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von , 21.12.2017

Für David Lang ist das Leben Musik

Für David Lang ist das Leben Musik
Solokünstler, Chorsänger, Komponist und Initiator zahlreicher Projekte und Veranstaltungen: David Lang. | © David Lang

Der Komponist und Musiker David Lang ist seit einigen Monaten zurück in seiner Heimat, dem Thurgau. Er erzählt, warum 2017 für ihn und seine Karriere ein entscheidendes Jahr war, wie seine Musik entsteht und welche Pläne er hat.

Der Komponist und Musiker David Lang hat für das Treffen ein Café in Tägerwilen vorgeschlagen. Er beginnt von seinem gerade zu Ende gegangenen Projekt „Männergesang: Schubert & Lang“ zu erzählen. Zum ersten Mal hat es dieses Jahr stattgefunden. Vier Konzerte, bei denen der Tenorsänger nicht als Solokünstler auf der Bühne stand, sondern gemeinsam mit drei anderen Musikern (Paul Erkamp, Raphaël Favre und Chasper Mani). Sie brachten von Franz Schubert komponierte Werke für Männerchöre zu Gehör. „Er hat laufend Sachen rausgehauen, die mega gut sind“, sagt David Lang über das Schaffen des Österreichers, der 1828 im Alter von 31 Jahren gestorben war. Schubert sei der Komponist für Männerchor schlechthin. Lang hatte bereits in jungen Jahren Kontakt zu solchen Ensembles. Sein Opa war Dorfschulmeister und leitete einen Chor, in dem auch sein Vater sang. Mit 15 Jahren, nach dem Stimmbruch, konnte David Lang mitsingen. „Es war super cool“, erinnert er sich und lacht. „Die Klangwelt hat mich nie mehr losgelassen.“

Hörprobe 1: So klingt David Lang 

39 Jahre ist David Lang. Seit kurzem lebt er wieder in seinem Heimatort Mammern. Seine Berufsbezeichnung: Musiker und Komponist. Doch als Beruf kann man sein Schaffen eigentlich nicht bezeichnen. Die Musik ist sein Leben. 2017, das „war das wichtigste Jahr für meine Karriere“, sagt er. Es sei ein Durchbruch in ihm selbst gewesen. „Ich stehe zu 100 Prozent hinter dem, was ich mache. Ich weiss genauer, was ich will. Ich bin bei mir angekommen.“

Singen wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Der Opa sang, die Eltern waren ebenfalls im Chor – und seine Erzieherin empfahl eines Tages, sie sollten den Jungen zu den Sängerknaben nach Zürich bringen. „Ich habe einfach schon immer gerne gesungen und improvisiert“, erzählt David Lang. Mit drei Geschwistern wuchs er in Mammern auf und lernte Klavierspielen. Während seines Lehrerdiploms hatte er zwei Pädagogen, die ihn im Sologesang förderten. Mit 17 Jahren beschloss er, Berufsmusiker zu werden. „Ich hätte nicht geglaubt, dass das möglich wäre.“ An der Zürcher Hochschule der Künste studierte er Klavier, parallel dazu widmete er sich privat seiner Gesangsausbildung und absolvierte eine Ausbildung zum Chorleiter und Orchesterdirigenten. In beiden Bereichen verdiente er sein Geld, zudem unterrichtete er Klavier und Gesang. Für seine Chöre komponierte er Lieder.

Karriereweg verläuft nicht geradlinig

Sein Karriereweg verlief nicht geradlinig, auch Tiefen gehörten dazu. 2009 habe er das Gefühl gehabt, es gehe nicht mehr weiter. Er reiste nach New York zu einem Gesangslehrer – und blieb drei Monate. „Er hat mir das gegeben, was ich gebraucht habe, um den Beruf zu machen“, sagt Lang rückblickend. Dabei entstand eine Verbindung, die bis heute besteht.
Irgendwann merkte er, dass er nicht mehr zweigleisig fahren wollte: unterrichten, Chöre leiten und selbst Musik machen. Er entschied: „Ich will mich ausdrücken und meinen Weg als Künstler gehen“, also hauptberuflich als Musiker und Komponist arbeiten. Er zog nach Berlin, spielte auf der Strasse, bei Songslams und in „verrauchten Spelunken“. Zudem musizierte er unter anderem bei Hauskonzerten, lernte neue Musiker kennen.

Hörprobe 2: David Langs 12 Raben

In Berlin bekam er Lust, sich mit seiner Muttersprache auseinanderzusetzen. Während des Gesprächs spricht er ausschliesslich Thurgauer Dialekt, in seinen Liedern singt er Hochdeutsch, aber auch Schweizerdeutsch. Jedes Lied habe seine eigene Sprache, erklärt er. Manchmal laufe es beim Texten besser im Hochdeutschen, manchmal im Schweizerdeutsch – oder umgekehrt. Er finde die Auseinandersetzung spannend. „Es ist ein Eintauchen in die Sprache und ein Schauen, wo die Lieblichkeit ist.“ Wenn er komponiere, dann „muss ich geistig und körperlich fit sein“.  Er sei ein aufmerksamer Beobachter im Alltag, erzählt er. Er nehme seine Umgebung wahr – und irgendwann ploppten bestimmte Situationen beim Schreiben wieder auf, flössen in seine Texte ein. Beim Texten und Komponieren sei er tief in der Materie.

Von Mammern Classics bis zum eigenen Soloprogramm

Seit 2015 ist er jährlich mit einem eigenen Programm auf Tour, im kommenden Jahr heisst es „Mondjammern“. Auch wenn er nicht am Bodensee lebte, seiner Heimat Mammern war er immer verbunden. Er ist Initiator verschiedener Projekte. 2012 rief er den „Chor 100“ ins Leben, bei dem singfreudige Menschen ein Wochenende lang ein Werk einüben und es zum Abschluss in einem Konzert vor Publikum vortragen. Mit „Mammern Classics“ feierte er 2008 Premiere. Zunächst als alle drei Jahre stattfindende Meisterklasse ausgelegt, kam 2016  mit „Seegfrörni“ ein von David Lang komponiertes Musical auf die Bühne.  Der Veranstaltungsort in einem Zirkuszelt, einst aus Ermangelung eines Konzertsaals aus der Not entstanden, sei akustisch eine Herausforderung. „Es ist wie eine eigene Welt“, sagt der Mammerner. Professionelle Musiker stehen hier auf der Bühne, organisiert wird die Veranstaltung vom Verein Mammern Classics. „Ich fühle mich sehr unterstützt“, sagt David Lang – auch im Hinblick darauf, dass viele Ehrenamtliche aus dem Ort und der Umgebung während den Aufführungen mithelfen. Auf die Frage, was er sich für die Zukunft wünscht, muss er nicht lange nach einer Antwort suchen: „Ich wünsche mir, dass ich mit meiner Kunst noch mehr Leute erreiche und sich meine Projekte entwickeln.“

Termine: Mit seinem Programm "Mondjammern" ist David Lang im nächsten Jahr auf Tournee. Er spielt auch im Thurgau. Am 22. Februar in der Kantonsschule Frauenfeld, am 23. Februar im Rathaussaal Weinfelden und am 9. März in Amriswil (Kulturforum). Ticketreservationen sind hier möglich: http://www.davidlang.ch/konzerte.php    

Video: So klingt eine Chorkomposition von David Lang


 

 

www.davidlang.ch

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