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Der Garten als Bühne

Der Garten als Bühne
So kann das aussehen beim Festival der Vorgärten: Das Bild zeigt eine Performance von Loue Wyder bei einem Testlauf des Festivals im Jahr 2023. | © Julian Stettler

Das „Festival der Vorgärten“ bringt im Mai Kultur und überraschende Performances in drei verschiedene Thurgauer Quartiere. Los geht es am 10. Mai in Arbon. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)

Im Garten sät man Samen und hofft dann über eine gewisse Zeit hinweg, dass aus den Samen etwas Neues entsteht: Blumen, Pflanzen, Gemüse. Allesamt Dinge, die dem Menschen Freude machen und am Leben halten. Bei Kunst und Kultur ist es ganz ähnlich. Im künstlerischen Entstehungs- und Probeprozess setzen unterschiedliche Menschen geistige Samen und arbeiten dann gemeinsam daran, dass aus der Saat etwas Neues gedeiht. Ein neuer Song, ein neues Bild, eine neue Theateraufführung oder allgemeiner gesagt - ein neues Werk.

Insofern ist es vom Zürcher Künstler San Keller vielleicht eine ganz gute Idee, Gärten und Kultur zusammenzubringen bei seinem neuen „Festival der Vorgärten“. Denn hier wie dort geht es um das Wachsen, das allmähliche Entstehen von etwas Neuem, einer Verwandlung. Und hier wie dort gilt: Manchmal gedeiht etwas, manchmal aber auch nicht. Kellers Festival bringt ab dem 10. Mai nun beide Welten zusammen. Auftakt ist im Arboner Quartier Bergli, es folgen weitere Ausgaben in Weinfelden (17.&18. Mai) und Warth (24. & 25. Mai).

 

„Jedes Vorgarten-Festival ist einzigartig und gelingt nur im Miteinander von Bewohnenden, Kulturschaffenden und dem Publikum.“

San Keller, Festival-Leiter

„Jedes Vorgarten-Festival ist einzigartig und gelingt nur im Miteinander von Bewohnenden, Kulturschaffenden und dem Publikum“, findet der Initiator San Keller im Gespräch mit thurgaukultur.ch Die Grundidee des Festivals, das San Keller gemeinsam mit Anna von Siebenthal entwickelt hat, geht so: Gemeinsam mit sechs Kulturschaffenden reisen sie in verschiedene Quartiere im Thurgau, klingeln an Türen und versuchen die Bewohner:innen davon zu überzeugen, ihren Vorgarten für einen Abend zur Kulturbühne werden zu lassen. 

 

Das Einfamilienhaus als Festivalort

Das Festival der Vorgärten nähert sich auch einer bestimmten Wohnform unserer Zeit an - dem Einfamilienhaus. Das Einfamilienhaus ist zuletzt etwas in Verruf geraten. Es verbraucht beim Bau zu viel Material pro Bewohner, es versiegelt zu viel Boden, die Wohnfläche pro Person ist überdurchschnittlich gross und durch seine Lage meist in ländlichen Gegenden führt es zu erhöhtem Verkehrsaufkommen, weil mehr Strecken mit dem Auto zurückgelegt werden. „Ein Einfamilienhaus wird niemals ein besonders klimafreundliches Haus sein“, sagte Andreas Hild, Professor für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege an der TU München im Juni 2023 gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Und trotzdem ist es im Thurgau aktuell die beliebteste Wohnform: Jeder dritte Thurgauer Haushalt wohnt in einem „klassischen“ Einfamilienhaus. „Überdurchschnittlich oft ist dies bei Familien, aber auch Paaren ohne Kinder, der Fall“, hat das kantonale Amt für Statistik festgestellt. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Einfamilienhausanteil demnach stark angestiegen. 1990 waren erst 54 Prozent der Gebäude mit Wohnnutzung Einfamilienhäuser gewesen. Heute sind es 62 Prozent. In der gesamten Schweiz liegt dieser Wert bei 57 Prozent.

„Wir müssen Kultur auch an Orten stattfinden lassen, wo man sie nicht erwarten würde“, erklärt San Keller seine Idee. Welche:r Künstler:in wo auftritt, das überlässt Keller der Aushandlung zwischen Bewohner:innen und Kulturschaffenden. Zu Beginn in Arbon sind die Künstler:innen Andrea Fortmann, Lyn Bentschik, Gregory Tara Hari, Dominic Oppliger und Vincent Glanzmann dabei.

 

Diese Künstler:innen sind auch dabei

Jede Ausgabe des Festivals präsentiert unterschiedliche Künstler:innen. 

In Weinfelden sind am 17. & 18. Mai Piera Cadruvi, Christoph Rütimann, Zsuzsanna Gahse, Juliette Uzor und Tobias Kasper dabei. Für das Festival in Warth (24. & 25. Mai) stehen diese Künstler:innen auf der Liste: Patrick Kessler, Bertilla Spinas, Christian Ratti, Meret Schlegel & Kilian Haselbeck sowie Benedikt Bock

Am Ende soll so ein zweitägiges Festival für das Quartier entstehen bei dem alle Anwohner:innen und Gäste gemeinsam Kultur erleben. „Sowohl unsere Künstler:innen als auch die Bewohner:innen brauchen eine gewisse Offenheit und Experimentierlust. Die Fähigkeit zu Improvisation ist gefragt, aber ich bin überzeugt, es werden tolle Begegnungen“, sagt Anna von Siebenthal. 

