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von Brigitta Hochuli, 19.09.2012

Kulturkonzept bis 2015: 3 Millionen mehr

Kulturkonzept bis 2015: 3 Millionen mehr
Bebildert ist die Broschüre mit Ausschnitten aus der Fotoserie «silent dreams», 2010 von Rahel Müller. | © Screenshot tgk

Für die Jahre 2013 bis 2015 seien im gründlich überarbeiteten Kulturkonzept jährliche Leistungen von gegen 26,2 Mio. Franken aus der Staatsrechnung wie auch aus dem Lotteriefonds vorgesehen. Das seien gegen 3 Mio. mehr als bisher, teilt das Departement für Erziehung und Kultur im Folgenden mit. In einer ersten kurzen Stellungnahme bezeichnet Kulturamtchef René Munz das neue Konzept als sehr erfeulich, weil es unter anderem zeige, „dass wir Schritt für Schritt vorwärtsgehen können und bisher noch keine Abstriche aus Spargründen machen müssen“.

Das revidierte Kulturkonzept 2013 - 2015 gibt einen umfassenden Überblick über die Leistungen des Kantons in den Bereichen Kulturförderung und Kulturpflege. Es zeigt auf, welche

● Schwerpunkte und Entwicklungsziele gesetzt werden in den kommenden drei Jahren, welche

● Grundsätze, Richtlinien und Kriterien für die Vergabe von Beiträgen aus dem Lotteriefonds gelten und wie die verfügbaren Mittel eingesetzt werden sollen. Ziel des Konzeptes ist,

● Transparenz zu schaffen in kulturpolitischen Belangen und klare Spielregeln für alle zu garantieren, wenn es um Beitragsleistungen geht.

Breites Kulturangebot

In der Einleitung des Kulturkonzeptes wird auf die Bedeutung des kulturellen Lebens für den Thurgau hingewiesen. Diese kann zwar nicht allein mit Zahlen belegt werden. Aber jährlich gegen 100‘000 Besucherinnen und Besucher der kantonalen Museen oder auch der Kantonsbibliothek, zehntausende verkaufte Theater- und Konzerttickets und ungezählte Besucherinnen und Besucher der verschiedensten Ausstellungen, Lesungen, Kinos oder OpenAir-Veranstaltungen im Kanton weisen doch darauf hin, dass das grosse und sehr breite Kulturangebot im Thurgau gut genutzt wird. Ein überwiegender Teil die-
ses Angebotes wird direkt oder indirekt (über Infrastrukturbeiträge) vom Kanton mitfi- nanziert.

Kulturförderung

Die Entwicklung verschiedener Bereiche soll in den kommenden drei Jahren besonderes Gewicht haben. So soll etwa die regionale Kulturförderung weiter ausgebaut werden:

● Zweckverbände: Wenn sich die Gemeinden einer grösseren Region zu einem Zweckverband für die Kul- turförderung zusammenschliessen - allenfalls auch mit Beteiligung der lokalen und regionalen Kulturveranstalter - verdoppelt der Kanton die Mittel, welche die Gemeinden einbringen. Dieses Modell hat sich im Hinterthurgau mit der Region Wil («ThurKultur»), in der Regio Frauenfeld, im Bezirk Kreuzlingen («Kultursee») wie auch in der Region Diessenhofen schon sehr bewährt. Damit werden die Gemeinden in ihrer verfassungs- mässigen Verpflichtung zur Kulturförderung unterstützt und gestärkt.

● Schulen: Auch die Kulturvermittlung an den Schulen soll durch verbesserte Informationsleistungen und mit dem Aufbau eines Netzwerks interessierter Lehrpersonen gezielt verstärkt werden.

● Tanz: Ebenso ist die Förderung des modernen Tanzes als einer der Schwerpunkte vorgesehen nebst andern spezifischen Massnahmen, die im Konzept aufgeführt werden.

● Sparten: Und selbstverständlich werden alle Sparten der Kultur - von der Volkskultur über die verschiedensten Bereiche der Musik und des Theaters bis zur Bildenden Kunst - mindestens in bisherigem, wenn nicht in verstärktem Umfang unterstützt.

Kulturpflege

Der sorgsame Umgang mit überliefertem Kulturgut prägt die Identitätsbildung. Im Thurgau geniesst die Kulturpflege darum einen hohen Stellenwert. Andererseits ist auch festzustellen, dass das Geschichtsbewusstsein in der Bevölkerung schwindet. Umso mehr wächst die Verantwortung der Institutionen der öffentlichen Hand in diesem Be-reich.

