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von Stefan Böker, 10.08.2020

Gratis-Festival auf Shakespeares Bühne

Gratis-Festival auf Shakespeares Bühne
Wie im Biergarten: Valentin Huber (r.) zapft ein selbstgebrautes für Raphi Hugentobler. Derzeit spielt das Seeburgtheater auf der Seebühne. | © Stefan Böker

Fast alle Open Airs in der Region fallen in diesem Sommer aus. Fast alle? In Kreuzlingen stellt der Verein kultling am 15. August einen gratis Konzertabend unter freiem Himmel auf die Beine.

Die Zutaten fürs diesjährige Open Air im Seeburgpark sind einfach, aber exquisit: Auf der Seebühne stehen bekannte MusikerInnen, verschiedene selbstgebraute Biersorten und Thurgauer Bratwürste warten darauf, probiert zu werden, während die Atmosphäre vor der grandiosen Bodensee-Kulisse das Sahnehäubchen auf dem Konzertabend unter freiem Himmel ist. „Wir freuen uns schon wahnsinnig darauf“, verrät Valentin Huber vom Verein kultling.

Bis zuletzt mussten die VeranstalterInnen bangen, ob der Event die Genehmigung bekommt – jetzt ist alles in trockenen Tüchern. „Wir haben die Erlaubnis der Stadt, die Bühne bis Mitternacht zu beschallen“, sagt er. Bezüglich des Publikums gibt es eine Obergrenze: Maximal 300 Personen dürfen sich auf dem Gelände befinden. Darum sperren die Kultling-HelferInnen dieses weiträumig ab und haben ein Leitsystem erarbeitet. Es sei ihnen sehr wichtig, die gesetzlichen Vorgaben penibel zu erfüllen, meint Huber.

Einlass ist nur nach Angabe der erforderlichen Kontaktdaten möglich. Pro Gast stehen mindestens fünf Quadratmeter Platz zur Verfügung, es gibt Hygienestationen zum Händewaschen und Masken werden gratis abgegeben (wie natürlich auch Gehörschutzstöpsel).

Video: Alvaro Peña live

Leidenschaft für Musik

Beim Kultling-Team steht Leidenschaft für Musik an erster Stelle. Booker Raphi Hugentobler hat für das Ein-Tages-Festival ein rundes Programm auf die Beine gestellt. Den Anfang macht der chilenische Alt-Punk Álvaro Peña, unterstützt von seiner Kreuzlinger Band. „Sozusagen ein Ausflug in die Musikgeschichte“, erklärt Hugentobler. Paradiesvogel Peña hat schon in den 70er Jahren mit Joe Strummer von The Clash in London Musik gemacht. Seitdem sind zahlreiche Veröffentlichungen gefolgt; in Chile geniesst der seit langen Jahren in Konstanz lebende Musiker Legendenstatus. Seine mit nasaler Stimme vorgetragenen Songs klingen eingängig und wurden vom Sounds Magazin als „radikal experimentelle Folkmusik“ bezeichnet.

OGMH läuten darauf den Generationenwechsel ein“, kündigt Hugentobler an. Das Quartett aus Kreuzlingen und Umgebung hat punkige Wurzeln, entwickelte sich indes von den krachigen Tönen der Anfangszeit hin zu tanzbarem Indierock. Im vergangenen Jahr erschien ihr zweites Album „Void“. Synthesizer unterstützen den melodischen Sound, textlich verhandelt Sänger Alex Nauva darauf die Probleme der Generation Y.

Video: «Big League» von OGMH

Vollständig instrumental endet der Abend dann mit The Robots aus St. Gallen. Die Band um den umtriebigen Berufsmusiker Marc Jenny schliesst den Kreis, denn sie spielt elektronische Tanzmusik, allerdings mit analogen Instrumenten – Schlagzeug, Bass, Synthesizern – und teils selbst entwickelten Effektgeräten. Die Noten für die improvisierten Songs lassen die über Ipads verbundenen Musiker von einem Algorithmus schreiben, als Wegweiser, dem sie folgen können, aber nicht müssen – Futurismus gepaart mit traditionellem musikalischem Handwerk.

Video: So klingen The Robots

Veranstalter sind Fans

„Diese ausgefallene, unbedingt hörenswerte Band vor der grandiosen Kulisse am Seeufer erleben zu können, ist einmalig“ freut sich Booker Hugentobler bei einem Rundgang vor der Tribüne. Ihn entschädige das für die Absage des eigentlichen, drei Tage dauernden Festivals nach Ausbruch der Corona-Pandemie. „Wir mussten bereits gebuchten, internationalen Acts, die ich gerne gesehen hätte, die Verträge zurücksenden“, sagt er. „Jetzt haben wir dafür auf Bands aus der Region gesetzt und diese zeigen wieder einmal, wie viel Talent sich in unserer Region versteckt.“

Vom Wunsch, das Festival doch irgendwie durchzuführen, liessen sich die VeranstalterInnen durch nichts abbringen. Was auch am Feedback der KünstlerInnen lag, erzählt Valentin Huber. „Als Marc Jenny die Absage bekam, richtete er uns umgehend aus, dass er, egal wann und wo, für eine Kollektengage spielen würde. Er benötige lediglich einen 230-Volt-Anschluss.“

Ob sich die Situation für Veranstaltungen dieser Art bis zum 15. August weiter verschärft – Kantone wie der Aargau oder Basel-Stadt haben bereits neue Regelungen eingesetzt – werde sich zeigen. Sorgen bereitet den OrganisatorInnen das nicht: "Selbst wenn wir am Ende nur 100 Menschen (inklusive unseren HelferInnen und KünstlerInnen) einlassen dürfen, ziehen wir den Anlass trotzdem durch", versichert Huber.

 

Früh kommen lohnt sich

Der musikalische Teil des Festivals beginnt um 20 Uhr. Der Einlass ist gratis. Da es eine Zugangsbeschränkung auf 300 Personen gibt, empfiehlt es sich, früh zu kommen. Bis 18 Uhr kann man sich frei im Seeburgpark bewegen. Dann werden allerdings die 1500 Quadratmeter eingezäunt und der Einlass beginnt. Das Mitbringen von alkoholischen Getränken sowie Glasflaschen und Dosen ist nicht erlaubt. Im Internet: www.kultling.ch

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