von Barbara Camenzind, 31.07.2023
Ein Musikfestival für alle
Raus aus den Schubladen: Am 12. und 13. August 2023 findet im Schloss Arbon das Klassik im Schloss Festival statt. Die künstlerische Leiterin Livia Berchtold erklärt, warum es neue Wege in der Musikvermittlung braucht. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)
Sonne, Schloss, Musik und Wasser: So wirbt das Klassik im Schloss Festival auf seiner Homepage. An einem Sommerwochenende mit den Elementen und dem Raum als Mitspieler Musik zu geniessen, klingt schon ziemlich süffig. Aber der jungen Geigerin und ihrem Team geht es um mehr. Das Programm wirkt bestechend klug kuratiert. Es kann mit einem Festivalpass oder Einzelticket besucht werden.
Köstliche Musikhappen in vierzig Minuten
Livia Berchtold gibt in Arbon erfolgreichen Newcomern eine Plattform und wagt Neues in Sachen Zeitmanagement. „Mir war es wichtig, kurze, intensive Musikerlebnisse zu planen, die das Publikum abholen“, erklärt Berchtold. Also, die Leidensfähigkeit des Klassik-Aficionados, der drei Stunden an einem Liederabend ausharrt, ist für Arbon nicht erforderlich.
Trotzdem ist auch für geübte Konzertbesucher viel Schönes mit dabei: Das Loewe Quartett wird mit der Pianistin Petya Mihneva das episch schöne Klavierquintett von Antonín Dvořák als Leckerbissen im Landenbergsaal servieren. Sich ganz auf ein Werk einlassen zu können, das spricht für sich. In Soaked in Colour wird die Sängerin Isabell Pfefferkorn und das Cello-Kollektiv mit Paul Handschke, Benjamin Nyffenegger, Zoltán Despond und Sebastian Braun danach im Innenhof die Türen zwischen Zeiten und Stilrichtungen weit aufmachen. Alte Musik trifft Jazz, Romantik auf Popsongs. Diese Formation ist für den Deutschen Schallplattenpreis nominiert.
Video: Trailer zum Festival
Wie Party und Klassikfestival zusammenpassen
International bekannt wurde die Klezmer-Band Cheibe Balagan durch den Film „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“. Die mit viel Chuzpe und Verve agierenden Musiker sollen für Partystimmung in der Sommernacht sorgen.
Party an einem Klassikfestival? Wo sonst keine Stecknadel fallen darf im Konzert? Natürlich geht das, man muss es einfach tun. Clubbing mit Händel und Co. gehört an den Innsbrucker Festwochen für Alte Musik zum etablierten Programmpunkt seit 25 Jahren, beispielsweise.
Stargast mit Thurgauer Wurzeln
Renommiert wird es am Sonntag gleich weitergehen. Der Thurgauer Starpianist Benjamin Engeli und der international gefeierte Geiger Dmitry Smirnov werden sich als Duo im Landenbergsaal die Ehre geben. So richtig expressionistisch klassisch mit Camille Saint-Saëns und Igor Strawinsky.
Das Schweizer Trio Eclipse mit Lionel Andrey, Klarinette, Sebastian Braun, Cello und Benedek Horváth, Klavier werden die Klangfarben Beethovens und Gershwins über das Wasser zaubern. Aus „an American in Paris wird „an American in Arbon“.
Das Festival beendet open air das Kollektiv Duo, die Gewinner des österreichischen Konzertdramaturgie-Wettbewerbs HUGO. Bestehend aus Juan Carlos Díaz, Querflöte, und Raphael Brunner Akkordeon, mit ihrem musikalischen Seiltanz zwischen Volksmusik, Weltmusik und ganz eigenen Klängen.
Familienmusik und Familienkonzerte
Im Innenhof des Schlosses, und im Landenbergsaal, werden die Familienkonzerte stattfinden. Diese sind kostenlos und scheinen Berchtolds Herzensangelegenheit zu sein. An beiden Tagen findet hier Musikvermittlung statt. So sei es ihr möglich, auch Menschen anzusprechen, die noch nicht so viele Erfahrungen mit der „Schublade Klassik“ gemacht haben.
Wie so oft, wenn es um kleines und grosses Publikum geht, spielen da gerade persönliche Bezüge eine grosse Rolle. Beim Auftakt am Samstag spielt sich Pepper Chair, eine ganze musizierende Familie, lustvoll querbeet durch Tanzmusik von Südamerika, dem Balkan, Irland, den Bluegrass und den Jazz. Gefolgt vom Geiger Edouard und der Cellistin Hitomi, zwei Bandmitgliedern von Cheibe Balagan, die überall unter dem Hashtag #guerillaclassics den öffentlichen Raum mit Musik kapern.
Am Sonntag spielt das Klassik im Schloss Festival die regionale Karte aus: Die Märchenerzählerin Françoise Podolski wird zusammen mit der Arboner Musikschulleiterin Julia Kräuchi und weiteren Lehrpersonen den ehrwürdigen Landenbergsaal in ein klingendes Märchenschloss verwandeln. Livia Berchtold freut sich, dass für dieses Konzert bereits viele Anmeldungen eingegangen sind.
«Dieser Mut tut gut!»: Einen Kommentar zum Festival gibt es hier.
Tickets & Festival-Guide nach Interessen
Wer es locker Crossover mag, besucht die Konzerte im Innenhof von Klassik über Pop und Tango. Dazu gehören Pepper Chair, Cheibe Balagan, Isabel Pfefferkorn & Celloquartett und das Kollektiv Duo
Wer es cool klassisch mag, besucht die Konzerte im Landenbergsaal mit dem Loewe Quartett & Petya Mihneva, Dmitry Smirnov & Benjamin Engeli und dem Trio Eclipse.
Der Familienverein Arbon bietet eine Kinderbetreuung für die Konzerte im Landenbergsaal an. Für die „Märchenhafte Schlossmusik“ mit Françoise Podolski muss man sich anmelden.
Der analoge Vorverkauf findet in der Arboner Stadtbibliothek statt.
Alle weiteren Infos und Preise unter https://www.klassikimschloss.com/arbon/festival
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