Seite vorlesen

von Brigitta Hochuli, 11.08.2016

Der Maler Urs Graf ist gestorben

Der Maler Urs Graf ist gestorben
Urs Graf in seinem Haus in Ermatingen im Sommer 2012 | © Brigitta Hochuli

Brigitta Hochuli

Im Sommer 2012 durfte ich Urs Graf im Atelier seines Hauses hoch über Ermatingen besuchen. Er war gerade dabei, seine Webseite zu aktualisieren - ein wacher, moderner, kritischer Geist! Nun ist er in der Nacht auf Dienstag überraschend im Spital gestorben, wie von verschiedenen Seiten zu erfahren war.

Urs Graf wurde am 26. Dezember 1942 in Ermatingen als Sohn des Malers Ernst Graf geboren. Nach dem Lehrerseminar in Kreuzlingen absolvierte er eine Turn- und Sportlehrerausbildung an der ETH und ein Studium von Kunstgeschichte und Archäologie. Von 1974 bis 2005 war er Zeichenlehrer am Seminar Kreuzlingen. Viele Reisen führten ihn vorallem nach Paris, Berlin und New York. Seit 2005 lebte er wieder in Ermatingen. 2011 hatte die Kulturstiftung des Kantons Thurgau den lesens- und sehenswerten Band „Facetten 13“* über den Künstler Urs Graf herausgegeben.

Eine Wand im Atelier von Urs Graf im Jahr 2012. Bild: Brigitta Hochuli

 

In Ermatingen hatte er sich ein lichtdurchflutetes Atelierhaus gebaut - „mit so vielen Wänden wie in keiner Galerie“, wie er sagte. Stundenlang konnte er auch an seinem i Mac sitzen. Die Arbeit an seiner Webseite verstand er zunehmend als Teil seiner Kunst. „Es geht auch hier um Fragen der Gestaltung“, erklärte er der Besucherin. Und die Webseite hatte für ihn auch die Funktion einer künftigen Monografie in Buchform. Zudem halfen ihm Kommentare, eine kritische Position gegenüber der eigenen Arbeit zu finden und sie als Prozess zu verstehen.

Nach Stunden am Computer schauten wir damals im Jahr 2012 vom Bildschirm auf und in den Himmel vor dem Fenster. Eine unscheinbare Wolke über der Insel Reichenau hatte eine eigenartige Erscheinungsform angenommen. Wichtig sei bei der Betrachtung nicht das Phänomen an sich, erlärte Urs Graf ganz ohne zu schwärmen. Es gehe auch nicht um eine naive künstlerlische Interpretation. Wichtig sei die Form. Man müsste die Wolke abändern, damit sie in ein Bild passen würde. „Aber ich male ja keine Landschaften", sagte der Maler und stellte den Computer bis auf weiteres ab.

*Facetten 13: Publikation der Kulturstiftung des Kantons Thurgau, ISBN 978-3-7212-0816-0, 2011

***
Mehr zum Leben von Urs Graf lesen Sie bitte hier in unserem Archiv.

 

Kommt vor in diesen Ressorts

  • Kunst

Kommt vor in diesen Interessen

  • Nachruf
  • Bildende Kunst

Werbung

Der Kulturpool: Highlights aus den Regionen

Kuratierte Agenda-Tipps aus dem Kulturpool Schweiz.

Offene Stelle muse.tg

Der Verein muse.tg sucht für die Leitung der Geschäftsstelle eine Person im Mandat (30%). Bewerbungsfrist: 30. Juni 2025.

Ähnliche Beiträge

Kunst

Perspektiven auf «den Garten»

Der Kunstraum Kreuzlingen überrascht mit einem kollaborativen und immer weiter wachsenden Ausstellungsprojekt. mehr

Kunst

Kunst als Sprache der Welt

Konzeptkunst trifft Handwerk: In der Kunsthalle Arbon gibt der Künstler Paulo Wirz eine Lehrstunde darüber, wie Bedeutung in der Kunst entsteht. mehr

Kunst

Leise Radikalität

Das Shed im Eisenwerk verwandelt sich in der Ausstellung von Lina Maria Sommer ab 12. Juni in einen konzentrierten Raum, in dem sich Materialien, Formen und Gerüche zu einem Erlebnis verweben. mehr