Es stellen sich mehr und mehr drängende Fragen: Welches kulturelle Erbe muss erhalten werden? Welche Entwicklungsmöglichkeiten und Infrastrukturen brauchen die kantonalen Einrichtungen wie Archäologie, Denkmalpflege, Historisches Museum, Kunst- und Ittinger Museum, Naturmuseum, Napoleonmuseum und Kantonsbibliothek? Antworten auf die spezifischen Fragestellungen sind im Kulturkonzept enthalten.

Als übergreifende Schwerpunkte im Bereich der Kulturpflege soll die

● Inventarisierung und Erschliessung der kantonalen Sammlungen und Archivbestände vorangetrieben sowie die

● Vernetzung der Museen, Sammlungen und Kulturdenkmäler im Thurgau gestärkt und weiterentwickelt werden; unter anderem auch in Form des

● kulturtouristischen Programms «Kulturland Thurgau» in Zusammenarbeit mit Thurgau Tourismus.

Finanzierung

Das Kulturkonzept 2013 - 2015 deklariert im Sinne der Transparenz die Kriterien für die Vergabe von Beiträgen aus dem Lotteriefonds. Neu werden auch jene Kriterien aufge- führt, die für gemeinnützige Projekte gelten, die nicht zur Kulturförderung zählen.

● Gemäss Kulturkonzept ist vorgesehen, dass jährlich etwa 8,8 Mio. Franken aus dem Lotteriefonds bereit gestellt werden für

● Projektbeiträge (2,3 Mio.), für

● Leistungsvereinbarungen mit kulturellen Trägerschaften (2,4 Mio.), für die

● Denkmalpflege bzw. den Natur- und Heimatschutzfonds NHG (2 Mio.), für die

● Kulturstiftung des Kantons Thurgau (1,1 Mio.), für

● gemeinnützige Projekte, humanitäre Hilfsaktionen und Verschiedenes (1 Mio.). Zudem werden etwa

● 1,9 Mio. aus allgemeinen Staatsmitteln für Beiträge eingesetzt, davon

● 1,6 Mio. für den Kulturlastenausgleich der Ostschweizer Kantone im Rahmen des Neu- en Finanzausgleichs NFA.

● Die Ausgaben der kulturellen Ämter und Museen (Amt für Archäologie, Amt für Denkmalpflege, Kantonsbibliothek, Staatsarchiv und Kulturamt mit Historischem Museum, Kunst- und Ittinger Museum, Naturmuseum und Napoleonmu- seum) werden jährlich in der Staatsrechnung budgetiert und ausgewiesen, derzeit im Umfang von insgesamt gut 15,5 Mio. Franken. (ka)

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Besondere Entwicklungsziele und Massnahmen (Zusammenfassung im Kulturkonzept)

Für die kommende Kulturkonzeptperiode 2013 bis 2015 werden folgende Entwick- lungsziele und Schwerpunkte gesetzt:

✗ Weiterentwicklung der regionalen Kulturförderung: Einrichtung weiterer Regional-
trägerschaften, Erhöhung der von den Gemeinden und vom Kanton paritätisch eingebrachten Mittel. Damit verbunden: Reduktion der Unterstützung von lokalen und regionalen Einzelprojekten. Ziel: Mittelfristig sollen für Beiträge unter Fr. 5000.– prinzipiell die Kulturregionen bzw. die Gemeinden zuständig sein.

✗ Ausbau und Stärkung der Kulturvermittlung an Schulen: Unterstützung von Ver- mittlungsangeboten, Aufbau eines Kontaktnetzes mit Lehrpersonen in möglichst jedem Schulhaus, Einrichtung einer Informations- und Vermittlungsstelle für stufenspezifische Informationen, engere Zusammenarbeit zwischen Museen und Lehrerbildung.

✗ Etablierung und Verbesserung des Kulturportals www.thurgaukultur.ch: Verbesserung der technischen Grundlagen (Anwenderfreundlichere Software, einfachere Nutzung, bessere und vom Provider unabhängige Priorisierung der Einträge, übersichtlichere Architektur usw.). Erweiterung als Informationsplattform für Kulturvermittlung in den Schulen (stufenspezifische Informationen über Vermittlungsangebote im Kanton sowie in den angrenzenden Kantonen und Städten).

✗ Unterstützung profilierter, regionaler Kulturzentren: Förderung eines gezielten Ausbaus geeigneter Infrastrukturen in den grösseren Agglomerationen sowie Förderung der Professionalisierung langjähriger Trägerschaften mit ausgewiesenem Know-how (Veranstalter, Produzenten, Vermittler etc.) in Ergänzung bzw. in Zusammenarbeit mit den betreffenden Gemeinden und Regionen.

✗ Stärkung der Begabtenförderung: Etablierung einer ergänzenden, bedarfsabhängigen Zusatzfinanzierung für die Begabtenförderung im Rahmen des kantonalen Konzeptes für die Begabtenförderung.

