Frauenfelder Elefantenrunde

Frauenfeld liest «Elefanten im Garten» – die poetische Erzählung gefällt. Am Bücherfest nächstes Wochenende ist die Autorin Meral Kureyshi in Frauenfeld zu Gast und debattiert mit den Besuchern.
David Nägeli
Im Rahmen der Aktion «Frauenfeld liest» widmen sich Frauenfelderinnen und Frauenfelder «Elefanten im Garten» – dem Debütroman der Berner Autorin Meral Kureyshi. Das Buch ist eine Sammlung an Anekdoten aus dem Leben einer Immigrantenfamilie in der Schweiz: Wie die Familie die Gemeindeversammlung, besuchte um sich für den Schweizer Pass zu präsentieren; wie die Familie einen Videogruss für die Verwandten drehte und die sehkranke Mutter allen einflüsterte, was sie zu sagen hatten; und wie die Familie in Prizren, ihrer Heimatstadt im Kosovo, einen Elefanten im Garten hatte. Und noch vieles mehr.
Erfundene Erinnerung
Natürlich stand da kein realer Elefant im Garten. Das Tier ist die erfundene Erinnerung der Ich-Erzählerin, die nach den Sommerferien in der Primarschule von nichts zu erzählen hatte, als von Streitigkeiten Zuhause. Autobiografisch ist das nur zum Teil. Merals Mutter, die im Buch prominent Platz findet, meldete sich bei ihr und beschwerte sich über die eine oder andere, «nicht richtige» Darstellung. Vieles beruht dennoch auf den Erfahrungen der Autorin. Dank der Kunstgriffe ist ihr ein schöner Roman gelungen, der (nicht nur der aktuellen Immigrationsthematik wegen) 2015 für den Schweizer Buchpreis nominiert war.
Kureyshi schreibt einfach und kurz, aber mit einem äusserst ausgefeilten Sinn für schöne Sprache. In Bern führt die Autorin ein Lyrikatelier, in dem in kleinen Gruppen gemeinsam an Sätzen geschliffen wird. Die Vorliebe für Lyrik spürt man im Buch. Eine aufmerksame Beobachtung schafft aus Details der Charakteren und ihren Kultur(-konflikten) greifbare und grosse Emotionen.
Marianne Sax: „glaubwürdig und feinfühlig“
Frauenfeld liest, und das gar nicht so wenig. Alleine im Bücherladen Marianne Sax gingen an die 400 Exemplare über den Tresen, die Kantonsbibliothek hat ihre 20 Exemplare ausgeliehen (Reservieren kann man immer noch). In der Kantonsschule lesen Klassen den Roman, einige Leserunden haben sich gebildet, oder sich eben diesem Buch gewidmet. Für Autorin, Verleger und den Buchladen ist das natürlich eine Freude.
Gefällt das Buch dann auch? «Ja, die Sicht eines Mädchens, das sich sowohl in der Schule als auch in der Gesellschaft seinen Platz erkämpft, ist von der Autorin glaubwürdig und feinfühlig geschildert», findet Marianne Sax. Und sie erwähnt: «Es lohnt sich, das Buch zwei Mal zu lesen. Da der Roman nicht chronologisch erzählt wird, erschliesst sich Einiges beim zweiten Mal noch besser.»
Robert Fürer: „sehr poetisch“
Auch einige Leserunden widmeten sich dem Buch. Die Sprache findet breit Anklang, auch wenn das Buch durch den sprunghaften Umgang mit der Zeit für den einen oder anderen etwas anstrengend zu lesen war. Die detailreichen Szenen und ihre lyrischen Schilderungen gefallen aber vielen.
Auch Robert Fürer, Präsident der Frauenfelder Lesegesellschaft, hat Gefallen am Buch: «Meral Kureyshis Erstling gefällt mir, weil die Migrationsgeschichte unaufgeregt und sehr poetisch erzählt wird. Bei mir hat die Autorin bewirkt, was sie sich wünscht: „Ein Lachen, ein Weinen, ein Nachdenken, ein Verstehen, ein Zögern, ein Mitfühlen.“Meral Kureyshi ist am Frauenfelder Bücherfest zu Gast. Am Samstag, 28. Mai, diskutiert sie um 11.30 Uhr im Goldenen Becher, um 17 Uhr liest sie in der Kantonsbibliothek. Bild: Matthias Guenter
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Rücktritt als sbvv-PräsidentinNach einer begrenzten Amtszeit von acht Jahren verlässt Marianne Sax den Posten als Präsidentin des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes (sbvv). Besonders zum Thema der Buchpreisbindung hat sich die Frauenfelderin politisch stark engagiert. Im Bücherfest-OK ist die Buchhändlerin (Sax Books) für das Programm zuständig. (dn) |
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