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von Inka Grabowsky, 13.06.2022

Ein neues Kapitel

Ein neues Kapitel
Fünf von Sieben. Der neue Vorstand des Kult-X aus Pia Donati, Michael Kubli, Jürg Bregenzer, Addisa Hebeisen und Sven Frauenfelder (Annelise Schmid und Matthias Begemann waren verhindert) | © Inka Grabowsky

Krise beendet? Der Trägerverein des Kult-X hat zumindest einen neuen Vorstand. Sven Frauenfelder löst Jean Grädel als Präsident ab. Ihm zur Seite steht ein Team aus sechs Personen. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)

«Wenn man einen hohen Berg besteigen will, dann muss man zunächst einmal das Basis-Camp erreichen, um sich zu akklimatisieren», sagte Stadtpräsident Thomas Niederberger in seiner Dankesrede für das zurückgetretene Leitungsteam aus Geschäftsführerin Christine Forster, Co-Geschäftsführer und Vorstand Stephan Militz, Präsident Jean Grädel und Vizepräsidentin Martina Reichert.

«Alle vier haben einen intensiven und beschwerlichen Weg zurückgelegt und für uns mit dem Sieg bei der Abstimmung im September das Basiscamp bereitet.» Der Gipfelsturm sei zwar etwas ins Stocken geraten, aber der Gipfel in Form einer erfolgreichen Abstimmung über den Fortbestand des Kulturzentrums 2024 sei nach wie vor in Sicht.

 

Stadtpräsident Thomas Niederberger dankte für die geleistete Arbeit. Bild: Inka Grabowsky

Gemischtes Team mit vielen Kompetenzen

Der neue Vorstand, die diese Expedition organisieren soll, besteht aus sieben Personen, die der neue Präsident Sven Frauenfelder um sich geschart hat. Eine Erweiterung um ein achtes Mitglied wurde von den Delegierten verworfen.

Von einer Taskforce, einem eingeschworenen Team, einem Übergangsvorstand für den Rest der laufenden Amtsperiode bis zur Generalversammlung 2023 war die Rede. Der achte – unabhängige - Bewerber habe ihr gegenüber geäussert, er wolle nicht Sprengkandidat sein, so Martina Reichert. Er konnte wegen beruflicher Verpflichtungen nicht persönlich anwesend sein.

Darum engagieren sich die Neuen

Der 73-jährige Sven Frauenfelder sagt von sich selbst, er habe eigentlich das Alter geniessen wollen. «Ich habe hier vor zwei Jahren beim Umbau geschraubt, gestrichen und poliert. Das und die gewonnene Abstimmung dürfen nicht vergeblich gewesen sein. Deshalb komme ich noch mal aus meiner Komfortzone.» Frauenfelder hatte vor sechs Jahren die Interessengemeinschaft «Das Trösch» mitbegründet, die sich gerade auflösen konnte, weil ihr Zweck erfüllt ist. Das dürfte dem kulturbegeisterten Chorsänger etwas Freiraum verschafft haben.

Aktuar wird Jürg Bregenzer, der bis Sommer 2021 den Ekkarthof leitete. «Geplant war, dass ich mich nun ganz der Musik widme», erzählt der Pianist, «aber nach der Lektüre der Artikel über den Streit musste ich mich engagieren.»

Pia Donati wird als Kassiererin amten. Die Gemeinderätin (FDP) war bereits im Pro-Komitee engagiert, ebenso wie ihre Gemeinderatskollegin Addisa Hebeisen (SP). Sie werde sich zukünftig wahrscheinlich vor allem um die Kommunikation kümmern, sagt die 24-jährige Studentin.

 

Michael Kubli, Pia Donati, Sven Frauenfelder, Addisa Hebeisen und Jürg Bregenzer stellten sich im Kult X den Delegieren der Mitgliedsvereine vor. Bild: Inka Grabowsky

 

Michael Kubli hatte bereits früher im Kult-X am Techniker-Mischpult ausgeholfen. Der 45-Jährige wird ab Sommer nicht mehr als Schulleiter des SSZ Remisberg arbeiten, sondern eine Aufgabe im Teilzeitpensum übernehmen. Er habe deshalb etwas mehr Zeit sich zu engagieren und wolle etwas für Kreuzlingen tun, sagte er.

Annelise Schmid war verhindert, Sven Frauenfelder stellte sie deshalb vor. Sie habe 17 Jahre lang die Villa Sträuli in Winterthur als Mehrspartenhaus geführt und Veranstaltungen organisiert. Ihre Erfahrung im Kulturmanagement wie auch ihr breites Beziehungsnetz seien sehr wertvoll. Martina Reichert ergänzt: «Wir haben sie auch deshalb angefragt, weil sie hier in Kreuzlingen nicht verstrickt ist.»

