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von Claudia Koch, 20.06.2019

Tiefe Blicke in die Bauernseele

Tiefe Blicke in die Bauernseele
Machen wieder gemeinsame Sache: David Lang (l.), Barbara Tacchini und Christina Schäfer vom Verein Bühne Mammern. | © Claudia Koch

Das Stück „RunggleBuur“ des Vereins Mammern Classics soll ein Genuss für Aug und Ohr werden. Dafür wollen nebst einer schwungvollen und erdigen Geschichte acht professionelle Musicaldarstellerinnen und –darsteller sorgen, sowie rund 140 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.

Nach dem Musical „Seegfrörni“ 2016 bringt der Verein Mammern Classics heuer mit „RunggleBuur“ erneut ein Musical auf die Bühne. Dem Intendanten und Komponisten David Lang ist es ein Anliegen, dass auch jene Menschen Kultur geniessen können, die sonst den Zugang zu grösseren Kulturstätten nicht finden würden. Deshalb spielt das Musical wiederum neben der Badiwiese mitten im Grünen in einem Zirkuszelt.

Dieses Jahr gar in einem Bogenzelt ohne Stützen, wie Hansueli Weibel, Präsident des Vereins und Verantwortlicher für den Bühnenbau, an der Pressekonferenz vom Dienstag in Mammern betonte. Damit wird den rund 500 Besucherinnen und Besuchern im Zelt des Zirkus Monti freie Sicht auf die Bühne gewährt. Zwar wird die Zeit zum Aufrichten knapp, da der Zirkus tags zuvor noch in Nyon weilt. Aber Weibel, der bereits zum vierten Mal für den Bühnenbau zuständig ist, ist zuversichtlich, aus Erfahrung, wie er lachend anfügt.

Ein Ausschnitt des Bühnenbildes von „RunggleBuur“ im Kleinformat. Eine grosse logistische Herausforderung für das Bühnenbild sind die Grasballen. Diese werden laut Weibel aber aus Gewichtsgründen nicht mit Gras, sondern mit Stroh gefüllt. Bild: Claudia Koch

Auseinandersetzungen programmiert

Bei der Geschichte des „RunggleBuur“, aus der Feder von David Lang, geht es um den Bauern Jack. Dieser verlässt die Schweiz nach der Rekrutenschule Richtung Irland, später lässt er sich in Amerika nieder, wo er gelegentlich Filmrollen übernimmt. Als sein Vater erkrankt, kehrt er in die Schweiz zurück. Er verspricht seinem Vater auf dem Sterbebett, den Rüben-Hof zu übernehmen. Abwechslung zum Bauernalltag findet er in der Musicalgruppe, wo einige seiner früheren Weggenossen ebenfalls dabei sind. Wie etwa die Jugendliebe, die immer noch Hoffnung hegt.

Der Regisseur gibt Jack die Hauptrolle in einem neuen Stück, in der Jack sich fast selber spielen muss. Jack vermutet hinter dieser Wahl eine böse Absicht des Regisseurs, mit dem er wegen eines Landverkaufs noch eine alte Fehde laufen hat. Trotz allem winkt am Schluss ein Happy-End, das Lang jedoch bewusst offen lässt. Kommt Jack mit seiner Jugendliebe wieder zusammen?

Beschwingtes Stück mit ernstem Unterton

Für die Dramaturgin und Regisseurin Barbara Tacchini lotet das Stück diverse menschliche Tiefen aus. „Ich habe beim Studieren eines Stücks jeweils die analytische Sezierbrille an und achte mich auf psychologische Begebenheiten“, so Tacchini. Eine Theateraufführung soll etwas mehr hergeben als nur gerade Unterhaltung. Bei „RunggleBuur“ habe sie eine Fülle an „mehr“ gefunden. Bemerkenswert findet sie die Tatsache, dass die vermeintlichen Freunde eigentlich nicht viel voneinander wissen und schon gar nicht richtig miteinander reden. Während die übrigen Darstellerinnen und Darsteller jeweils nach der Probe ihr Kostüm ausziehen und in ihr Leben zurückkehren können, steckt Jack immer im selben Kostüm, jenes des Bauers, das er nicht ablegen kann. Tacchini fügte an: „Da vieles eben nicht gesagt wird, eskaliert plötzlich eine Situation.“ Auch wenn das Stück eine ernste, nachdenkliche Note hat, weist es auch eine beschwingte Seite auf.

Dramaturgin und Regisseurin Barbara Tacchini, links Christina Schäfer, an der Pressekonferenz zu „RunggleBuur“. Bild: Claudia Koch

Probleme der Bauern aufzeigen

Die Idee zum „RunggleBuur“ entstand wegen David Langs Interesse an der Gesellschaft, an den Abgründen einzelner Menschen. Das Thema Bauer bewegt ihn gleich doppelt: „Einerseits ist der Thurgau ein Bauernkanton und die Rungglen sind allgegenwärtig.“ Andererseits haben immer mehr Bauern mit unterschiedlichsten Problemen zu kämpfen: Einsamkeit, Nachfolgeregelung, Überlastung. Somit ist das Thema nicht nur im Thurgau, sondern in der ganzen Schweiz präsent. Er bedient sich im Stück der einfachen, rohen Sprache. „Dieses nicht sagen können, diese mangelnde Kommunikation ist berührend aber auch faszinierend“, so Lang. Und Tacchini fügte an: „Beim Theaterspielen kann man die Maske fallen lassen und man darf in die Seele schauen.“

Mehr Gewicht auf Licht und Ton

Für den musikalischen Schwung sorgt David Lang mit seinen Kompositionen. Die Stücke bewegen sich zwischen Pop und Chansons. „Ich nenne es eine charmante Musik, lebhaft, aber auch mit ruhigen und intimen Momenten“, so Lang. Sechs professionelle Musikerinnen und Musiker aus der Region bilden das Orchester. Die Sängerinnen und Sänger, die rund sechs Wochen für die Proben wie auch für die neun Aufführungen in Mammern weilen, werden privat untergebracht. Punkto Infrastruktur wird diesmal mehr Gewicht auf Licht und Ton gelegt. Dafür konnte der Lichttechniker Jan Guldimann gewonnen werden.  Das ehrenamtliche Engagement ist gross: 140 Helferinnen und Helfer stehen nach Aussage von Christina Schäfer von der Geschäftsstelle bereit, um sich einmal, einige sogar bis zu neunmal einzubringen.

Aufführungstermine und Kartenvorverkauf: Premiere: 23. August, 24., 28., 30. Und 31. August. 1., 5., 6. Und 7. September. Jeweils um 20 Uhr, ausser am Sonntag 1. September um 17 Uhr. Veranstaltungsort: Zirkuszelt, Moosackerstrasse, 8265 Mammern. Ticketverkauf online: www.mammernclassics.ch Vorverkauf telefonisch: +41 (0)76 325 29 34. Vorverkaufsstelle: Tankstelle-Kiosk Tank & Trank GmbH, Bahnhofstrasse 2, 8265 Mammern.

Die Plakatwerbung hängt schon, der Vorverkauf läuft. Bild: Claudia Koch

 

Freuen sich auf die Premiere am 23. August von „RunggleBuur“: Hansueli Weibel (l.), David Lang, Barbara Tacchini, Christina Schäfer und Hansjörg Lang. Bild: Claudia Koch

 

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