"Songwriting ist einsame Arbeit"

Die Sängerin und Songwriterin Lina Button hat am 28. August ihr Album "Misty Mind" veröffentlicht. Den Tourstart feierte die Exil-Thurgauerin am 19. September im Eisenwerk.
Lina, am Sonntag Abend habt ihr euer neues Programm in einem kleineren Rahmen zum ersten Mal live gespielt. Wie war's?
Wir waren sehr froh, dass wir nach all den Proben endlich die neuen Songs einem Publikum vorspielen konnten. Wenn man immer nur im Proberaum übt, wird man gestresster und gestresster. Wir sind auf gutem Weg, es gibt noch Sachen zu optimieren, aber die Leute haben sehr gut reagiert. Jetzt bin ich ein wenig erleichtert.
Das Konzert war eher in einem geschützten Raum unter Freunden, oder? Der Tourstart ist schliesslich erst am Samstag.
Wir haben nicht viel Werbung gemacht und das Konzert nur auf Facebook erwähnt und unsere Freunde eingeladen. Aber mit Musikerfreunden kann man nicht von einem geschützten Raum sprechen. Die sind kritischer als viele andere Gäste.
Auf «Misty Mind» hört man viele elektronische Elemente, die auf den vorherigen Alben nicht vorhanden waren. Wie kommt's?
Als ich vor gut zwei Jahren begonnen habe, die Songs zu schreiben, habe ich bemerkt, dass ich in alte Muster falle: Die Blues-Phrasierung zum Beispiel liegt mir sehr nahe. Ich habe versucht, mich selbst herauszufordern, und meine bekannten Elemente bewusster einzusetzen. Meine Produzenten haben mich in der Entscheidung auch unterstützt.
Wie muss man sich deine Zusammenarbeit mit den Produzenten vorstellen? Schreibst du in sich abgeschlossene Songs oder eher einzelne Melodien?
Ich bringe ihnen beinahe immer fertige Songs vorbei. Damit ich ein Gefühl für einen Songs bekomme, muss ich alle seine Elemente gemeinsam hören. Teilweise nehme ich Zuhause einen Song mit Piano und Gesang auf, teilweise unterlege ich sie auch bereits mit Drum-Beats und anderen Sounds. Die Produzenten geben mir dann verschiedene Inputs und Zuhause arbeite ich dann an den Songs weiter.
«Misty Mind», der Titelsong und die erste Single des neuen Albums.
Das heisst am Songwriting arbeitest du mehrheitlich alleine?
Eigentlich schon. Die Produzenten wirken eher als Spiegel. Das Schreiben an sich ist eher eine einsame Arbeit.
Du hast in einem Interview mal gesagt, die Arbeit mit der Kinderlieder-Band Silberbüx sei eine gute Ergänzung zu deiner Solo-Musik. Liegt das daran, dass die Arbeit mit Lina Button eher einsam ist?
Ja, sehr sogar! Silberbüx ist ein Kollektiv, wir schreiben die Songs gemeinsam und die Sprache ist eine andere. Silberbüx erzählen Geschichten, während ich alleine eher Gefühle vermitteln will. Deswegen ist die Zusammenarbeit mit den anderen Musikern sehr erfrischend.
Wie verteilt sich denn deine Arbeit als freischaffende Musikerin auf Silberbüx und Lina Button?
Das wechselt von Jahr zu Jahr stark. Lina Button beschäftigt mich aber grundsätzlich mehr und vor allem konstant. Gerade das letzte Jahr war natürlich sehr Lina-lastig, wegen der Arbeit am neuen Album.
Nach einem intensiven Jahr mit den neuen Songs und der langen Studioarbeit – hängen dir die Songs noch nicht zum Hals heraus?
Im Studio gab es schon einige Momente, in denen wir einen Song einige Zeit zur Seite legen mussten. Gerade weil wir viel experimentieren wollten, hat sich der Prozess sehr in die Länge gezogen. Mir war sehr wichtig, dass da alles passt. Deswegen haben wir vieles ausprobiert, aber auch vieles wieder verworfen.
Und wie fühlen sich die Songs jetzt an?
Als wir begonnen haben, die Songs mit der Band zu spielen, hat es gefunkt. Das Live-Gefühl beim Spielen, die Freude der Musiker an den Songs, das Probe-Konzert am Sonntag… Da fühlt sich die Musik super an!
Gibt es Songs auf dem neuen Album, die du früher nicht hättest schreiben können oder die dir nicht gefallen hätten?
Da gibt's einige. Gerade der Titelsong «Misty Mind» – den hätte ich früher nicht geschrieben.
Wieso nicht?
Ich glaube, früher hätte ich ihn als untypisch, zu wenig organisch empfunden. Gerade die Refrain-Zeile («Oh my misty mind, misty mind, misty mind») hätte ich früher vielleicht interessant gefunden, aber nicht weiterverfolgt.
Auch «Walking in the Shade» sticht auf dem Album heraus. Für mich klingt er stark nach Film-Musik. Beim Refrain hatte ich den Film «300» im Kopf: Orchestral, gross – das klingt für mich nach einem Heer, das vorbeimarschiert.
Wie waren den die Rückmeldungen auf das neue Album? Im Radio wird die erste Single ja fleissig gespielt.
Die Rückmeldungen sind sehr gut. Gerade bei der Single freut mich das sehr, ich war mir nicht sicher, wie gut das funktionieren wird. Ich höre häufig, das Album sei anders. Aber gut anders und eigener. Und das macht natürlich Freude.
Die Tour zum Album startet diesen Samstag im Eisenwerk. War das so geplant, oder hat sich das zufällig aus dem Booking heraus ergeben?
Das war so geplant. Die Veranstalter des «Musig i dä Stadt» haben uns angefragt, nur leider war da das neue Programm mit der Band noch nicht fertig. Mir war's aber ein grosses Anliegen, in der Region Frauenfeld zu spielen. Und da der letzte Tourstart bereits im Eisenwerk war, wollte ich sehr gerne wieder hierher kommen.
Vorbereitungen auf die Show vom Samstag – der Bassist scheint viel arbeit zu haben. Gesehen auf Facebook.
Da wirst du sicher auch einige alte Freunde von dir treffen, oder?
Das hoffe ich sehr! Auch wenn ich momentan noch etwas nervös bin, dass am Freitag auch alles klappt.
Hast du noch einen engen Bezug zum Thurgau?
Ja, durchaus. Meine Eltern wohnen noch in Frauenfeld. Und ich bin auch häufig im Eisenwerk, um in der Beiz zu essen oder Konzerte zu besuchen.
…oder auch um mit anderen Musikern aus der Gegend in der Beiz Songs der Rolling Stones zu spielen.
Genau! Musikalisch hat für mich vieles hier in diesem Umfeld begonnen: Die ersten Bands, die ersten Konzerte… Deswegen freue ich mich um so mehr, hier zu spielen und zu sehen, wie alle wieder zueinanderfinden.
***
Am Samstag, 19. September, spielt Lina Button mit Band im Eisenwerk in Frauenfeld.
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Lina Button
Lina Button, mit bürgerlichem Namen Brigitt Zuberbühler, ist freischaffende Musikerin mit ihren Hauptprojekten Lina Button und Silberbüx. Für ihr Solo-Projekt wurde sie für zwei Swiss Music Awards nominiert und hat den DRS3 Best Talent Award verliehen bekommen. Die 32-jährige Musikerin ist in Pfyn aufgewachsen und lebt heute in Zürich.
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