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von Veronika Fischer, 31.07.2018

Heiss, heisser, Heizwerk

Heiss, heisser, Heizwerk
2017 gab es die erste Auflage des Heizwerk-Festivals in Arbon. Nach drei Ausgaben ist nun Schluss. | © Heizwerk-Festival

Vom 1. bis 5. August wird auf dem Gelände des Heizwerks in Arbon Platz gemacht für Kunst, Konzerte und Design. Das Industriegebäude direkt am See ist eine super Location für ein Festival – und das Line Up ist wie die Wetterprognose: hervorragend.

«Industriell, mystisch, historisch, charakteristisch und einmalig.» So beschreiben die Veranstalter des Heizwerk-Festivals ihre Location. Zwischen den alten Türmen und begehbaren Öltanks des stillgelegten Industrietraktes wird ab 1. August eingeheizt. Wo bis vor 20 Jahren die zentrale Heizzentrale Arbons war, gibt es für eine knappe Woche heisse Beats. An fünf Tagen wird das Areal direkt am See ein Zuhause für Bands wie Züri West, Danitsa, Andy Cooper, und die Steaming Satelites, aber auch für Poetry Slammer, Clowns und Designer.

Michael Hohermuth vom Verein Triebwerk ist einer der Veranstalter. Bis vor zwei Jahren haben sie das Kulturlokal Triebwerk geführt, in dem es Lesungen und Konzerte gab. Nach der Schliessung ward keine passende Alternativlocation gefunden, aber das Heizwerk stand verlockend herum. Die Idee eines Festivals war also naheliegend – und auch das Resümee der ersten Ausgabe letzten Sommer ist durchwegs positiv. «Wir wollen ein Festival machen, bei dem die Musik im Vordergrund steht», sagt Hohermuth. Daher gibt es nur eine Bühne, drei Essstände und zwei Bars. Kein Firlefanz und kein Stagehopping also. «Es geht um eine entspannte Atmosphäre und um etwas Neues und Anderes in Arbon.»

Aussen Industrie, innen Popkultur: Beim Heizwerk-Festival in Arbon bestechen Location und Programm
Aussen Industrie, innen Popkultur: Beim Heizwerk-Festival in Arbon bestechen Location und Programm. Bild: Festival


Hohermuth verbringt die kommenden Tage noch damit Seile zu spannen, die als Dekoinstallation angebracht werden. Und was wird musikalisch geboten? Am Nationalfeiertag gehts Schweizerisch zu und her: Zuerst kommt Hermann. Klingt wie Hefekuchen, ist aber poppiger Sound aus Luzern. In Mundart spielt das Trio mit analogen Synthie-Sounds, surfigen Gitarren und Beats im Herzschlagtakt. Best of Schweizer Sound gibts dann im Anschluss: Züri West sind bekannt für berndeutsche Songs wie «Bümpliz-Casablanca», «Elvis» und «I schänke dr mis Härz». Speziell letzteres eignet sich hervorragend für Liebeskummer aller Art, und Frontman Kuno Lauener wurde einst zum Sexiest Swiss Man Alive gekürt. Hier lässt sich live überprüfen, ob das noch gilt.

Video: Züri West mit «I schänke dr mis Härz»

Donnerstag ist Poetry-Tag. Der Slam im Team gilt als die inoffizielle Königsdisziplin in der Szene. Die Dichter kämpfen in Zweierteams um die Gunst des Publikums und eine Flasche Hochprozentiges. Mit dabei sind unter anderem die amtierenden Schweizer Meister Die Agile Liga und die Ex-Schweizermeister Interrobang. Am Freitag dann stehen alle Zeichen auf Rap. Den Start macht, soft und deutschsprachig, Otto Normal – «ein komprimiertes Orchester, das in der Synergie von Pop und Rap seinen Stil gefunden hat und seinen Zuhörern einen Reality Check anbietet», heisst es in der Ankündigung der Veranstalter. Dabei verliere sich die Band aber nicht in Betroffenheitslyrik und Schmusepoesie, sondern zeige Kante und sehe sich als Teil und Akteur des Zeitgeschehens.

