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von Barbara Camenzind, 20.10.2025

Thurgau, dein Kammermusik-Universum

Thurgau, dein Kammermusik-Universum
Herbst und Winter im Thurgauer Kammermusik-Universum. | © Canva AI

Die Kammermusikformate „Klassik im Schloss“  und „Ittinger Sonntagskonzerte“ starten ihre Saison am 26. Oktober. Eine Übersicht, was beide Programme auszeichnet. (Lesedauer: 4 Minuten)

Von wegen Provinzkanton: In Sachen Kammermusik ist der Thurgau gut und vielfältig aufgestellt. Internationale Künstler, Newcomer, Familienkonzerte, zeitgenössische Musik und barocke Pracht. Sowohl in Arbon als auch in Ittingen sollten Musikfans auf ihre Kosten kommen. Nicht vergessen haben wir die Konzerte im Kloster Fischingen. Da ihre Saison später beginnt, gibt es dazu einen separaten Hinweis.

Klassik im Schloss

Die „jungen Wilden“ im Schloss Arbon starten in ihre fünfte Saison, das klingt schön – im wahrsten Sinne des Wortes: Sie sind schon beinahe etabliert. Das Team rund um die Geigerin und Intendantin Livia Loewe Berchtold wagt einen charmanten Rundflug durch die musikalischen Epochen und Stile, mit einem Extrahalt für Familien.

Nahbar sein und sich künstlerisch weiterentwickeln – das liest sich aus dem Programm. Fun Fact oder das Arbon-Special: Wer musiziert, führt auch durchs Programm. Das Publikum wird mit der Musik nicht alleine gelassen. Die Konzerte sind jeweils um 17 Uhr, mit Ausnahme des Familienkonzertes um 11 Uhr.

 

 

Klassik im Schloss: Das Programm in der Übersicht 

26.10.2025 Trio Colores: Farbenfrohe Neue Musik
Die jungen Perkussionisten Matthias Kessler, Luca Staffelbach und der Thurgauer Fabian Ziegler haben letztes Jahr ihr Album „En Couleur“ eingespielt (Thurgaukultur berichtete). Mit „Danse Macabre“ von Camille Saint-Saëns und dem Arrangement von Ravels „Tombeau de Couperin“ tauchen sie mit wirbelnden Schlägern tief in den Expressionismus ein. Fans zeitgenössischer Musik, die sich gut an einem Sonntag hören lässt, können sich auf die Werke von Rüdiger Pawassar, Emmanuel Séjourné, Ivan Trevino und Fabian Künzli freuen.

9.11.2025 Das kleine Fräxli. Ein Konzert für die ganze Familie:
Mozart trifft die Black Eyed Peas: Das ist keine Hexerei, wenn Livia Loewe Berchtold und Julia Kräuchi (Leiterin der Musikschule Arbon) an den Geigen mit dabei sind. Ein Händchen, wie sie coole Musik von Klassik bis Pop für kleine Konzertbesucher*innen aufgleisen, haben sie allemal. Und vor allem auch so, dass die Grossen auch etwas davon haben. Mit von der verhexten Partie sind Marija Bokor am Klavier und Joshua Diblik, Perkussion.

23.11.2025 Duo Loewe-Musso: Für den Geist und das Gemüt
Bastian Loewe ist nicht nur ein junger, talentierter Geiger, er kann auch wunderbar erzählen. Das wird bei diesem Konzert sicher spannend werden. Pianist Stefano Musso ist im Bereich Kammermusik schon seit einigen Jahren international unterwegs. Auf dieses Konzert mit Werken von Johannes Brahms, Francis Poulenc und Lili Boulanger kann sich das Publikum also im doppelten Sinne freuen. Schön – und traurig, das zu schreiben –, dass Lili Boulanger mit „Deux Morceaux“, einer viel zu früh verstorbenen Komponistin, eine Plattform gegeben wird, die unglaublich talentiert war und zu wenig wertgeschätzt wurde. Komponierende Frauen hatten es noch nie leicht. Ihre Schwester Nadia Boulanger, ebenfalls Komponistin, überlebte sie um 61 Jahre.

25.01.2026 Loewe & Friends: Grosse Romantik im Taschenformat
Opernfreunde aufgepasst, die können das: Richard Strauss’ Oper „Capriccio“ dreht sich um Christoph Willibald Gluck, der sich mit der Frage beschäftigt: Primo la musica e poi le parole – Erst die Musik, dann der Text. Die Gretchenfrage jedes Opernkomponisten, hier in der Fassung für Streichsextett. Der humorvolle Beweis, dass bei Richard Strauss Ton und Text gleichwertig behandelt werden und Musik so oder so eine universelle Sprache ist. Hingehen, gut zuhören und sich amüsieren. Im zweiten Teil wird Johannes Brahms’ Sextett in G-Dur Nr. 2 für zwei Violinen gegeben. Das ist absolute Musik in ihrer schönsten Form.

15.02.2026 Duo Cuonz: Musik auf Tuchfühlung
Harfe und Cello mit Musik von Schubert, Schumann, Fauré und Kreisler. Die Geschwister Cuonz gehen auf Tuchfühlung mit Musik aus dem Samtsalon. Perfekt für einen Sonntagabend im Februar.

22.03.2026 ensemble fokus: Kammermusik feingeblasen
Sehr französisch, sehr pastellfarben, wie ein Frühlingstag über dem Bodensee: Das junge Ensemble fokus spielt Musik von Claude Debussy, Jacques Ibert und Julio Medaglia. Und Fun Fact für eingefleischte Klassik-im-Schloss-Aficionados: Ravels „Tombeau de Couperin“ grad noch einmal in der Bläserversion.