Eine nicht unumstrittene Personalie

Tatsächlich nicht ganz unumstritten war der ehemalige Prorektor der PHTG Matthias Begemann als Aktuar. Er war wegen einer Tournee seines Stuttgarter Kammerchors verhindert, weshalb Leopold Huber von seinen Erfahrungen mit ihm berichtete.

Begemann ist Präsident des Vereins hinter dem See-Burgtheater. Er wäre also innerhalb des Kult-X-Vorstands möglicherweise parteiisch für einen der Mitgliedsvereine. «Haben wir dann nicht wieder das gleiche Problem wie bisher mit den Überschneidungen von Interessen?» fragte jemand aus dem Plenum. Den meisten Delegierten reichte eine Ehrenerklärung für Begemann. Er wurde mit 13 von 14 Stimmen gewählt.

Professionelle Geschäftsführung dringend gesucht

Alle Vorstandsmitglieder werden – bis bisher auch - ehrenamtlich arbeiten. Ihr erklärtes Ziel ist es, den Betrieb am Laufen zu halten und zunächst eine neue Geschäftsleitung zu suchen. «Wahrscheinlich wird es zunächst einen Übergangs-Geschäftsführer geben müssen, den wir im Mandatsverhältnis anstellen», so Frauenfelder.

«Wir überprüfen als nächstes das Budget, und wissen dann, mit welchen Voraussetzungen wir in ein paar Monaten die Stelle offiziell ausschreiben können.»

Rechnung ist genehmigt

Vor der Wahl des neuen stand selbstverständlich die Entlastung des alten Vorstandes an. Wesentlich dafür war die Genehmigung der Jahresrechnung. Die vorzeitige Veröffentlichung eines unfertigen Revisionsberichts hatte zum Eklat um Vorstand und Geschäftsführung geführt.

Deshalb war nun die alles entscheidende Aussage der Revisionsstelle Trewitax: «Da ein Grossteil der Zahlungen an den Verein Kultur Worx geflossen ist, haben wir jene Vereinsrechnung per 31.12.2021 ebenfalls geprüft. Dabei sind wir sind nicht auf Sachverhalte gestossen, aus denen wir schliessen müssten, dass jene Jahresrechnung nicht Gesetz und Statuten entspricht.»

 

Das scheidende Präsidium aus Jean Grädel und Martina Reichert war erleichtert, nicht nur über die Entlastung des Vorstands, sondern auch in Bezug auf die Zukunftsaussichten für das Kult-X. Bild: Inka Grabowsky

Alles sauber gelaufen

Jean Grädel und Martina Reichert betonten einmal mehr, dass der Verein Kultur Worx als Veranstalter in der Phase vor der Volksabstimmung unverzichtbar gewesen sei. Als Kooperationspartner hatte er diverse Anlässe auch gemeinsam mit anderen Mitgliedsvereinen auf die Beine gestellt und deshalb auch abgerechnet.

Ein Grossteil der kantonalen Subventionen floss dementsprechend durch die Bücher von Kultur Works an die anderen Mitwirkenden und an Dienstleister im Kult-X. Die Jahresrechnung wurde schliesslich (mit vier Enthaltungen) genehmigt, der Vorstand ist entlastet, wird aber noch (im Rahmen einer «sauberen Übergabe», wie Jean Grädel sagte) eine Zwischenbilanz für die ersten fünf Monate 2022 nachliefern.

Dank für die Aufbauarbeit

Christine Forster und Stephan Militz waren zwar ferienhalber nicht bei der Versammlung dabei, aber immer wieder Thema. Zwar kamen bei der Abstimmung über die Rechnung auch kritische Nachfragen zu Kultur Worx, aber die überwiegenden Voten waren voll des Lobes.

«Es war immer alles perfekt organisiert», «Wir haben gut zusammengearbeitet», «Es ist alles korrekt abgerechnet worden», hiess es. Und so tönte auch der Applaus für die beiden Abwesenden überzeugend.

Erleichterung beim scheidenden Vorstand

Ex-Präsident Jean Grädel ist erleichtert, dass die Versammlung so gut über die Bühne gegangen ist. «Ich danke denen, die sich engagieren. Ich ziehe mich ganz zurück, aber wenn im Laufe der Arbeit mal Fragen auftauchen sollten, könnt ihr euch gern an mich wenden.»

Ex-Vizepräsidentin Martina Reichert, die Leiterin der Musikschule Kreuzlingen, hat andere Pläne. Sie ist gerade zur Präsidentin des Thurgauer Musikschulverbands gewählt worden.

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