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13.10.2009

Naturformen wie Seelennahrung

Naturformen wie Seelennahrung

Nachdem die Galerie 418 in Steckborn bereits zwei Retrospektiven mit Werken des Ermatinger Malers Johannes Diem organisiert hat, in den Jahren 2006 und 2008, kann Walter Wild nun zum dritten Mal ausholen. Und das ist schon ein Verdienst, sind doch die Ölbilder, die Farbstift- und Bleistiftzeichnungen des Künstlers sehr gefragt und inzwischen kaum noch erhältlich. Man darf sich also auf eine weitere Ausstellung mit Werken des weitherum geschätzten Thurgauer Malers freuen.

Natursensibler Sachverstand

Es gibt Stimmen, die Johannes Diem zu einem der ganz grossen natursensiblen Künstler der Ostschweiz zählen wollen. Ein Adolf Dietrich hat längst die Herzen von Alt und Jung erobert, mit Fug und Recht verteidigt er seinen Platz im internationalen Kunstgeschehen. Wie weit ein Johannes Diem, dessen Schönheitsempfinden uns unmittelbar anspringt, davon entfernt ist, wird die Zukunft weisen. Wie seine Bilderwelt mit dem Anpassungsdialog zwischen der Natur um uns und der Natur in uns umgeht, hat jedoch das Zeug dazu, Interessenten, Experten und Sammler auf den Plan zu rufen. Ausgestellt werden Exponate, die von unterschiedlichen Schaffensphasen des Künstlers zeugen. Im Laufe der Zeit hat Diem zu einer Stilrichtung gefunden, die naturbewusste Weit- und Tiefensicht verkörpert. Seine poetischen Chiffren, die in einem eng an der Wirklichkeit gebundenen Darstellungsstil verfasst sind, strahlen eine grosse kindliche Magie aus.

Eine verspätete Blitzkarriere

Seit 1970 hat Johannes Diem viele erfolgreiche Einzelausstellungen in der Region hinter sich. Hoch betagt und von Demenz gezeichnet hat er das Malen inzwischen aufgeben müssen und lebt im Pflegeheim in Berlingen. Die Art seines Umgangs mit Landschaften, mit der Vegetation und Tieren verschiedenster Art ist beachtlich. Wird man mit seinen filigranen Farbstift- und Bleistiftzeichnungen konfrontiert, mit dem dichten Spiel verschiedenster Lebensformen in seinen Naturgemälden, mit klaren Konturen, harten Kontrasten und leuchtenden Farben, lässt das den Pulsschlag des Kunstliebhabers höher schlagen. Sein Vokabular zeitigt idealisierte und doch vereinfachte Gesten. Er knüpft an Traditionsstränge an, die in Richtung der Naiven Kunst weisen, wie sie etwa über Henri Rousseau bekannt sind und natürlich mit dem Berlinger Spitzenkünstler Adolf Dietrich bis in den Kanton Thurgau hineinreichen. Erkennt man die spezifische Qualität seiner künstlerischen Umsetzung, man würde dem Künstler Johannes Diem augenblicklich eine verspätete und umso schlagkräftigere Blitzkarriere wünschen.

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