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von Claudia Koch, 18.03.2019

Die Debatte zur Demo

Die Debatte zur Demo
Die Jugend erhebt sich weltweit: Szenen wie diese aus Kassel gibt es derzeit in Städten weltweit. Der Kampf gegen den Klimawandel treibt die jungen Menschen auf die Strasse. | © C.Suthorn / cc-by-sa-4.0 / commons.wikimedia.org [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]

Politik im Kino: Am Samstagabend fand im Roxy in Romanshorn ein Kurzfilm- und Diskussionsabend zu den aktuellen Klimastreiks statt. Junge Filmschaffende diskutierten angeregt mit geladenen Gästen und dem Publikum.

Liebe Eltern, wir müssen reden! Diese Aufforderung gilt nicht nur für die aktuellen Klimastreiks, die vor allem die Jugend bewegen. Denn seit Greta Thunberg an der UN-Klimakonferenz in Katowice 2018 und später am Weltwirtschaftsforum in Davos mit deutlichen Worten die verantwortlichen Politiker zum sofortigen Handeln aufforderte, erhebt sich die Jugend zum Klimastreik. Mit ihren Freitagsprotesten hat die 16-jährige schwedische Umweltaktivistin eine Protestwelle ausgelöst, die inzwischen über die ganze Welt geschwappt ist.

Am Klimastreik vom 15. März, an dem sich 106 Länder und auch 25 Schweizer Städte beteiligten, gingen allein in Zürich 12'000 vorwiegend junge aber auch ältere Demonstranten auf die Strasse. Auch in Frauenfeld wurde demonstriert. Ihre Forderung, dass die Schweiz bis 2030 die Treibhausgasemissionen auf netto null senken soll, taten sie lautstark kund. Ausserdem solle das Land den nationalen Klimanotstand ausrufen.

Filmschaffende thematisieren Klimastreiks

Die Aufforderung zum Reden war auch Programm eines Kurzfilm- und Diskussionsabend im Kino Roxy in Romanshorn am Samstagabend. Jann Kessler, Jungfilmer und Aktivist in der Klimastreikbewegung, hatte den Abend initiiert. Nebst jungen Filmschaffenden waren verschiedene Gäste wie Pia Hollenstein, Vorstandsmitglied der KlimaSeniorinnen, Roland Eberle, Kommissionspräsident für die Totalrevision des CO2-Gesetzes und Henrik Nordborg, Professor für Physik an der Hochschule für Technik in Rapperswil eingeladen. Dazu gesellten sich Marina Bruggmann, Markus Bösch und Sabir Semsi aus der lokalen Romanshorner Politik. Ebenfalls dabei: Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Romanshorn.

Kessler sagte in seiner Begrüssung: „Dieser Abend ist für uns junge Filmschaffende eine ideale Gelegenheit um aufzuzeigen, wie wir mit dem Thema Klimastreik umgehen. Wir möchten nicht nur unterhalten, sondern mit unseren Beiträgen am Weiterexistieren der Menschheit arbeiten.“ Der erste Kurzfilm von Jonas Vetsch aus Frauenfeld zeigte Stimmen aus dem zweiten Klimastreik am 21. Dezember 2018 in Zürich. Bis jetzt wurde sein Film auf Facebook über 100'000 Mal aufgerufen.

Generationen-Austausch (von links) Jann Kessler, Jonas Vetsch, Roland Eberle, Henrik Nordborg und Pia Hollenstein diskutieren über die Klimastreiks. Bild: Claudia Koch

 

Ölmulti errechnete Klimaerwärmung

Nach diesem filmischen Einstieg in das Thema Klimastreik hatten die Gäste Gelegenheit, sich kurz vorzustellen. Physikprofessor Henrik Nordborg sagte, dass er als Schwede ein wenig neidisch auf Greta Thunberg sei. „Was sie sagt, sage ich schon lange“, so Nordborg. Seit den siebziger Jahren sei klar, dass der Klimawandel unaufhaltbar ist. Doch wir übten uns immer noch in Ausreden, so Nordborg. Sogar Ölmultis wie Exxon hätten bereits 1982 in einem internen Bericht festgehalten, um wie viel Grad sich die Erde erwärmen wird.

Pia Hollenstein engagiert sich als ehemalige St. Galler Nationalrätin der Grünen schon lange für die Umwelt. Sie mahnte bereits als Nationalrätin, dass Menschen wegen des Klimawandels fliehen werden. „Ich wurde nicht gehört“, fügte sie ernüchtert an. SVP-Ständerat Roland Eberle erinnerte daran, dass der Nationalrat ein CO2-Gesetz im Dezember versenkt hatte. Der Ständerat versuche jetzt, das Optimum herauszuholen. „Es ist einfach, mit dem Finger auf die schlechte Entwicklung zu zeigen. Was ich vermisse, ist eine Anerkennung für die Fortschritte der Industrie“, so Eberle.

Finanzielle Anreize schaffen

Die nächsten Filmbeiträge, darunter ein Musik-Video von Actio Grenzgänger, Gründungsmitglieder der Demokratischen Stimme der Jugend, erhielten viel Applaus von den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern. Dabei wurden das Geld als treibende Kraft und die Forderung nach Netto Null Treibhausgasemissionen in den Mittelpunkt und zur Diskussion in die gesamte Runde gestellt. Der Physiker Nordborg zeigte anhand einer Grafik, dass es zwischen der Wirtschaftsleistung und dem Kohlendioxidausstoss einen klaren Zusammenhang gibt. Markus Bösch, Präsident der Grünen in Romanshorn, forderte für die CO2-Reduktion Rahmenbedingungen aus der Politik, wie damals, als der Katalysator für alle Fahrzeuge Pflicht wurde.

Für Marina Bruggmann, SP-Präsidentin in Romanshorn, fängt Umweltbewusstsein in der Familie an. Sabir Semsi, Mitglied der Romanshorner FDP, ärgert sich über die geringe Stimmbeteiligung: „Nur ein Drittel bestimmt die Zukunft, was macht die schweigende Mehrheit?“ Bei den Kantischülerinnen und Kantischülern gab es deutliche Voten pro und kontra Klimastreik. Aus dem Publikum meldeten sich verschiedene Gäste, die sich eine Lenkungsabgabe wünschen. „Durch finanzielle Anreize sollen jene Menschen belohnt werden, die etwas zur Emissionsreduktion beitragen“, sagte etwa eine ehemalige Thurgauer Grossrätin. Am Ende der Veranstaltung waren sich alle in einem Punkt einig: Es muss jetzt etwas unternommen werden, damit die Erderwärmung gestoppt werden kann.

Jann Kessler (links im Bild) diskutiert mit Markus Bösch, Marina Bruggmann und Sabir Semsi aus der Romanshorner Politik. Bild: Claudia Koch

 

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