von Zora Debrunner, 22.02.2013
Maya Onkens "Nestkälte"

Maya Onken, die Tochter von Julia Onken und studierte Germanistin liebt die deutsche Sprache - und den Thurgau. Jetzt hat die Geschäftsleiterin des Frauenseminars Bodensee in Romanshorn ein neues Buch geschrieben. „Nestkälte“ handelt von Seitensprüngen und vom Bewahren der Liebe. Die Thurgauerinnen, meint die Autorin im Interview, würfen die Flinte nicht so schnell ins Korn.
Zora Debrunner
Alé hat gerade ihren Mann betrogen, worauf sie aber weder besonders stolz ist noch viel davon hat: Der Liebhaber war nämlich ein sexueller Tiefflieger. Nun versucht Alé mittels Coachingausbildung und Gesprächen mit guten Freundinnen herauszufinden, warum sie und ihr Mann Philippe sich auseinander gelebt haben. Es leuchtet dem Leser schnell ein, dass eine Ehe flotter kaputt geht, als man „bap!!“ sagen kann. Maya Onken beschreibt die vielen kleinen Verletzungen und Frustrationen, die dazu führen, dass Mann und Frau nicht mehr miteinander „können“.
Gemeinsam mit Alé erfahren wir, wie es der Freundin ergeht, die von ihrem Mann mit einer attraktiven Rothaarigen betrogen wird. Wir leiden mit, wenn Alés Schwester Schluss mit ihrem marokkanischen Geliebten machen will, der eine etwas andere Sicht auf die Liebe hat.
Die titelgebende Nestkälte ist in den vielen kleinen Geschichten deutlich zu spüren. Das Buch handelt von Frauen im besten Alter, die auf der Suche nach Liebe sind. Die einen finden sie ausserhalb ihrer Ehe als Seitenspringerinnen, die anderen werden von ihren Ehemännern betrogen oder sind versteckte Geliebte. Alles in allem werden alle drei Punkte des Toblerone-Dreiecks Geliebte, Betrogene und Seitenspringerin behandelt. Die Autorin beschreibt dies in einer einfachen und eingängigen Sprache, die aber fesselt und gleichzeitig nachdenklich macht.
Maya Onken wäre aber nicht Maya Onken, wenn sie einfach Ratschläge erteilte. Nein. Wie es sich für ein kluges Buch für Frauen (und Männer!) gehört, liefert sie Literaturlisten und einen kleinen Begleitband mit, welcher die ganze herbe Theorie nochmals zusammenfasst. Onken belässt es nicht beim Schreiben: Sie hat parallel dazu die Fachstelle „SOS-Affäre“ gegründet.
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Maya Onken: Nestkälte - vom Lügen, Betrügen und Verzeihen, Edition Xanthippe Zürich München Wien
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Maya Onken und der Thurgau
Frau Onken, wie hat Sie der Thurgau als Autorin geprägt?
Maya Onken: Ich bin im Thurgau aufgewachsen, in Kreuzlingen und in Frauenfeld. Aber seit über 20 Jahre lebe ich im Kanton Zürich, zehn davon in Zürich City. Es zieht mich immer wieder in meine Heimat, so habe ich die letzten sieben Jahre in Romanshorn gearbeitet und immer, wenn ich die Ausfahrt Kreuzlingen nehme und den Blick auf den Bodensee erhasche, breitet sich ein wohliges Gefühl aus. Auf diesen langen Pendelfahrten zwischen zwei Kantonen sind mir viele Geschichten in den Sinn gekommen, die in meinen Büchern vorkommen. Auch die Nähe zu Deutschland war entscheidend. So liebe ich die deutsche Sprache und bei neuen Worten oder spannenden Satzkreationen hüpft mein Herz.
Ihr Buch „Nestwärme“ ist letztlich ein Buch über die Liebe. Wie lieben denn nun die Thurgauerinnen?
