von Katrin Zürcher, 24.04.2013
Das Kunstmuseum und die Post

Die Post hat zum 150. Geburtstag des Thurgauer Malers Ernst Kreidolf ein Sondermarkenheft herausgebracht. Es zeigt seine verspielte, märchenhafte Seite. Als Kreidolfs Schlüsselwerk gilt das Ölbild „Das Leben ein Traum“, das in der Ausstellung „Konstellation 5. 71 Jahre - 71 Werke“ des Kunstmuseums Thurgau ausgestellt ist.
Katrin Zürcher
Bezaubernde Miniatur-Bilderbüchlein von Ernst Kreidolf gibt es zurzeit für zehn Franken bei der Post zu kaufen. Sie sind dreiteilig; das Titelblatt zeigt eine grüne Grille im roten Rock, die auf einem Blatt steht und hingebungsvoll Geige spielt. Begleitet wird sie von einer zweiten Grille, die etwas weiter oben auf dem Grashalm fiedelt. Die Rispe neigt sich in sanftem Bogen zur Bildmitte, wo die Sonne am roten Himmel steht. Zuhörerin des Grillenkonzerts ist eine dicke Käferdame, die mit einem Kleeblatt als Sonnenschirm auf dem benachbarten Grashalm sitzt. Die aquarellierte Szene strahlt verspielte Heiterkeit und träumerisches Sommerglück aus.
17 Bilderbücher
Das Büchlein enthält zehn liebliche Miniaturbildchen als 1-Franken-Marken, welche die Post aus Anlass von Ernst Kreidolfs 150. Geburtstag herausgebracht hat. Fünf Marken zeigen einen Käferumzug mit Lampionblümchen, auf den andern fünf sind bunte Blumenelfen und ein Schmetterlingskind abgebildet. Fast braucht es Überwindung, die Marken aus dem hübsch gestalteten Büchlein zu lösen. Doch dann zieren sie mit ihrer farbigen Leichtigkeit die Briefcouverts, und die Empfänger können sich freuen. Vielen dürften die Motive bekannt vorkommen, denn in der Schweiz sind Generationen von Kindern mit Kreidolfs Bilderbüchern aufgewachsen. Insgesamt 17 hat er geschaffen, einige sind noch heute in unveränderter Form erhältlich.
Das Leben ein Traum
So lieblich und verspielt die Illustrationen von Ernst Kreidolf sind: Er verstand sich zeitlebens als Maler. Am 9. Februar 1863 geboren, verbrachte er seine Kindheit und Jugend in Tägerwilen. Sein Vater betrieb ein Spielwarengeschäft in Konstanz. Ernst wurde beim Grossvater in Tägerwilen untergebracht, dessen Hof er später übernehmen sollte. Er besuchte die Primarschule in Tägerwilen und die Sekundarschule in Emmishofen. Weil er lieber zeichnete und malte als in der Landwirtschaft arbeitete, absolvierte er nach der Schule eine Lithografenlehre in Konstanz und besuchte die Kunstgewerbeschule München. Zu seinen Künstlerfreunden zählten Albert Welti, Paul Klee und Cuno Amiet. Als sein Schlüsselwerk gilt „Das Leben ein Traum“ aus dem Jahr 1889. Das Ölbild zeigt die verschiedenen Lebensalter am Lebensfluss, von der Kindheit bis zum Grab. Es ist im Besitz des Kunstmuseums Thurgau und wird zurzeit in der „Konstellation 5: 71 Jahre – 71 Werke“ in der Kartause Ittingen gezeigt.
Erfolg in Japan
Als der erhoffte Erfolg mit „Das Leben ein Traum“ ausblieb, wandte sich Ernst Kreidolf der Illustration von Kinderbüchern zu. Bekannt wurde er im Jahr 1996 mit Aquarellen zu „Blumenmärchen“ und „schlafenden Bäumen“. Zwei Jahre später erschien das Bilderbuch „Blumenmärchen“. Zwischen 1920 und 1935 brachte er fast im Jahrestakt weitere Bilderbücher heraus. Sie tragen poetische Namen wie „Alpenblumenmärchen“, „Die Wiesenzwerge“, „Ein Wintermärchen“, „Das Hundefest“, „Lenzgesind“ oder „Grashupfer“. Zauberhafte Blumen- und Tierfiguren, Elfen und Zwerge spielen die Hauptrolle. Elf der 17 Bücher sind im Museumsshop der Kartause erhältlich – sie bezaubern noch heute Gross und Klein. Ernst Kreidolf starb 1956 im Alter von 93 Jahren in Bern, wo er fast vierzig Jahre lang gelebt hatte.
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Bern und Japan
Im Kunstmuseum Bern ist ab 21. Juni die Jubiläumsausstellung „Faltertanz und Hundefest – Ernst Kreidolf und die Tiere“ zu sehen. Und in Japan ging im Februar eine Ausstellungstournee zu Ende, bei der rund 220 Werke von Ernst Kreidolf in verschiedenen japanischen Städten zu sehen waren. Die Ausstellung trug den Titel: „Talking Flowers, Fairies and Butterflies – The Universe of Ernst Kreidolf“. (kaz.)
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