Die Ausrichtung der einzelnen Aufführungen sei offen, San Keller sagt aber auch: „Es darf auch unterhaltsam sein, es muss vielleicht sogar auf eine Art catchy sein.“ Denn nur wenn die Menschen eine gute Zeit haben, werde das Festival ein Erfolg, ist Keller überzeugt.

 

Testlauf Festival der Vorgärten im JAhr 2023. Performance von Alice Köppel. Bild: Julian Stettler

Alles fing an vor zwei Jahren

Vor zwei Jahren hatte sich San Keller mit der Idee für den Wettbewerb „Ratartouille“ bei der Kulturstiftung des Kantons beworben. Damals landete er auf dem dritten Platz. Trotzdem hat ihn die Idee nicht losgelassen. Auch dank der Unterstützung der Kulturstiftung kann er das Projekt nun doch noch umsetzen.

Wichtigste Aufgabe bei der Umsetzung: Die Auswahl der Quartiere und der beteiligten Künstler:innen. „Bei den Quartieren war uns wichtig, dass sie regional gut verteilt sind im Thurgau, dass es Quartiere sind, die sich auch in ihrer Zusammensetzung unterscheiden“, sagt Festival-Co-Leiterin Anna von Siebenthal.

Im Vergleich zum Ursprungskonzept habe sich ansonsten nicht viel geändert: Es gibt pro Festival zwei Aufführungstermine. Einmal Samstagabend und einmal als Matinee am Sonntagmittag, die einzelnen Performances dauern maximal 20 Minuten und danach können die Besucher:innen weiterziehen zum nächsten Garten. Insgesamt gibt es also ein Programm von rund zwei Stunden, wenn man alle Aufführungen besucht. Dialog, Austausch und Begegnung sind nach wie vor zentrale Ziele der Veranstaltung. 

Neu ist: Es gibt eine Abschlussrevue im Kunstraum Kreuzlingen

Neu ist hingegen eine Kooperation mit dem Kunstraum Kreuzlingen. Gemeinsam mit dem dortigen Kurator Reto Müller haben Anna von Siebenthal und San Keller eine Revue der Vorgärten konzipiert, die am 21. Juni als Festivalabschluss im Kreuzlinger Kunstraum dienen soll. „Dieser Abend bietet einen besonderen Rahmen, in dem sich alle Beteiligten der drei Quartiere treffen, austauschen und die Erfahrungen des Festivals spielerisch und reflektierend Revue passieren lassen können“, sagt Reto Müller.

„Von Laienperformances bis zu professionellen Darbietungen wird die Revue zu einem künstlerischen und sozialen Ereignis, das die Begegnungen und Eindrücke der vergangenen Wochen miteinander verknüpft“, schreiben die Initiator:innen auf der Festivalseite

Wie alles, was San Keller anfasst, so ist auch dieses Festival der Vorgärten ein Stück weit eine experimentelle Feldstudie. Den Künstler interessiert, wie es um das Zusammenleben in unserer Gesellschaft steht, wie man Teilhabe organisiert und wie Kultur zu einem offenen Austausch untereinander beitragen kann. Die Erkenntnisse will er in einer Dokumentation bündeln, so dass auch weitere Quartiere das Konzept übernehmen und selbst durchführen können. Für ihn selbst soll das Festival eine einmalige Sache bleiben: „Wir entwickeln einen Prototyp, danach geben wir ihn gerne weiter an alle, die es fortführen wollen“, sagt San Keller.

 

Szene von einem Testlauf des Festivals der Vorgärten im Jahr 2023. Bild: Eva Maspoli

 

Alle Termine der Festivals im Überblick

10./11. Mai 2025
Quartier: Arbon, Bergli
. Festival-Zentrum:
 Grasdreieck Berglistrasse
 (Beschilderung ab
 Bahnhof Arbon Seemoosriet)


Treffpunkt Samstag 20 Uhr beim Festival-Zentrum
. Matinée: Treffpunkt Sonntag 12 Uhr beim Festival-Zentrum. 
Anfahrt: Es gibt keine im Parkplätze im Quartier, die Veranstalter empfehlen die Anreise mit dem ÖV.

 

17./18. Mai 2025 
Quartier: Weinfelden, Süd. 
Festival-Zentrum: 
Spielplatz Feldhofstrasse 8
 (Beschilderung ab 
Bahnhof Weinfelden)
Treffpunkt Samstag 20 Uhr beim Festival-Zentrum
. Matinée: Treffpunkt Sonntag 12 Uhr beim Festival-Zentrum
. Anfahrt: Es gibt keine im Parkplätze im Quartier, die Veranstalter empfehlen die Anreise mit dem ÖV.

 

24./25. Mai 2025 
Quartier: Warth, Breite
. Festival-Zentrum:
 Spielplatz Ecke Rebweg Breitwies 
(Beschilderung ab Bushaltestellen Warth,
Gemeindehaus & Warth Rohr)
Treffpunkt Samstag 20 Uhr beim Festival-Zentrum
. Matinée: Treffpunkt Sonntag 14 Uhr beim Festival-Zentrum
. Anfahrt: Es gibt keine im Parkplätze im Quartier, die Veranstalter empfehlen die Anreise mit dem ÖV.

 

Samstag, 21. Juni, ab 18 Uhr

Revue der Vorgärten im Kunstraum Kreuzlingen 
Schon zuvor, am Samstag, 24. Mai, ab 14 Uhr, veranstaltet der Kunstraum ein Gartenforum. Das gesamte Programm des Gartenjahrs kann man hier nachlesen.

 

 

 

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