26.04.2026 Oliver Schnyder und das Loewe Quartett: Von Italien nach Mähren
Der national und international bekannte Schweizer Pianist Oliver Schnyder gibt sich in Arbon die Ehre. Nach dem blumigen Streichquartett „Crisantemi“ von Opernstar Giacomo Puccini (dessen kammermusikalisches Genie unverdient oft vergessen geht) wird er in Antonín Dvořáks superfarbigem Klavierquintett in A-Dur zu hören sein. Das ist einfach grosse Musik für den Abschluss der Arboner Saison.

Programm und Tickets findest du hier.

 

Rundet die Saison in Arbon ab: Pianist Oliver Schnyder. Bild: Marco Borggreve

Ittinger Sonntagskonzerte: Klasse Klassik und mehr

Der Ort als zweiter Intendant: Die Agentur Hochuli Konzert AG hat ein sehr erfahrenes Händchen in der Auswahl von Künstlern und Programmen, die zum kontemplativen, sensiblen Charakter der Kartause Ittingen passen. Hochkarätig, ausgesucht, feinziseliert, als Einladung zur inneren Einkehr – so gestaltet sich das Programm dieser Saison. Die Konzerte beginnen jeweils um 11 Uhr.

 

Junge Ideen für die Kammermusik:  In Klang umgesetzt durch das Leonkoro Quartett. Bild: Nikolaj Lund

 

Das Progamm in Ittingen in der Übersicht

26.10.2025 Die Freitagsakademie und Dorothee Mields
Ja, sie spielen auch am Sonntag: Die Freitagsakademie, eines der angesagtesten Schweizer Ensembles für Barockmusik, eröffnet die Saison in der Kartause. Georg Friedrich Händel, der „Master of Tunes“ seiner Zeit, steht im Zentrum dieses Konzertes. Bekannt für seinen hintersinnigen Humor und seine leicht cholerische Art (er drohte schon mal Sängerinnen an, sie aus dem Fenster zu werfen), wird er mit dem Concerto à quattro „Non se emendará jamás“, sowie der schicken, lautmalerischen Air mit Variationen des „Harmonious Blacksmith“ und einer Auswahl aus den „Neun deutschen Arien“ in Ittingen vertreten sein. Gar keine Angst vor Händels Temperament hat die Sopranistin Dorothee Mields, die nach Geminiani auch noch mit Henry Purcells „O let me weep“ zu hören sein wird.

7.12.2025 Trio Gaspard mit neuen Perspektiven
Joseph Haydn ist ihr grosses Aufnahmeprojekt mit all seinen Klaviertrios. Das internationale Trio bestehend aus Jonian Ilias Kadesha, Violine, Vashti Hunter, Violoncello, und Nicholas Rimmer, Klavier, ist bekannt dafür, sich Kammermusik aus einer ganz eigenen Perspektive zu nähern. Neben Werken von Beethoven und Dvořák bringen sie neue Musik der Geigerin Patricia Kopatchinskaja, die moldauische Wurzeln hat und in Bern lebt. Eine der spannendsten Musikschöpferinnen unseres Landes. Da lohnt es sich, gut zuzuhören.

25.01.2026 Leonkoro Quartett: Musik als Universalsprache
Ihr Name bedeutet auf Esperanto „Löwenherz“, ihre Sprache ist noch universeller, weil Musik. Das junge Quartett macht sich seit einigen Jahren einen Namen mit frischen Tönen im Klassikbereich – da klingt Bekanntes wie neu. Auch bei diesem Konzert wird Joseph „Papa“ Haydn zu hören sein. Mit seinem Streichquartett in D-Dur wird Anton Weberns langsamer Satz für Streichquartett geehrt, ein Vertreter der Zweiten Wiener Schule, die die Musik etwas anders zusammensetzte. Mit Erwin Schulhoffs fünf Stücken für Streichquartett ehren die Musizierenden einen zu Unrecht Vergessenen. Der jüdisch-böhmische Komponist, der 1942 im Lager starb, verschränkte die Kammermusik mit dem Jazz und dem Dadaismus.

22.02.2026 Lucas Debargues Klavier-Klangmalerei
Liszts Balladen ballastbefreit spielen: Das kann Lucas Debargue – und ihr könnt ihm dabei zuhören. Der Pianist ist bekannt dafür, dass er sich nicht an grossen Vorgängern orientiert, sondern seine Inspiration in der bildenden Kunst, beim Film und dem Jazz findet. Ganz ehrlich: Er ist unser heimlicher Favorit in diesem Konzertzyklus, weil er so eigen interpretiert und gleichzeitig so voller Demut der musikalischen Essenz nachspürt. Und so in den Dialog mit den Komponisten tritt. Neben Liszt befühlt der Virtuose auch Ravel und Skrjabin. Viel Vergnügen!

22.03.2026 Quartett im Frühling und Sommer, Teil zwo
Schon wieder Haydn! Aber ganz ehrlich, der Vater der Wiener Klassik ist auch einfach classy. Hanna Weinmeister, Monika Baer, Violine, Stella Mahrenholz, Viola, und Alex Jellici, Violoncello, spielen Joseph Haydns lautmalerischen Frühling und Sommer aus dem Streichquartett „Die Jahreszeiten“, nach dem erfolgreichen Herbst und Winter in der letzten Saison. Dazu gesellt sich – wie letztes Jahr – der Schauspieler Helmut Vogel als Sprecher, um die humorvollen Texte des Haydn-Freundes Sigismund von Neukomm zu lesen. Naturmusik mit Augenzwinkern, humorvoll garniert. Das passt doch zu einem Frühling in der Kartause und kann sicher auch junges Publikum begeistern.

Programm und Tickets findest du hier.

 

Lucas Debargue begeistert durch seine differenzierte Auseinandersetzung mit Musik und bildender Kunst. Bild: Charly Rappo

 

 

 

 

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