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von Manuela Ziegler, 17.09.2015

Café mit Kreativkultur

Café mit Kreativkultur
Sprachcafé, Ausstellungen, Kinderbetreuung: Wer steckt eigentlich hinter dem "Out of Bounds" Café? | © Manuela Ziegler

Das „Out of Bounds“ an der Kreuzlinger Bahnhofstrasse ist die Plattform für Kaffeeliebhaber, für Kinder und für viele, gute Ideen.

Manuela Ziegler

Meine vierjährige Tochter wippt und rutscht im Aussenspielbereich des Cafes „Out of Bounds“, während ich einen leckeren, hausgemachten Erdbeer-Quark-Kuchen geniesse. Einige Mütter tummeln sich an diesem heissen Sommernachmittag mit ihren Kleinkindern hier zum Planschen und Plaudern.

„Das Spielangebot fehlt in Konstanzer und Kreuzlinger Cafes weitgehend, meint eine Mutter. „Inzwischen kommen auch immer mehr Konstanzer Gäste“, sagt Antje Nesensohn, die Geschäftsführerin des Cafes schräg vis a vis vom Kreuzlinger Bahnhof. Es hat sich herumgesprochen, dass Kinder willkommen sind. Nicht nur donnerstags, zum Eltern-Kind-Cafe.

Café grenzenlos

Vor knapp einem Jahr zog Nesensohn zusammen mit ihrem Team ins denkmalgeschützte Geschäftshaus Factory. Denn die Aussichten im früheren Gebäude im Löwenareal waren ungewiss. Der Umzug war eine Herausforderung: das Lokal mit rund 50 Plätzen sollte trotz des industriellen Charakters im Innern Wohnzimmeratmosphäre vermitteln.

Mit einem stimmigen Farbkonzept, verschiedenen Tischen, Sesseln und Sofas und viel Handarbeit ist ein gemütlicher Ort entstanden. „Ein Cafe der Begegnung war immer ein Traum von mir“, so die Geschäftsführerin. Im Namen „Out of Bounds“ spiegle sich ihre Idee einer grenzenlosen Plattform für Menschen verschiedener Herkunft und Themen.

Antje Nesensohn leitet das Café "Out of Bounds" an der Bahnhofstrasse in Kreuzlingen. (Bilder: Manuela Ziegler)

 

Zusammen mit Freunden und Gleichgesinnten gründete sie 2010 einen Verein dafür. Finanziell getragen wird er vor allem von der evangelischen Freikirche Father’s House, sei aber inhaltlich eigenständig, meint Nesensohn. Sie erhält auch Zuschüsse von Migros Kulturprozent sowie dem Verein Kultursee.

„Das Cafe ist ein soziales Projekt, mit dem Ziel, dass es sich noch besser trägt“, beschreibt die Geschäftsführerin die aktuelle Situation. 10 Prozent der Erlöse gehen an Aids-Waisenkinder in Sambia. Rund 15 wechselnde Mitarbeiter helfen ehrenamtlich im Service und im Kultur- und Kreativangebot.

Vielfalt weiter ausbauen

An den Abenden treffen sich Interessierte hier zum Gespräch auf Französisch, Englisch, Spanisch oder zum Philosophieren. Manchmal surren auch die Nähmaschinen als Hintergrundmusik im Cafe, etwa wenn Teenies ihre erste Tasche nähen.
„Die Trennung zwischen Bühne und Lokal, wie wir sie in der Kirchstrasse hatten, gibt es hier nicht, dadurch entsteht eine neue Atmosphäre“, meint die Geschäftsführerin und Sozialarbeiterin. Sie ist offen für Neues, versteht das Café als Prozess und hat noch einiges vor.

Auch im Innern willkommen: Die kleinen Gäste.

So soll es neben den wechselnden Kunstausstellungen und Monatskonzerten künftig auch am Samstag ein kreatives Angebot für Familien mit Kindern geben. Und die Öffnungszeiten von Donnerstag bis Samstag könnten noch erweitert werden. Dreh- und Angelpunkt für die Pläne sind freiwillige Helfer, die sie etwa im Internet auf der Kreuzlinger Agenda sucht. Senioren, Menschen ohne Arbeitsgenehmigung, und Studenten sind dabei. „Viele kommen, weil sie es wertschätzen, dass es einen offenen Raum für Gespräche gibt“, sagt Nesensohn. Dabei geht es auch um Gott und die Welt.


Gebet inklusive

Die Speisekarte offeriert nicht nur Kuchen, kleine Gerichte und besondere Kaffees einer Luzerner Rösterei. Das „Gebet für Heilung und andere Anliegen“ gibt’s auf Wunsch gratis. „Wir möchten die Möglichkeit bieten“, so Nesensohn, selbst in Father’s House aktiv. Ein christlicher Hintergrund sei aber nicht zwingend für eine Mitarbeit im Café.

„Wir sind kein Kirchencafe und das ist auch nicht unser Ziel, aber Schnittpunkte gibt's freilich.“ Die Sozialarbeiterin serviert, nimmt Platz, hat Zeit für einen Plausch. Sie kennt die Mütter, die Mütter kennen sich untereinander, helfen auch mal aus, wenn Not am Mann ist.

Das Konzept überzeugt, auch meine Tochter, die in der Kinderspielecke „versunken“, kaum gehen will. Ob es auch eine Form ist, seine Schäfchen einzufangen, das darf jeder selbst beurteilen.

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