von Katharina Alder, 31.05.2013
Von Haien und Menschen - und Theater

Am 11. Juli feiert Leopold Huber mit dem See-Burgtheater am Kreuzlinger Seeufer seine Premiere von Brechts "Dreigroschenoper". An einem der wenigen sonnigen Maitage wurden die Container für Musiker und Huren auf die Bühne gehievt. Ein Gespräch über die Materie des Theaters an sich, über die Szene im Thurgau und über das Geld, das auch vor der Kunst keinen Halt macht.
Katharina Alder
Ein erster schöner Sommermorgen strahlt über dem Kreuzlinger Seepark, Schulklassen wandern über die Wege, die Geisslein rennen nach Futter Ausschau haltend jedem Kinderwagen nach, im Garten der Seeburg ist es ruhig. Das See-Burgtheater hat sich für dieses Jahr wieder direkt ans Seeufer begeben und baut seine Bühne für Brechts Dreigroschenoper vor umwerfender Wasserkulisse.
Die magischen Bretter und Leopold Huber mit einem kleinen Modell in der Hand sind noch die einzigen Zeugen eines Spektakels, das sich in rund einem Monat hier abspielen wird. Die Szenerie mit verrotteten Containern - der eine bietet Platz für die Musiker, der andere dient als Hurenhaus - und einem Riesenhaifisch stellt eine Hafensituation dar, in der sich inmitten des Beckens die traurigen Gestalten der Geschichte tummeln und ein korruptes, verlogenes Dasein fristen. Leopold Hubers Enthusiasmus weckt die Neugierde selbst unbeteiligter Spaziergänger: Momentaufnahme eines Theatermenschen, der in Vorfreude und gleichzeitigem Unbehagen vor seinem Projekt steht, rennt und anpackt und dazwischen in kleinen Gedankenhäppchen zum Gegenstand des Theaters philosophiert.
*
Herr Huber, haben Sie schon bestimmte Szenen oder Bilder im Kopf, auf die Sie sich freuen?
Wenn ich ein Stück lese, dann fallen mir bestimmte Dinge ein, dann gibt das schon eine freudige Erregung, ja. Aber wenn ich mir das dann überlegt hab, sag ich nichts, sondern ich schau mal mit dem Ensemble, wir reden. Wir überlegen, machen Analyse, aber wie das dann aussieht, was man da zeigt, das ist was anderes.
Sie haben letztes Jahr bei „Black Rider“ vieles gemeinsam als Ensemble ausprobiert.
Das ist wichtig – natürlich immer, wenn man einen bestimmten Stil sucht. Da muss man schon sehr viel formale Arbeit leisten, um dann - plötzlich -durchbrechen zu können.
Theatermachen ist ein harter Beruf...
...aber auch ein schöner.
Das Schöne ist diese kurze Zeit, in der verschiedene Leute zusammen kommen und etwas zusammen machen und das Harte ist, dass es halt nur so eine kurze Zeit ist und dass man im Grunde ziemlich alleine ist?
Das ist richtig, man kommt nie jemandem so nahe wie im Theater. Es ist schon passiert, dass ich mich richtig in Schauspieler auf der Bühne verliebt hatte, aber wenn die dann neben mir sassen, konnte ich nichts mit ihnen anfangen. Nur über die Rolle. Dann musste ich lernen, dieses Schmerzhafte des Theaters von mir zu weisen. Mittlerweile bin ich diesbezüglich kalt, ich weiss es von Anfang an.
Wie ist es denn für Sie, das Theater?
Es gibt so viel Ärger und man kann soviel falsch machen (lacht). Man kann so unglaublich viel falsch machen. Und oftmals merkt man es gar nicht, was man falsch gemacht hat. Und es kommt vor, dass man da sitzt und verwirft, schwimmt, schläft, du fühlst eine Leere, du spürst keine Zeit mehr und pötzlich (durchbricht eine imaginäre Wand): es kommen wunderbare Sachen aus dir raus. Das kann mir niemand vermiesen.
Können Sie das Bild einer eher eigenbrötlerischen Thurgauer Theaterszene bestätigen?
Na ja, auf der einen Seite ist natürlich die Abgrenzung wichtig, aber auf der anderen Seite auch die Zusammenarbeit. Ich arbeite immer wieder mit verschiedenen Leuten zusammen. Mit Roland Lötscher beispielsweise tausch ich mich immer wieder aus, oder Marta Wechsler von der „bühni wyfelde“ ruft an. Oliver Kühn hat in der „Schwarzen Spinne“ zusammen mit Giuseppe Spina und Simon Engeli gespielt, die ja eigentlich von der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld sind. Denen habe ich sogar meine alte Bühne geschenkt (lacht).
Kapitalismus, Korruption, Haifischbecken - Themen und Bilder in Brechts „Dreigroschenoper“... wie ist das im Theater?
Mit dem Geld und mit der Kunst ist es so: Wenn du eine gute Grundausstattung hast, dann kannst du schon was machen. Qualität ist auch eine Frage der Mittel und was du dir leisten kannst. Welche Mikroports kannst du dir leisten, wie viele Leute in der Band – und ich rede jetzt nicht einmal von den ,teuren‘ Schauspielern. Ich habe mal in Bozen inszeniert. Die haben dort gesagt, ich könne engagieren, wen ich wolle. Ich war richtig einkaufen, so richtig einkaufen; aber ich möchte so was nie mehr erleben. Alles lauter Egoisten, die nur am streiten waren. Nachher hab ich in Bregenz inszeniert, wo sie ein brauchbares Ensemble mit ein, zwei hervorragenden Leuten haben. Da war viel mehr da, das war viel besser.
Am 11. Juli ist Premiere. Wie geht es Ihnen?
Im Moment bin ich noch unruhig. Ich muss dem Bauern noch sagen, dass das Gras geschnitten werden muss, dies und das organisieren. Wenn die Proben dann begonnen haben, dann geht es mir gut.
***
„Die Dreigroschenoper“, ein Theaterstück von Bertold Brecht mit Musik von Kurt Weill, gespielt vom See-Burgtheater vom 11. Juli bis 8. August auf der Seebühne des Seeburgparks Kreuzlingen. Die Handlung kreist um den Konkurrenz- und Existenzkampf verschiedener Geschäftsleute: „Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie, was ist das Ausrauben einer Bank gegen die Gründung einer Bank.“
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