Seite vorlesen

Die Macht der Bilder

Die Macht der Bilder
So lernen Kinder in der Bildschule Frauenfeld. Sie bekommen Zeit zum Schauen und selber Ausprobieren. Das Foto zeigt eine Szene aus einem der vergangenen Kurse | © Bildschule Frauenschule

Vor zwei Jahren wurde die Bildschule Frauenfeld gegründet, heute lernen hier 55 Kinder und Jugendliche den Umgang mit visuellen Medien und Kunstwerken. Die Initiatoren wollen aber noch mehr. Am Samstag zeigen Schülerinnen und Schüler, in einer Werkschau, was sie im vergangenen Jahr gelernt haben.

Während Musikschulen heute längst selbstverständlich sind, suchte man etwas Vergleichbares für den Bereich Kunst und Gestaltung lange vergebens. Eigentlich ist das paradox: Gerade in unseren bildersüchtigen Zeiten müssten Kinder und Jugendliche rechtzeitig über Macht und Wirkung von Bildern aufgeklärt werden. Klar, es gibt den Kunstunterricht in den Schulen und danach dann irgendwann ein entsprechendes Kunststudium - aber davor und dazwischen? Lange Fehlanzeige.

Das ändert sich seit einigen Jahren. Es entwickeln sich zunehmend so genannte Bildschulen in der Schweiz. Diese Schulen wollen unter anderem Antworten auf diese Fragen geben: Was ist Kunst? Wo fängt sie an, wo hört sie auf? Was heisst gestalten? Was bedeutet es, ein Werk zu betrachten? Zehn dieser Schulen gibt es mittlerweile im ganzen Land - die einzige im Thurgau sitzt in Frauenfeld. Der Trägerverein hat sich 2017 gegründet, im Herbst 2018 starteten die ersten Kurse in den Räumlichkeiten in der P&R-Halle am Bahnhof. „Wir wollen den jungen Menschen einen Ort geben, in dem sie ihre Kreativität ausleben können und sie gleichzeitig ein breites Wissen über die verschiedenen visuellen Sprachen oder Ausdrucksmöglichkeiten erhalten“, sagt Silvia Peters, Präsidentin des Vereins Bildschule Frauenfeld. 

„Wir machen keine Bastelkurse, wir wollen Kunst vermitteln.“

Silvia Peters, Präsidentin Bildschule Frauenfeld

Sie kennt sich aus im Bereich der Kulturvermittlung: Peters arbeitete als Kulturvermittlerin im Kunstmuseum Thurgau, später in den Museen der Stadt Winterthur. Mit der Schulgründung hat sie sich auch selbst einen Traum erfüllt: „Ich habe schon lange gedacht, dass es so etwas wie eine Bildschule bräuchte und hatte immer grosse Lust, selbst mal so etwas zu initiieren“, sagt Silvia Peters. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche im Alter von 4 bis 16 Jahren. In verschiedenen Semesterkursen (2 Stunden pro Woche) erhalten sie eine altersgerechte Ausbildung im kreativen Gestalten. Wichtig ist Silvia Peters dabei besonders eines: „Wir machen keine Bastelkurse, wir wollen Kunst vermitteln“, formuliert sie den Anspruch an ihrer Schule. Pro Kurs können maximal 10 Kinder teilnehmen.

Das Angebot ist breit: Keramikwerkstatt, Figuren modellieren, Comics zeichnen, Fotografie und Papierkunst sind nur einige der angebotenen Themen. Lehrerinnen und Lehrer sind aktive Künstler und Künstlerinnen, Designer oder Kunsthandwerker mit pädagogischer Ausbildung oder Erfahrung. Fredi Bissegger war schon dabei, ebenso wie der Fotograf Gunnar Remane, die Illustratorin Sarah Gasser oder Judith Peters, Künstlerin und Tochter der Schulgründerin. Neben den Semesterkursen gibt es auch mehrtägige Workshops in den Ferien.

Kurssituation an der Bildschule Frauenfeld. Bild: zVg

Ein Stipendienfonds soll jedem die Teilnahme ermöglichen 

Die Preise variieren: Die Semesterkurse (jeweils zehn mal zwei Stunden) kosten 250 Franken, die mehrtägigen Workshops zwischen 115 und 120 Franken. Den Initiatoren der Frauenfelder Bildschule ist es aber wichtig, dass grundsätzlich jeder die Möglichkeit haben sollte, einen Kurs zu besuchen. Unabhängig von den eigenen finanziellen Möglichkeiten. Zu diesem Zweck haben sie ein Stipendienfonds eingerichtet: „Ein ungenannt sein wollender Gönner hat uns einen namhaften Beitrag dafür geschenkt mit der Auflage, dass Reduktionen des Kursgelds auf unkomplizierte Art erhältlich sind. So verzichten wir auf ein Gesuchsformular und Einsicht in die Steuererklärung“, erläutert Präsidentin Peters. Wer davon profitieren möchte, kann sich ganz formlos per Mail info@bildschule-frauenfeld.ch  oder unter Telefon 052 721 42 45 melden. 

