt es vor, dass einer der beiden Komiker einen obszönen Witz macht, und danach entschuldigt sich sein Geschwister meist sofort für dieses unangebrachte Verhalten.

Die einzige Ausnahme hierbei: Thomas Martins räkelt sich im freizügigen Outfit auf der Bühne und gibt seine Interpretation des Sadomaso-Romans „50 Shades of Grey“ zum besten. Diese besteht aus Gestöhne und noch mehr Wortspielen und endet mit einer Buch-Ejakulation ins Gesicht des Komikers. Das Segment bringt zwar einige Lacher, will aber nicht so ganz in das sonst mehr familienfreundliche Programm passen. Vielleicht auch, weil es die einzige Nummer ist, die auf die aktuelle Populärkultur abzielt.

Chaotische Schlussnote: Rauchender Smoking mit Champagner-Dusche.

Ein letzter Griff in die Trickkiste

Der Abend endet schlussendlich doch auf einer chaotischen Note, denn zum Schluss greifen die beiden noch einmal in die Trickkiste: Ein rauchender Smoking, eine goldene Spraydose und eine wortwörtliche Champagner-Dusche kommen zum Einsatz. Das Publikum bleibt aber auch hier trocken, Oropax behalten die Kontrolle über ihr geplantes Chaos.

***

Bisher erschienene Kritiken und Beiträge zum KIK 2015:

Rolf Miller - thurgaukultur.ch vom 6.03.2015
Erwin Grosche - thurgaukultur.ch vom 1.03.2015
Joachim Rittmeyer - thurgaukultur.ch vom 8.02.2015
Christoph Sieber - thurgaukultur.ch vom 7.02.2015
Jochen Malmsheimer - thurgaukultur.ch vom 6.02.2015
Interview Rolf Miller - thurgaukultur.ch vom 15.01.2015
Vorschau mit Micky Altdorf - thurgaukultur.ch vom 29.11.2014

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