11.05.2021
Verliebt in den Moment
Der diesjährige Kulturpreis des Kantons Thurgau geht an die Frauenfelder Fotografin Simone Kappeler. Damit soll das langjährige Schaffen der Künstlerin gewürdigt werden. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Simone Kappeler (*1952) zählt zu den wichtigsten Schweizer Fotokünstlerinnen ihrer Generation. Schon als Jugendliche fand sie in der Fotografie ein Ausdrucksmittel, mit dem sie der Magie und Realität der Bilder nachspüren konnte. „Mit dem Apparat unseres Kindermädchens habe ich am liebsten Tiere fotografiert. Ich war so ein Sammlertyp, Fotos waren da ein gutes Medium für mich", erinnerte sich die Frauenfelderin in einem Gespräch vor einigen Jahren.
Etwas später im Biologieunterricht, Kappeler war gerade 13 Jahre alt, hat sie die Entwicklungsstadien von Molchen fotografisch festgehalten. Ein eher wissenschaftlicher Ansatz, aber doch findet sich diese Neigung zum Dokumentarischen auch in ihren späteren Arbeiten wieder.
Die Faszination des chemischen Prozesses
Im Zentrum ihres Schaffens stand und steht die analoge Fotografie, bei der die durch einen chemischen Prozess hervorgerufene Erscheinung des Bildes immer wieder neu provoziert und bewundert wird.
Dass sie nun den Thurgauer Kulturpreis erhält, bedeute ihr viel, verrät die Fotografin auf Nachfrage von thurgaukultur.ch: «Ich war total überrascht und natürlich hocherfreut, als ich das Telefonat von Frau Regierungsrätin Knill erhielt, und ich bin es noch immer», schreibt sie in einer E-Mail. Und: «Der Preis ist eine grossartige Anerkennung meiner Arbeit, die während 50 Jahren vor allem in meiner Region enstanden ist und entsteht, und die auch eine Ode an diese Landschaft und das Leben hier ist. Es bedeutet mir sehr viel, dass meine Fotografien an ihrem Entstehungsort so positiv wahrgenommen und gewürdigt werden.»
«Es bedeutet mir sehr viel, dass meine Fotografien an ihrem Entstehungsort so positiv wahrgenommen und gewürdigt werden.»
Simone Kappeler, Fotografin (Bild: Archiv)
Dabei war Simone Kappelers Weg in die Fotografie nicht ganz so direkt, wie man sich das vielleicht anhand ihres umfangreichen Werkes heute denken würde. Kappeler entschied sich in ihren Jugendjahren zunächst für die Naturwissenschaften. Sie schrieb sich für ein Biologiestudium ein, merkte dann aber recht bald, dass sie die Kunst doch mehr interessiert.
Sie sattelte um auf Kunstgeschichte und Germanistik, später liess sie sich an der Züricher Schule für Gestaltung in der Fachklasse für Fotografie ausbilden. Seit den 1980er Jahren arbeitet sie als freischaffende Fotografin. Über die Frage, warum sie sich letztlich für dieses Medium entschieden habe, muss die 68-Jährige nicht lange nachdenken: „Es sind vor allem zwei Dinge: Mir gefällt die Mischung aus Gestalterischem und Technischem und ich finde es immer noch faszinierend, dass bei der Fotografie das Entscheidende in Sekunden passiert“, sagte Simone Kappeler mal in einem Gespräch vor einigen Jahren.
Motive findet sie auf Reisen, aber auch im Alltag
Als Fotografin experimentiert sie mit allen Möglichkeiten der Kamera, des Filmmaterials und des Fotopapiers, die sie bis an die Grenzen des technisch Machbaren auslotet. Ihre Motive findet Simone Kappeler auf ihren zahlreichen Reisen, aber vor allem auch in ihrem Alltag, beim Durchstreifen der Landschaften des Thurgaus und der Hügelzüge des Thur- und Rheintals sowie in den Wäldern, Seen und Blumenwiesen der Ostschweiz.
Ihre Stile unterscheiden sich dabei übrigens mindestens so sehr wie die Apparate, die sie dafür verwendet. Spiegelreflex- und Fachkameras gehören zu Kappelers Handwerkzeug wie auch eine amerikanische Plastikkamera namens „Diana". Die Fotografin nutzt das, was ihr gerade angemessen erscheint. Wie ein Maler, der auch verschiedene Pinsel benutzt.
Die grosse Kunst: Das richtige Motiv auswählen
Dabei suche sie oft nicht nach einem bestimmten Motiv. „Mich interessieren eher zwei Dinge: Das Flüchtige des Moments oder ein bestimmtes Motiv immer wieder anders zu zeigen“, erläutert Kappeler. So etwas wie richtiges oder falsches Licht gibt es für sie nicht. Man müsse sich eben nur das richtige Motiv aussuchen. Das erscheine immer in einem speziellen Licht.
„So kann sie zu Recht auch als eine der bedeutsamsten und seit bald fünfzig Jahren tätigen fotografischen Chronistinnen des Thurgaus gelten“, heisst es in einer Medienmitteilung des Kantons zur Preisvergabe. Aktuell ist in der Bildhalle Zürich eine Ausstellung mit ihren Arbeiten zu sehen. Und im Kabinettsaal des Naturmuseum Thurgau zeigt die Fotografin noch bis zum 11. Juli «Pflanzen im Licht». (lün/tgk)
Die Preisträgerin und die Preisfeier
Die Künstlerin: Simone Kappeler, geboren 1952 in Frauenfeld, lebt und arbeitet in Frauenfeld. Sie studierte 1972 bis 1976 Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Zürich. 1976 bis 1979 absolvierte sie die Fachklasse für Fotografie an der Schule für Gestaltung in Zürich, die sie mit dem Diplom abschloss. Kappelers Arbeiten werden national und international präsentiert und befinden sich in namhaften privaten und öffentlichen Sammlungen. Zahlreiche Publikationen über ihr Werk wurden veröffentlicht. Sie erhielt verschiedene Preise und Stipendien, zuletzt im Jahr 2014 den Kunstpreis der Stadt Konstanz. 2020 erschien ihre jüngste Publikation „America 1981“ mit Fotografien einer USA-Reise in den 1980er-Jahren, die auf ein grosses Echo stiess. Eine Publikation der „Thurgauer Birnbäume“ ist in Vorbereitung.
Die Preisverleihung: Der mit 20 000 Franken dotierte Thurgauer Kulturpreis wird am Montag, 4. Oktober 2021, um 19:30 Uhr im Rahmen einer öffentlichen Feier im Kunstmuseum Thurgau in der Kartause Ittingen durch Regierungsrätin Monika Knill, Chefin des Departements für Erziehung und Kultur, übergeben. Die Laudatio hält der Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaftler Bernd Stiegler. Mit dem Preis, der seit 1986 vergeben wird, will der Regierungsrat seinen Dank und seine Anerkennung aussprechen für ausserordentliche kulturelle Leistungen von Privaten und von Institutionen, die das kulturelle Leben im Kanton in besonderer Weise bereichern. Eine Auswahl möglicher Trägerinnen und Träger des Kulturpreises wird dem Regierungsrat jeweils von der Kulturkommission des Kantons Thurgau vorgeschlagen.
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- Kunst
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- Kulturförderung
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