In allen Kursen gehe es erstmal darum, „die Fähigkeit zum vertieften Sehen“ zu fördern, erklärt Silvia Peters, „denn schauen ist nicht gleich sehen.“ Daneben gibt es vier weitere Ziele, die sich die Bildschule auferlegt hat: Schöpferisches Denken und kreatives Schaffen anregen, die Entwicklung eigener Ideen in den Vordergrund stellen, finden und fördern gestalterischer Begabungen sowie die Vermittlung „lebenslanger Freude an schöpferischen Prozessen“.

Bemerkenswerte Ergebnisse aus den Kursen der Bildschule Frauenschule. Bilder: zVg

Der Verein hat inzwischen 115 Mitglieder

Die Struktur der verschiedenen Schweizer Bildschulen ist unterschiedlich. Manche sind einer gestalterischen Hochschule angegliedert, andere, wie die Bildschule Frauenfeld, sind privat als Verein organisiert. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die finanziellen Möglichkeiten. Die Frauenfelder Bildschule finanziert sich neben den Kursgeldern auch über Mitgliederbeiträge des Vereins, private Spender, Stiftungen und Zuschüsse von Stadt und Kanton. Aktuell hat der Verein Bildschule Frauenfeld 115 Mitglieder. Im gerade abgelaufenen Frühjahrssemester waren 55 Kinder und Jugendliche eingeschrieben. Ziel ist es, in den nächsten Jahren weiter zu wachsen. 

Silvia Peters hofft, dass Bildschulen eines Tages so selbstverständlich werden wie Musikschulen es heute schon sind: „Bei uns schärfen die jungen Menschen ihre Sinne und ihre Urteilskraft. Sie lernen auch, die heutige Bilderflut zu analysieren und sich kritisch und selbstbewusst damit auseinanderzusetzen.“

Termin: Am Samstag, 22. Juni, 9.30 bis 11 Uhr zeigen die Schülerinnen und Schüler der Bildschule in einer Werkschau, was sie im vergangenen Semester gelernt haben. Die Bildschule Frauenfeld im Internet: www.bildschule-frauenfeld.ch  Weitere Informationen rund um die Bildschulen gibt es auch auf der Website der „Konferenz Bildschulen Schweiz, dem Netzwerk der Schweizer Bildschulen: https://bildschulen.ch  

Lernen und sich ausprobieren - das soll in der Bildschule möglich sein. Bild: zVg

 

Kommentare werden geladen...

Kommt vor in diesen Ressorts

  • Kunst

Kommt vor in diesen Interessen

  • Kulturvermittlung
  • Bildende Kunst
  • Fotografie
  • Illustration
  • Comic

Werbung

Kultur für Klein und Gross #26

Unser Newsletter mit den kulturellen Angeboten für Kinder und Familien im Thurgau und den angrenzenden Regionen bis Ende August 2025. In dieser Ausgabe mit Schwerpunkt "Workshop und Kurse" für während und nach den Ferien.

Der Kulturpool: Highlights aus den Regionen

Kuratierte Agenda-Tipps aus dem Kulturpool Schweiz.

Neue Folge Kulturstammtisch - jetzt reinhören!

WIe steht es um die kulturelle Bildung? Eric Facon im Gespräch mit Laura Bucher, Regierungsrätin Kanton St.Gallen, Daniela Mittelholzer, Leiterin der Kunstvermittlung am Kunstmuseum St.Gallen und Richi Küttel von kklick, der ersten interkantonalen Kompetenzstelle an der Schnittstelle zwischen Kultur und Bildung. Mit einem Input des Musiklehrers Kevin Akerman.

Leitung Musikschule (50%)

Die JMK - Jugend Musik Kreuzlingen sucht per 1. Februar 2026 eine verantwortliche Person für die Leitung der Musikschule. Weitere Informationen hier:

Kulturplatz-Einträge

Kulturelle Bildung, Kulturorte, Veranstaltende

Bildschule Frauenfeld

8500 Frauenfeld

Ähnliche Beiträge

Kunst

Coiffeur und filigraner Maler

Augenblicke (5): Was verbindet Johannes Diem mit Adolf Dietrich? Das Leben im Moment und die Liebe für die Natur, findet unser Autor Urs Oskar Keller. mehr

Kunst

Neue Räume, neue Perspektiven

Nach der Gesamterneuerung will das Fotomuseum Winterthur noch mehr ein Ort für Vermittlung und Begegnung werden. Die neue Ausstellung erzählt von der Verführungskunst der Fotografie. mehr

Kunst

Perspektiven auf «den Garten»

Der Kunstraum Kreuzlingen überrascht mit einem kollaborativen und immer weiter wachsenden Ausstellungsprojekt. mehr