✗ Kooperative, überregionale beziehungsweise interkantonale Tanzförderung: Weiterführung des Projektes TanzPlan Ost, Unterstützung der regionalen Aktivitäten von «reso» und «danse suisse» (Kooperierte Tanzförderung Bund-Kantone-Städte).

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● Das aktuelle Kulturkonzept enthält neben einer umfassenden Übersicht detaillierte Informationen über die gesetzlichen Grundlagen, Richtlinien und Schwerpunktsetzungen, die bei der Vergabe von Beiträgen gelten.
Das Konzept kann als Broschüre beim Kulturamt Thurgau, 8510 Frauenfeld, bestellt oder elektronisch abgerufen werden auf der Seite www.kulturamt.tg.ch.

● Bebildert ist die Broschüre mit Ausschnitten aus der Fotoserie «silent dreams», 2010 von Rahel Müller.

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Fragen an Kulturamtchef René Munz

Herr Munz, bei den "besonderen Entwicklungszielen und Massnahmen" fällt neu die Kulturvermittlung an Schulen auf. Was ist hier konkret vorgesehen?

René Munz: Vorgesehen ist die Realisierung eines entsprechenden externen Projektes. Neue Stellen gibt's beim Kanton ja bekanntlich nicht.

Bei den Museen fehlt im Konzept eine konkrete Thematisierung des Neubaus des Kunstmuseums Thurgau, schliesslich soll der Lotteriefonds von einer „namhaften“ Entnahme betroffen sein, wie früher mitgeteilt worden ist. Was ist der Grund?

René Munz: Dieses Vorhaben ist auf Seite 28 im Kapitel Kunstmuseum Thurgau, Entwicklungsziele, aufgeführt. Bauherrschaft ist jedoch nicht der Kanton, sondern die private Stiftung Kartause Ittingen. Sie muss einen solchen Erweiterungsbau primär realisieren wollen - was ja zu unserer Freude auf guten Wegen zu sein scheint.

Die im Pressebericht erwähnten 3 Mio. Franken Mehrausgaben stammen aus der Staatsrechnung wie auch aus dem Lotteriefonds. Wie ist hier die Aufteilung? Und wo genau fallen sie an?

René Munz: Die drei Millionen sind eine Gesamtsumme, die verteilt werden muss auf die Kulturförderung einerseits und auf die Kulturpflege, zu denen auch alle kulturellen Ämter - von der Archäologie, Denkmalpflege, Kantonsbibliothek, Staatsarchiv bis zum Kulturamt mit den fünf Museen gehört. Im Bereich der Kulturförderung fällt der grösste Posten mit 1,6 Mio. Franken auf den Kulturlastenausgleich der Ostschweizer Kantone im Rahmen des Neuen Finanzausgleichs zugunsten des Theaters St. Gallen ins Gewicht. Wir wollen aber auch bestehende Einrichtungen mit individuellen Erhöhungen der Beiträge für Leistungsvereinbarungen stärken. Diese Mittel werden aus dem Lotteriefonds finanziert. Die Ausgaben für die kulturellen Ämter und Museen werden von Jahr zu Jahr neu in der Staatsrechnung budgetiert. Dort werden sich die Zahlen in den kommenden Jahren entsprechend ändern.

Die Vergleichszahlen der Ausgaben sind bis 2011 tabelliert. Was ist hier besonders erwähnenswert?

René Munz: Die Ausgabentabelle zeigt ausser den Leistungen für die Kulturförderung und die Kulturpflege auch die Ausgaben für die Musikschulen, die sonst bei den Bildungsausgaben erscheinen. Vor einigen Jahren wurden die Musikschulen noch aus dem Lotteriefonds unterstützt - da hat es in den vergangenen Jahren einen riesigen Sprung gegeben.

Ein Leser kritisiert die Zahl 1798 als falsches Datum Kantonsgründung auf Seite 11 des neuen Kulturkonzepts.

René Munz: Das Datum ist nicht falsch: der Kanton Thurgau in seiner heutigen Form wurde 1798 in der Helvetik konstituiert. Dass es dann noch einmal fünf Jahre dauerte, bis der Thurgau den Status eines gleichberechtigten Kantons erhielt, tut dem keinen Abbruch.

Was ist für Sie persönlich das Tolle am neuen Kulturkonzept?

René Munz: Das Kulturkonzept wurde in Zusammenarbeit mit allen kulturellen Ämtern, mit der Kulturkommission, mit der Kulturstiftung und mit den Fachexperten des Kulturamtes weiterentwickelt. Es zeigt eine sehr umfassende Übersicht über die kulturellen Leistungen des Kantons. Und es zeigt auch, dass wir Schritt für Schritt vorwärtsgehen können und bisher noch keine Abstriche aus Spargründen machen müssen. Das ist doch wirklich sehr erfreulich, oder? (ho)

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