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von Rolf Müller, 23.04.2015

Das bisschen Haushalt...

Das bisschen Haushalt...
Peter Bretscher, Kurator und Leiter des Schaudepots St. Katharinental über Entstehung und Wirkung seines Hauses. | © Rolf Müller

Die neue Ausstellung „Frau schafft – häusliche Arbeit im 19. Jahrhundert“ im Schaudepot des Historischen Museums in Diessenhofen zeigt, was das Haushaltsmanagement schon immer war: ein Knochenjob.

Rolf Müller

Das gäbe heute Ärger ohne Ende: „Heimchen am Herd“ titelt etwa ein Kochbuch (erschienen im Verlag Huber und Co.) für die gemeine Hausfrau des vorletzten Jahrhunderts. Es ist eines von tausenden Gegenständen, welches der Leiter des Schaudepots im St. Katharinental für die Ausstellung zusammengetragen hat, die am 2. und 3. Mai an Tagen der offenen Tür erstmals gezeigt wird.

„Es ist schon fast eine Gender-Ausstellung“, sagt Peter Bretscher augenzwinkernd. Als thematische Einstimmung zeigen zwei Vitrinen im Eingangsbereich im ersten Stock des Schaudepots zugespitzt Exponate, die für die Zeit als typisch weiblich (bescheidener Schmuck, Kochbücher, Textilien) und typisch männlich (Schnapsflaschen, Werkzeuge, Geld, Tabak, Vereinsmeierei) angesehen werden.Damals politisch korrekt: Rezepte für die Küchenchefin. (Bilder: Rolf Müller)


Das war‘s dann aber praktisch mit den Männern – die Reise in die Zeit der Holzherde, Waschküchen und Webstühle, die um 1800 ansetzt und die Entwicklungen bis 1950 nachvollziehbar macht, fokussiert auf die Lebenswelt der damaligen Hausfrauen und Mütter. Die war vom Rollenverständnis her eng, voller beschwerlicher Aufgaben und von einem Minimum an eigenen Befugnissen geprägt.

Küche mit Holzofen um 1850.

Küche um 1900, unterdessen mit Kohlenherd und fliessend Wasser.


Die Ausstellung glänzt mit liebevoll bis ins Detail arrangierten Installationen von Räumlichkeiten und Themen, unter anderem aus den Bereichen Waschen, Kochen, Putzen, Kinder, textiles Handwerk sowie – ganz wichtig – allgemeine Verschönerung des Hauses. Bei der Auswahl der Objekte sei es Kriterium gewesen, mit ihnen Geschichten erzählen zu können, sie in einen Kontext zu stellen, um so den damaligen Alltag lebendig werden zu lassen, führte Museumsdirektorin Gabriele Keck aus.

Laufgitter mit Schoppenflasche.

Zwei Dinge sprechen dafür, dass dies an den Tagen der offenen Türe gelingen wird: Die anschauliche Ausstellung selbst – und natürlich Erzählmeister Peter Bretscher, der die Besucherinnen und Besucher mit Verve, Sachverstand und Witz in die Vergangenheit entführen wird.

Programm der Tage der offenen Tür

Die Besucherinnen und Besucher erwartet am 2. und 3. Mai ein abwechslungsreiches Tagesprogramm. Im Halbstundentakt lösen sich von 11 bis 17 Uhr Kurzführungen für Erwachsene und Kinder mit einem musikalisch-kulturellen Unterhaltungsangebot ab. Spinnerinnen, eine Klöpplerin, eine Handstickerin und eine Weberin sind live im Einsatz. Kinder können selber Kerzen giessen, beim Schulmeister alte Verse lernen oder Brettspiele aus Grossmutters Zeit ausprobieren. (pd)


So bleibt neben altersgerecht vermitteltem Wissen für die ganze Familie ein weiterer Gewinn: das Gefühl für eine Zeit, auch in der der Karren ohne Frau nicht gelaufen wäre. Ganz nach dem Motto eines schmuck auf Textil gedruckten Leitspruches als Wandzierde: „Froh erfülle Deine Pflicht“.

Kapazität des Schaudepots ist erschöpft

Die volkskundliche Sammlung des Historischen Museums Thurgau wird seit 1997 im Kornhaus des ehemaligen Klosters St. Katharinental als «Schaudepot» erlebbar gemacht. 2006 eröffnete ein zusätzliches Ausstellungsgeschoss zu «Obst und Wein», 2013 ein weiteres Stockwerk zu den Themen „Transport“, „Forstwirtschaft“ sowie „Handwerk und Gewerbe“. Mit der Darstellung der „häuslichen Textilherstellung“ sowie dem Bereich „Wohnen und Hauswirtschaft“ in der neuen Ausstellung „Frau schafft – häusliche Arbeit im 19. Jahrhundert“ ist die museale Darstellung abgeschlossen; mehr Platz hat es nicht. Die Volkskundliche Sammlung umfasst einen Gesamtbestand von rund 10'000 Objekten. (rom/pd)


***

Mehr zum Thema:

Schaulaufen im Schaudepot - thurgaukultur.ch vom 4.05.2013


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Detaillierte Informationen zu den Tagen der offenen Tür hier:

 

www.historisches-museum.tg.ch

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