Maya Onken: Ich denke, dass die Thurgauerinnen so lieben wie alle anderen Frauen auch. Wie viele Frauen in der Schweiz haben sie gelernt, sich selbst ernst zu nehmen, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und diese zu kommunizieren. Da die meisten Thurgauerinnen ländlich aufgewachsen sind, geben sie einer Beziehung oft noch eine zusätzliche Chance und werfen nicht so schnell die Flinte ins Korn. Dies ist auch bei den Scheidungsquoten ersichtlich: Thurgauerinnen bleiben länger als der Schweizer Durchschnitt mit ihrem Partner zusammen und lassen sich weniger oft scheiden.
Zum Thema Lügen, Betrügen und Verzeihen haben Sie vor kurzem die Fachstelle SOS-Affäre gegründet. Was versprechen Sie sich davon?
Maya Onken: Wie alles Spannende, Erotische und Verbotene ist eine Affäre am Anfang ein Hochgenuss. Doch wenn sich das interne Regelwerk einer Affäre verändert oder wenn Affären herauskommen, dann entsteht ein hoher Leidensdruck und oft eine Dringlichkeit für Entscheidungen und Massnahmen. Dann brauchen Betroffene entweder ein ausgezeichnetes, neutrales Freundschaftsnetzwerk oder eine professionelle Fachstelle. Wir begleiten Betroffene in ihrem Emotionstsunami und unterstützen sie dabei, eigene massgeschneiderte Lösungen zu entwerfen. Es ist leicht und einfach, in eine Affäre hineinzugeraten und wirklich schwierig, da wieder heil herauszukommen. Auch langjährige Geliebte können von unseren Coachings profitieren. Die SOS-Affären-Fachstelle ist ein Nischenangebot, das bereits rege genutzt wird. (zd)
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Maya Onken
Am 22. Oktober 1968 wurde Maya Onken in St. Gallen geboren. Den Kindergarten und die Primarschule besuchte sie in Bottighofen, die Sekundarschule in Kreuzlingen hingegen erreichte sie per Fahrrad. Die sportliche Begeisterung steckte schon seit Kindesbeinen in ihr, so dass sie ihre Berufsziele auf das Tanzen ausrichtete. Neben hartem klassischem Balletttraining besuchte sie für ein Jahr die Diplommittelschule an der Kantonsschule in Frauenfeld.
Die Nähe zum Gymnasium weckte in ihr grosses Interesse an gymnasialen Bildungsinhalten. 1984 wechselte sie in das Wirtschaftsgymnasium und erhielt vier Jahre später die Matura. Noch im gleichen Jahr begann sie an der Universität Zürich Germanistik zu studieren. Im Laufe des Studiums kamen die Nebenfächer Pädagogik und allgemeine Didaktik hinzu und ausserdem die Vorlesungen, Kurse und Praktikas für die Ausbildung zur Mittelschullehrerin.
Schon gegen Ende ihres Studiums unterrichtete sie Deutsch und Pädagogik an verschiedenen Gymnasien. Obwohl Unterrichten eine ihrer Passionen war, fehlte ihr etwas. 1996 wechselte sie in die Privatwirtschaft und übernahm die Ausbildungsleitung von The Body Shop in der Schweiz. Nach einem Jahr zudem die Verantwortung für das gesamte Personal. In dieser Zeit heiratete sie und bekam zwei Töchter. 2006 wechselte sie an das Frauenseminar Bodensee und veröffentliche ihr erstes Buch „Hilfe, ich bin eine emanzipierte Mutter.“ Seither führt sie mit ihrer Mutter mit viel Engagement und Leidenschaft das Frauenseminar Bodensee. 2009 erschien ihr nächstes Buch „heissssss – eine Lustreise zur Sexgöttin“. Im Frühjahr 2011 eröffnete sie eine Zweigstelle des Frauenseminar Bodensees in Uster.

Von Zora Debrunner
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