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von Brigitta Hochuli, 24.08.2011

„Der Novemberschreiber“

„Der Novemberschreiber“
„Die Wirklichkeit ist komplex. Wir haben sie niemals im Griff“, sagt Hans Peter Niederhäuser. | © Brigitta Hochuli

Der Weinfelder Hans Peter Niederhäuser legt einen Roman vor. Darin geht es um eine Wirklichkeit, die so komplex ist, „dass wir sie niemals im Griff haben“.

Brigitta Hochuli

Ist Pit Weiser ein Mörder? Hans Peter Niederhäuser schweigt und lächelt vielsagend. Der Weinfelder Kantonsschullehrer und Autor diverser Kurzformen hat seinen ersten Roman geschrieben. Der Roman heisst „Der Novemberschreiber“. Der Novemberschreiber im Roman heisst Pit Weiser. „Novemberschreiben“ hat aber auch Hans Peter Niederhäuser schon ausprobiert. Da gibt es von der Schreibszene Schweiz ein Angebot für 30 Tage auf www.novemberschreiben.ch.

Spannung auf hohem Niveau

Niederhäusers Roman ist zwar angeregt vom genannten Wettbewerb und handelt auch von einem Wettbewerb, er ist aber vorallem ein Buch über das Schreiben. Das Thema ist gut aufgehoben bei einem, der Germanistik studiert hat, in Schule und Erwachsenenbildung unter anderem Schreibunterricht gibt sowie Initiator des Wettbewerbs „Junge Texte“ ist. Doch bleibt es nicht bei der Theorie. Pit Weiser holt schreibend das Leben ein und das Leben ihn. Es drängen sich Figuren in seinen Alltag, er selber tauscht eine Rolle, er wird geliebt und hat sich zu fragen, ob er ein Mörder sei. Der Plot verspricht Spannung, Sprache und Reflexion sind auf hohem Niveau.

Ironisches Spiel

Hans Peter Niederhäuser hat seine Ein-Satz-, Kurz- und Kriminalgeschichten bisher bei edition signathur veröffentlicht. Für den Roman sollte es ein Verlag mit grösserer geografischer Reichweite sein. Auf Anhieb zugesagt hat der in Norddeutschland ansässige junge Latos-Verlag, der den „Novemberschreiber“ auch als E-Book herausgeben wird. Bezahlen wollte und musste Niederhäuser nicht für die Veröffentlichung, mit der Lektorin war er glücklich. Sie habe seine elaborierte Sprache vereinfacht und ihn dadurch einen grossen Schritt weiter gebracht. „Sie hat aber auch verstanden, dass es in der Geschichte um ein ironisches Spiel mit der Wirklichkeit geht.“

Nicht so banal wie früher gedacht

Niederhäusers Weltverständnis ist ein konstruktivistisches. „Wir sind permanent am Konstruieren unserer Wirklichkeit“, sagt er. „Insofern gestalten wir sie auch.“ Pit Weiser treibe dies auf die Spitze und sei deshalb alles andere als eine Identifikationsfigur, weder Held noch Antiheld. Hans Peter Niederhäuser hofft, dass sein Buch verstanden wird als „etwas, das Relevanz hat in einer postmodernen Zeit, in der die Wirklichkeit nicht so banal ist, wie man das früher gedacht hat“. Die Wirklichkeit sei komplex. „Wir haben sie niemals im Griff.“

*****

Hans Peter Niederhäuser

Hans Peter Niederhäuser wurde 1955 in der Schweiz geboren. Er lebt in Weinfelden und hat Germanistik und Theologie in Zürich studiert. An der Kantonsschule Frauenfeld unterrichtet er Deutsch, Religionslehre sowie Interkulturelle Ethik und hält religionswissenschaftliche Vorträge und Enneagramm-Seminare. Die Begegnung mit der kreativen Schreibbewegung und die Teilnahme an zahlreichen Schreibwerkstätten veränderten seinen Schreibunterricht massgeblich und förderten seine eigene literarische Tätigkeit. 2005 veröffentlichte er seine ersten „Ein-Satz-Geschichten“, 2008 „Das Christkind in der Gerümpelkammer“ (weihnachtliche Kurzgeschichten), 2010 „Nicht überall wildfremde Leute“ (AlltagsEinSätze mit Skizzen von Birgit Breuninger) und 2011 „Alltagsleichen“ (Kurz- und Kürzestkrimis). Sein Roman-Debüt „Der Novemberschreiber“ erscheint im September 2011 im Latos-Verlag. (pd)

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