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von Inka Grabowsky, 22.02.2024

Odyssee durch 20 Jahre Comedy Express

Odyssee durch 20 Jahre Comedy Express
Wer könnte diesem Zyklopen widerstehen? Peter Wenk, Begründer des Comedy Express, probt die Requisiten. | © Inka Grabowsky

Der Comedy Express feiert ab dem 1. März sein zwanzigjähriges Bestehen mit einer neuen Produktion. Odysseus wird von den Göttern auferlegt, durch alle bisherigen zwölf Stücke des inklusiven Theaters für Menschen mit Handicap zu touren. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Die Ko-Theaterleiterin, Mit-Regisseurin, Mit-Dramaturgin und Kostümbildnerin Ambrosia Weisser hat einen Plan: "Die Götter tragen goldene Hosen, Odysseus und seine Frau Penelope Blautöne – er ist schliesslich auf dem Meer unterwegs – und die Lebewesen, denen er begegnet, sind bunt." Ihr Partner Peter Wenk, Begründer des Comedy Express, meint: "So etwas wie ein Farbkonzept hat es in den Anfangsjahren unseres inklusiven Theaters nicht gegeben, doch mit den Jahren wuchsen unsere künstlerischen Ansprüche."

Anfänglich – zum Beispiel in der "Schwarzwitzklinik" 2005  - reichten alte Arztkittel und Kleider aus privaten Beständen. "Mit 'Tausendundeine Lacht' 2015 begannen die speziellen Kostüme", erinnert sich Wenk. Die Truppe inszenierte sich damals als Filmcrew, die einen Märchenfilm dreht.

"Den Hut, mit dem ich einen Baum für Hänsel und Gretels Wald darstellen kann, brauchen wir diesmal wieder." Wilhelm Tell mit Zwilchhosen und Armbrust bekommt auch einen erneuten Auftritt – und ein eigenes Happy End.

 

So muss ein Baum im Märchenwald aussehen. Bild: Inka Grabowsky

Rasante Kostümwechsel

Das Ensemble hat derzeit elf Mitglieder, darunter auch der Pianist Julian Weisser, der nicht nur für die Musik, sondern auch die Beleuchtung zuständig ist. Mit dreissig bis vierzig Rollen und entsprechenden Kostümwechseln muss auch hinter der Bühne alles bis ins kleinste Detail geplant sein. Es gibt für alle ein Grundkostüm, das durch Accessoires schnell verändert werden kann.

Das Wohnzimmer von Ambrosia Weisser und Peter Wenk ist seit geraumer Zeit ein Schneideratelier. Im Keller des Einfamilienhauses werden Requisiten gebastelt. "Selbstmachen ist nicht nur preisgünstiger, es ist oft auch alternativlos", so Weisser. "Unsere Darsteller müssen sich gelegentlich hinter der Bühne blitzschnell ein Kleid über ihr Basiskostüm überwerfen. Dafür muss das Kleid besonders weit sein und eher mit Klettverschlüssen als mit Knöpfen ausgestattet sein. So etwas kauft man nicht von der Stange."

Allerdings ist der Zeitaufwand beim Nähen und Basteln gewaltig. Deshalb freut sich das Leitungsteam Weisser/Wenk auch über Requisiten, die es in Kleinanzeigen im Internet findet. "Meistens suchen wir gezielt, weil wir genaue Vorstellungen davon haben, was wir brauchen", sagt Ambrosia Weisser, "aber manchmal finden wir etwas so witzig, dass wir dafür eine Szene einbauen."

 

Selbst ist die Frau: Ambrosia Weisser an der Nähmaschine. Das Gerät ist zu einem integralen Bestandteil des Wohnzimmers geworden. Bild: Inka Grabowsky

Überbordende Fantasie

In der aktuellen "Odyssee" jedoch gab es durch den Stoff schon so viele Ideen, dass Szenen eher herausgestrichen als zugefügt wurden. Länger als zweimal 45 Minuten (mit Pause) sollte das Stück nicht werden. Und auf die bekannten Figuren wie die Zauberin Kirke, die hungrigen Zyklopen oder die sangeskräftigen Sirenen wollte wirklich niemand verzichten.

"Zusätzlich haben wir unser Schauspielerensemble gefragt, was unbedingt ins Stück gehört. Gleich drei wollten Prinzessin sein. Das können wir gewährleisten: Unser Odysseus, den Berni Peter spielt, berauscht sich mit einer Wasserpfeife und sieht dann alles dreifach." Die Comedy-Express-Odyssee führt den Helden nicht nur durch die Welt, sondern auch in den Weltraum zu Ausserirdischen mit Aluhüten.

Das antike Original, das Peter Wenk durchaus gelesen hat, wird mit sehr viel künstlerischer Freiheit interpretiert. "Wir beziehen uns vor allem auf das Reisen, das Unterwegssein und das rund um die Welt Irren", sagt er.

 

Die „Zombies“ aus der Rocky Humor Show bekommen einen neuen Einsatz. Bild: Inka Grabowsky

Masken verwandeln jeden sofort

Seit der "Zauberflöte" 2019 hat der Comedy Express das Maskenspiel in die Aufführungen integriert. "Masken haben mich immer schon fasziniert", so Peter Wenk. "In der Thurgauer Lehrerfortbildung habe ich sogar Kurse dazu gegeben." Wer eine Maske trägt, schlüpft unmittelbar in die entsprechende Rolle. Die "Zombies" aus der Rocky Humor Show kommen in der Odyssee noch einmal zum Einsatz. Eine alte Maske von Darsteller Flurin Hobi konnte für die Irrfahrt durch den Aufbau eines Schlangenkopfes umgerüstet werden.

Ganz neu sind dagegen die Zyklopen-Stabpuppen, die Peter Wenk entworfen und auf Basis von Luftballons gefertigt hat. "Da diese Masken nicht auf dem menschlichen Gesicht sitzen müssen – mit passenden Ausschnitten für die Augen, war es nicht ganz so aufwändig wie sonst", meint er. Umso mehr Zeit konnte der pensionierte Mal- und Kunsttherapeut in die liebevolle Bemalung investieren.

 

Ambrosia Weisser und Peter Wenk sind beide detailverliebt und haben selbst Lust an der Verwandlung. Hier eine Ausserirdische mit Aluhut. Bild: Inka Grabowsky

 

Tickets & Termine

Premiere der musikalischen Irrfahrt durch 20 Jahre Comedy Express ist am 1. März in der Bildungsstätte Sommeri. Weitere Aufführungen finden am Samstag, 9., Sonntag, 10. und Mittwoch, 13. März 2024 statt. Der Beginn ist jeweils um 20:15 Uhr, Sonntag um 15 Uhr.

 

Tickets kosten 35 Franken, ermässigt 15 bzw. 25 Franken. Sie sind über https://www.comedyexpress.ch  erhältlich.

 

 

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