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von , 12.10.2023

Wenn das Hobby zum Beruf wird

Wenn das Hobby zum Beruf wird
Gibt immer alles auf der Bühne: Der Perkussionist Fabian Ziegler. | © Akvilė Šileikaitė

Mein Leben als Künstler:in (18): Der Schlagzeuger Fabian Ziegler über Motivationsprobleme und die Frage, ob Musiker:in ein Beruf wie jeder andere ist. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)

Wir Künstler sind auf jeden Fall privilegiert. Wir durften uns dafür entscheiden unser Hobby zum Beruf zu machen und verbringen unsere Tage mit dem was wir lieben. Doch ist alles immer so toll wie es von aussen scheint? 

Wie in jedem anderen Beruf gibt es auch bei uns Musikern Tage, an denen es etwas Überwindung braucht, sich konzentriert hinter das Instrument zu stellen um sich seriös auf eine Konzertaufgabe oder ein neues Projekt vorzubereiten. 

Durchbeissen für den Erfolg

Die Musik im Allgemeinen, mit all ihren Facetten, von der Planung über die Organisation bis hin zum aktiven Proben, ist omnipräsent. Dies tagtäglich und das ganze Jahr hindurch. Da kann es auch einmal vorkommen, dass ich vor meinem Instrument stehe und lieber etwas anderes machen würde als in meinem Proberaum stundenlang schwierige Passagen in einem anspruchsvollen Stück zu überwinden. 

Die Momente auf der Bühne, der Applaus des begeisterten Publikums und die positiven Feedbacks über das Präsentierte, sind für mich dann oft die Entschädigung für die harte Arbeit und das Überwinden solcher Situationen.

Worklife-Balance als Schlüssel 

In den letzten Jahren ist mir bewusst geworden, dass es toll ist, das Hobby zum Beruf machen zu dürfen. Per Definition ist Hobby, Zitat: «Der Ausgleich zu einer Tagesarbeit. Diese freiwillig gewählte Freizeitbeschäftigung wird mit Eifer, Leidenschaft und hohem Einsatz betrieben». 

Umso wichtiger scheint mir, dass beim Schritt von der «Freizeitbeschäftigung» zum Beruf die Worklife-Balance, also das Gleichgewicht von Beruf und anderen Interessen, ausgeglichen bleibt damit der Beruf nicht zur Routine wird und das Risiko steigt, die Leidenschaft dafür zu verlieren.  

 

Auch Musiker müssen mal entspannen: Fabian Ziegler mit Freunden in einem neuseeländischen Kletterpark. Bild: zVg

Worin finde ich allgemein Inspiration und Energie? 

Mein Anspruch als Musiker ist es, auf der Bühne meinem Publikum meine ganze Energie in Form von energiegeladener Performance und vielen Emotionen zu geben. Das ist körperlich wie mental sehr fordernd.

Dafür braucht es Inspirations- und Energiequellen die ich persönlich oft im Sport, bei Reisen, Lesen oder vielseitigen Gesprächen mit meiner Familie und mit Freunden finde. Dadurch bekomme ich neue und bereichernde Ansichten aus verschiedensten Perspektiven und kann damit die «gefährliche Routine des Musiker-Alltags» brechen. 

Realisierung von Erholungsphasen

Aufgrund meiner vielseitigen Aufgaben ist es für mich wichtig, strukturiert und geplant meine künstlerische Tätigkeit zu bewältigen. Dazu gehört auch, dass ich mir bewusst Freiräume für Urlaub, gemeinsame Aktivitäten mit meiner Frau, Familie und Freunde plane und diese Zeit zum Auftanken meiner «Batterien» bewusst wahrnehme.   

Kolumne als Chance

Das Leben und die Berufung als Musiker ist für mich sehr erfüllend. Die Beiträge für diese Kolumnen-Serie gaben mir die Chance, Themen zu vermitteln die im hektischen Arbeitsalltag in dem die meisten von uns stecken, wohl nicht so offen angesprochen werden könnten. 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser für das Interesse an meinen Gedanken zum Leben als Musiker, thurgaukultur.ch für die zur Verfügung gestellte Plattform und meinen Mitschreiberinnen für die gemeinsame Gestaltung dieser Kolumnenreihe.  

Die Serie «Mein Leben als Künstler:in»

Im Juni 2023 lancieren wir die neue Kolumnenserie «Mein Leben als Künstler:in». Darin schreiben die vier Künstler:innen Ute Klein, Fabian Ziegler, Thi My Lien Nguyen über ihren Alltag und ihre Arbeit. Diese vier Künstlerinnen und Künstler schreiben bis Ende Oktober 2023 regelmässig und abwechselnd ihre Kolumnen für die neue Serie. Sie erscheint ab dem 15. Juni immer donnerstags. Die Vorgaben, die wir aus der Redaktion gemacht haben, waren minimal. In Thema, Stil, Darstellungsform, Tonalität und Medialität sind alle Autor:innen frei. Die Autor:innen können sich aufeinander beziehen, müssen es aber nicht.

 

Eine kritische Auseinandersetzung mit Dingen, die die Künstler:innen beschäftigen, wie den Bedingungen des Kulturbetriebs oder auch mit dem Kulturleben im Thurgau oder was auch immer, ist genauso möglich wie eine Schilderung des Alltags. Ziel der Serie ist es, ein möglichst realistisches Bild der verschiedenen Künstler:innen-Leben zu bekommen.

 

Idealerweise entsteht so ein Netz aus Bezügen - interdisziplinär und umspannend. Mit der Serie „Mein Leben als Künstler:in“ wollen wir den vielen Klischees, die es über Künstler:innen-Leben gibt, ein realistisches Bild entgegensetzen. Das soll unseren Leser:innen Einblicke geben in den Alltag der Kulturschaffenden und gleichzeitig Verständnis dafür schaffen, wie viel Arbeit in einem künstlerischen Prozess steckt.

 

Denn nur wer weiss, wie viel Mühe, Handwerk und Liebe in Kunstwerken steckt, kann die Arbeit von Künstler:innen wirklich wertschätzen. So wollen wir auch den Wert künstlerischer Arbeit für die Gesellschaft transparenter machen. Neben diesem aufklärerischen Ansatz ist die Serie aber auch ein Kulturvermittlungs-Projekt, weil sie beispielhaft zeigt, unter welchen Bedingungen Kunst und Kultur heute entstehen.

 

Was wir uns als thurgaukultur.ch auch erhoffen mit der Serie ist, dass ein neuer Dialog der Kulturschaffenden untereinander entsteht, aber nicht nur. Es soll auch ein Austausch mit dem Publikum, also unseren Leser:innen stattfinden. Das geht über unsere Social-Media-Kanäle, in denen wir direkt miteinander diskutieren können oder in der Kommentarspalte zu den einzelnen Beiträgen auf unserer Website. Wenn du konkrete Fragen an die teilnehmenden Künstler:innen hast, wenn dich ein Themenfeld besonders interessiert, dann kannst du mir auch direkt schreiben, ich leite dein Anliegen dann gerne weiter: michael.luenstroth@thurgaukultur.ch 

 

Alle erschienenen Beiträge der Serie bündeln wir im zugehörigen Themendossier.

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