Anschliessend kommt die wunderbare Danitsa aus Genf mit ihrer souligen Stimme und singt den Captain. Sie wurde bei den Swiss Music Awards 2018 als bester Act Romandie ausgezeichnet. Wer das Konzert im Palace verpasst hat oder mehr davon braucht: Auf nach Arbon! Zum Abschluss des Abends gibt es Oldschool-Hip-Hop mit Andy Cooper, Mitglied der legendären Ugly Duckling aus Kalifornien. Seit 1993 haben sie Tourneen in über 30 Ländern gespielt und sechs Alben veröffentlicht. Nun ist Cooper alleine unterwegs und spielt Rap für Liebhaber, die auch anderen Genres etwas abgewinnen können, zum Beispiel jazzigem Funk.

Video: So klingt Danitsa

Der Samstag beginnt nackig und magisch und bietet ein perfektes Festivalmotto. «Die Band Magic & Naked klingt wie ein Schiff auf weiter See, Phantasievögel am Horizont, ein purpurroter Sternenregen», lobt der Veranstalter in seinem Ankündigungstext. Weiter geht es mit Catalyst, Gewinner des BandXOst-Wettbewerbs 2016, deren grungige Gewalt auf geballte Energie trifft und mit harten Rockelementen verschmilzt. 

Danach zeigen die Steaming Satellites «ihr Klanguniversum, das sich abwechselnd schier unendlich ausdehnt und maximal verdichtet. Im Indie-Rock verwurzelt, bandeln sie gekonnt mit Blues, Funk und Soul an und erlauben sich beherzte Pop-Ausflüge» heisst es auf der Internetseite des Heizwerk-Festivals. Den Abschluss machen die Solothurner Basement Saints, «ein whiskeygetränkter Trip in die kalifornischen Seventies», so der Veranstalter. 

Video: Das sind die Steaming Sattelites

Anreise, Kosten und Infos

Am Sonntag ist der Eintritt gratis. Von 10 bis 17 Uhr ist ein Designmarkt, auf dem Labels und Künstler ihre Werke feilbieten. Hier kann man sich mit Gold und Glitzer schmücken, Babys aufhübschen, stylische Socken für kältere Zeiten einpacken, sich Honig ums Maul schmieren lassen, Hanf essen und einiges mehr. Zudem findet ein Lindy Hop Crashkurs statt. Akustisch begleitet wird das Ganze von der Coniglio Connection aus St.Gallen.

Im vergangenen Jahr wurden die Veranstalter von einigen gefragt, ob man sie nicht irgendwie unterstützen könne. Da sie keine Zweiklassengesellschaft wollen, gibt es kein VIP Ticket, sondern ein Gönnerabo. Für 250 Stutz gibts einen Apéro, einer Führung durchs Gelände und für 400 noch für jeden Abend ein Zusatzticket für eine Begleitperson.

Regulär kostet der Festivalpass 98 Franken, Einzeltickets gibts für 25 bis 48 Franken. Es gibt sie direkt über die Internetseite des Festivals. Örtliche Vorverkaufsstellen sind die Thurgauer Kantonalbank Arbon oder das Kulturbüro am Blumenbergplatz in St.Gallen.

Das Festivalgelände befindet sich an der Stickereistrasse gegenüber des neuen Jumbos in Arbon. Zeltplätze und Übernachtungsmöglichkeiten gibt es keine, auch die Anzahl der Parkplätze ist begrenzt, daher empfiehlt sich eine Anreise via öV – der Bahnhof ist praktischerweise gleich ums Eck. Das Festival im Internet: http://heizwerk-festival.ch 

Der Text erschien zuerst auf www.saiten.ch 

Macht Lust: Der Trailer zum Heizwerk-Festival 2018

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