von Brigitta Hochuli, 24.03.2016
Wie der „Bote“ digitalisiert wird
Im Kanton Thurgau sei bisher noch kein Archiv einer Zeitung für die Zwecke der Kantonsbibliothek digitalisiert worden. Im Rahmen eines Pilotprojekts würden nun sämtliche Ausgaben des «Boten vom Untersee und Rhein» elektronisch archiviert, teilt der Regierungsrat mit. Für dieses Vorhaben hat er einen Lotteriefondsbeitrag in der Höhe von 25‘000 Franken gewährt. Für Bernhard Berteilmann, Leiter der Kantonsbibliothek, gehört dieses Projekt zur Zukunftsstrategie.
Brigitta Hochuli
Herr Bertelmann, was genau umfasst das Projekt „Digitalisierung der Zeitung ‚Bote vom Untersee und Rhein‘“?
Es umfasst drei Bereiche: die Digitalisierung, die Präsentation auf einer Plattform mit Volltextsuche sowie die Langzeitarchivierung dieser Zeitung. Im ganzen Projekt arbeiten wir eng mit der Nationalbibliothek zusammen.
Dazu braucht es Personal. Wer macht die Arbeit?
Die Digitalisierung wird zu einem grossen Teil durch einen privaten Digitalisierungs-Dienstleister erfolgen. Wir werden bei den dafür spezialisierten Firmen Offerten einholen. Die Projektleitung ist bei uns in der Abteilung Historische Bestände und Sammlungen angesiedelt.
Und wie wird die Präsentation aussehen?
Die Präsentation könnte beispielsweise auf der Plattform Schweizer Presse Online erfolgen. Dort sind schon einige Zeitungen im Volltext abfragbar. Es handelt sich dabei aber vorwiegend um Zeitungen, die aktuell nicht mehr erscheinen. Speziell an unserem Projekt ist, dass das Zeitungsarchiv bis in die Gegenwart reicht. Die Plattform Schweizer Presse Online wird vom Westschweizer Bibliotheksverbund réro betrieben.
Ein wichtiger Teil ist die Langzeitarchivierung des „Boten“. Was geschieht mit den Daten?
Das ist tatsächlich der anspruchsvollste Teil des Projekts. Es geht um die Frage, wie die digitalen Daten langfristig sicher aufbewahrt werden können, so wie wir es bei den Papierausgaben machen. Bei dieser Fragestellung arbeiten wir unter Federführung der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Chur mit weiteren Bibliotheken zusammen. Ziel ist es, einen Aufbewahrungsort (Repositorium) für E-Medien aus dem Bereich des kantonalen Sammelauftrags zu erstellen.
Lohnt sich dieser immense Aufwand?
Der Vorteil der digitalisierten Zeitungen liegt auf der Hand. Die Zeitungen können im Volltext unabhängig von Ort und Zeit durchsucht werden. Gleichzeitig werden die kostbaren Originale geschont.
Was bedeutet dieses Pilotprojekt für die Zukunft der Kantonsbibliothek Thurgau?
Nach dem hoffentlich erfolgreichen Abschluss möchten wir natürlich weitere Zeitungen digitalisieren. Im Vordergrund werden aus urheberrechtlichen Gründen wahrscheinlich Zeitungen stehen, die vor 1900 erschienen sind. Die Zeitungsdigitalisierung ist Teil unserer Strategie, das digitale Angebot auszubauen.
Gibt es neben den Zeitungen noch andere Inhalte, die digital archiviert werden?
Ja. Wir freuen uns auch schon darauf, dass demnächst die Thurgauer Beiträge zur Geschichte des Historischen Vereins und die Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft auf der Zeitschriften-Plattform retro.seals der ETH aufgeschaltet werden.
Zurück zu Ihrer Strategie. Macht der Ausbau des digitalen Angebots die papierene Bibliothek nicht langsam überflüssig?
Nein. Wir haben keine Angst, dass die Kantonsbibliothek überflüssig sein wird, wenn einmal alles digitalisiert ist. Im Gegenteil zeigt die Erfahrung, dass durch die bessere Zugänglichkeit auch die Nutzung steigt und damit verbunden mehr Fragen gestellt werden und sogar die Nachfrage nach den Papieroriginalen steigt. Damit hätten wir auch unser Ziel erfüllt, dass die Informationen aus und über den Thurgau für Wissenschaft und Forschung, aber auch für alle anderen Interessierten einfach zugänglich sind und auch genutzt werden.
Wann starten Sie?
Das Pilot-Projekt startet nächste Woche und wird gemäss unserem Plan in der zweiten Hälfte 2017 abgeschlossen sein.
Insgesamt 86‘000 FrankenIm Jahr 2017 feiert die Druckerei Steckborn ihr 125-jähriges Bestehen. Dieses Jubiläum bildet den Anlass für die Digitalisierung der Zeitung „Bote vom Untersee und Rhein“ und das damit verbundene Vorhaben der Druckerei, das Archiv der Zeitung öffentlich zugänglich zu machen.
|
Weitere Beiträge von Brigitta Hochuli
- Kultur für Familien: Was im Thurgau noch fehlt (06.09.2018)
- Rätsel gelöst: So alt ist der Kunstraum Kreuzlingen (29.06.2018)
- Musikschule Kreuzlingen sucht Verbündete (14.06.2018)
- Kult-X in WM-Stimmung: Das etwas andere Public Viewing (29.05.2018)
- Unterm Sternenhimmel (13.05.2018)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Literatur
- Wissen
Kommt vor in diesen Interessen
- Interview
- Digital
- Medien
Ist Teil dieser Dossiers
Ähnliche Beiträge
Forschungspreis geht an Thurgauer Uni-Professor
Tobias Mettler wird mit dem Forschungspreis Walter Enggist 2024 ausgezeichnet. Der Thurgauer Wissenschaftler hat sich in seiner Arbeit mit der vernetzten Arbeitsplatzüberwachung beschäftigt. mehr
«Es gibt keinen anderen Weg!»
Seit Mai ist Noemi Bearth Direktorin im Historischen Museum Thurgau. Welche Pläne hat sie? Ein Interview über Baustellen, Kinder im Museum und die grosse Frage, was man aus Geschichte lernen kann. mehr
Post vom Grüffelo-Erfinder
Axel Scheffler hat über 120 Kinderbücher mit seinen Kunstwerken illustriert. Über Jahrzehnte gesammelte Briefumschläge stehen jetzt im Zentrum einer neuen Ausstellung in Konstanz. mehr